Hamburg. Das Weiße Haus an der Elbe serviert Klassiker mit asiatischen Aromen. Allein der Lachs zum Hauptgang ist den Besuch wert.

Hach, ein Abendessen im Weißen Haus. Nach wessen Geschmack wäre das nicht. Denn, keine Sorge, Sie sitzen nicht mit Donald und Melania bei einem Cheeseburger zusammen. Und Sie müssen sich auch nicht am Weltklima versündigen und in ein Flugzeug steigen. Die einzige Sünde – und für die, das darf man verraten, lohnt sich fast alles – ist das Dessert. Denn es geht natürlich um das Weiße Haus an der Elbe. Zu Gast sind Sie bei Melinda und Martin Weichelt, jenem sympathischen „first couple“, das seit Juni in dem schmucken Restaurant regiert. Er in der Küche, sie im puristisch-maritim gestalteten Gastraum.

Zum Auftakt werden hausgebackene Bauernbrötchen, noch ofenwarm, serviert. Wer mag, nimmt frisches Rucola-Pesto dazu oder greift nach dem Reagenzglas. Jawohl, auch darin lässt sich Olivenöl präsentieren. Sind wir also in einem Labor, wird etwa auch am Herd experimentiert? Natürlich, und zwar auf höchstem kulinarischen Niveau. Regionale Klassiker verbindet Martin Weichelt gekonnt mit Ingredienzien der asiatischen Küche. Als „euro-asiatisch“ beschreibt der Brandenburger, der schon seit Jahren in Hamburg zu Hause ist und hier unter anderem mit Tim Mälzer zusammengearbeitet hat, seinen Stil.

Kulinarische Reise von Hamburg nach Asien

Los geht es aber in der Heimat. So wie die großen Pötte, die man draußen, schwer beladen mit Containern, das Tor zur Welt hinausfahren sieht, so zaubert der junge Küchenchef aus seinen Pötten ein Lieblingsmenü nach dem Motto: von Hamburg aus in die Welt.

Getrüffeltes Schaumsüppchen von jungen Erbsenschoten und Crostini mit Sauerrahm und Speck.
Getrüffeltes Schaumsüppchen von jungen Erbsenschoten und Crostini mit Sauerrahm und Speck. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

Beginnen wir bodenständig mit einem Schaumsüppchen von Erbsenschoten, in dem wenige Tropfen eines edlen Trüffelöls den Geschmack so verfeinern, dass im Fokus immer noch das junge Gemüse steht. Besondere Würze verleiht dem ersten Gang ein kleines Crostini mit Sauerrahm und Speck.

Die Weinkenner von Rindchen’s haben dazu ein wahres „Urgestein“ ausgewählt: den gleichnamigen 2018er Elbling vom Weingut Frieden-Berg an der Mosel, einen trockenen Weißwein, der einerseits fruchtbegabt ist und andererseits knackig wie eine Erbse.

Stammgäste lieben das Sashimi vom Thunfisch

Weiter geht es mit einem Gericht, das die Stammgäste lieben. „Nähmen wir das von der Karte, es gäbe einen Aufschrei“, sagt Melinda Weichelt. Nach der ersten Gabel leuchtet ein, warum dieser Gang eben das ist, was in der gehobenen Küche gern als „signature dish“ bezeichnet wird, also als kulinarischer Markenkern. Denn perfekt kombiniert Martin Weichelt hier rohen, nur fünf Sekunden in einer sehr heißen Pfanne angebratenen Thunfisch mit Beurre blanc, der klassischen französischen Buttersauce, sowie Sake (Reiswein) und Miso (fermentierten Sojabohnen).

Auf diesem Sashimi präsentiert sich ein thailändisch inspirierter Gurken-Erdnuss-Salat. Da muss ein Wein erst mal mitkommen, aber dem Bio-Erzeugnis (Garnatxa Blanca & Viognier „Dardell“, Celler Coma d’en Bonet, 2018) des katalanischen Winzers Pepe Fuster gelingt dies dank feiner Mineralik und dem Aroma von gelben Früchten und weißen Blüten.

Das Sashimi vom Yellowfin Tuna Mit Sake, Miso, Beurre blanc und Gurken-Erdnusssalat.
Das Sashimi vom Yellowfin Tuna Mit Sake, Miso, Beurre blanc und Gurken-Erdnusssalat. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

Im zweiten Zwischengang lässt der Küchenchef das aktuelle Trendgemüse Ringelbete, abgeschmeckt mit japanischem Kirschblütenessig und garniert mit einem indisch anmutenden Apfel-Chutney, auf das natürlich salzige Holsteiner Deichlamm treffen. Letzteres kommt als Päckchen daher, nämlich als Wan Tan, also im Teigmantel gebacken. Der rubinrote 2017er Trollinger „Gipskeuper“ vom Prädikatsweingut (VDP) Rainer Schnaitmann harmoniert.

Der zweite Zwischengang (li.): marinierte Ringelbeete mit Apfel-Chutney und Wan Tan vom Holsteiner Lamm.
Der zweite Zwischengang (li.): marinierte Ringelbeete mit Apfel-Chutney und Wan Tan vom Holsteiner Lamm. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

Zarter, norwegischer Lachs, der knapp drei Tage lang speziell mariniert wurde und dann beim Braten eine unvergleichlich dunkle Farbe („Black Cod“) bekommt, wird als Hauptgang mit fein aromatischen Vanillekarotten und Schnittlauch-Kartoffelstampf serviert. Aufgegossen wird das Gericht am Tisch mit einem Dashi-Fond.

Black Cod vom Norwegischen Lachs mit Dashi-Fond dazu Vanillekarotten und Schnittlach-Kartoffelstampf.
Black Cod vom Norwegischen Lachs mit Dashi-Fond dazu Vanillekarotten und Schnittlach-Kartoffelstampf. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

„Wir kennen süß, salzig, sauer, bitter. Mit dem Dashi-Fond kommt umami dazu, die fünfte Geschmacksrichtung der japanischen Küche“, so Martin Weichelt. Im Glas überzeugt dazu ein Silvaner. Aber einer in Höchstform und aus erster VDP-Lage: Kugelspiel Alte Reben, Weingut Castell, Jahrgang 2018. Allein der Duft von Apfel und Haselnuss begeistert.

Das Dessert: ein Zitronengras-Creme Brulee mit Ananassorbet und Erdnuss-Crunch.
Das Dessert: ein Zitronengras-Creme Brulee mit Ananassorbet und Erdnuss-Crunch. © Roland Magunia/Funke Foto Services | Roland Magunia

Zum feinen Abschluss erwartet die Gäste eine Zitronengras-Crème brûlée, aromatisiert mit Pandanus-Blättern, einer Zutat der ostasiatischen Küche. Dazu ein erfrischendes Ananassorbet, auf dem ein knackiger Erdnuss-Crunch thront. Die Sommeliers von Rindchen empfehlen dazu die 2018er Riesling Auslese, Doosberg Oestrich, Corvers Kauter aus dem Rheingau. Fazit: Nach diesem Essen denken Sie bei Weißes Haus nicht mehr an The Donald ...