Mandeln können sich häufig entzünden oder sogar die Atmung behindern. Dennoch sollten sie nicht leichtfertig entfernt werden. Denn sie sind wichtig für die Immunabwehr. Das größte Risiko: gefährliche Nachblutungen.

Johannes (5) isst schlecht, quengelt viel im Kindergarten, wacht nachts schweißgebadet auf, und die Eltern berichten dem Arzt, dass er so stark schnarche, als zersäge er einen ganzen Wald. Für Dr. Konrad Sommer, Chefarzt der Abteilung für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde der Asklepios-Klinik Nord/Heidberg, ist das die typische Krankengeschichte für eine behandlungsbedürftige Vergrößerung der Mandeln: "Wenn ein solches Kind operiert wird, bessert sich sein Allgemeinzustand in der Regel wenige Wochen nach dem Eingriff auf ganz erstaunliche Weise."

Doch die Mandeln dürfen nicht leichtfertig entfernt werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr, weil sie teilweise aus Zellen bestehen, die Viren oder Bakterien erkennen und den Körper gegen sie schützen. Die sogenannten Gaumenmandeln oder Tonsillen sind diejenigen, die der Arzt beim "A"-Sagen beurteilt, wenn ein Patient über Halsweh klagt; die Rachenmandeln - als Adenoide oder Polypen bekannt - sitzen im hintersten Teil der Nase, am Übergang zum Rachen.

Meist sind es die Gaumenmandeln, die sich mit Bakterien oder Viren infizieren und für Halsschmerzen und hohes Fieber sorgen. Wenn auf den Mandeln eitrige Beläge sind, machen viele Ärzte einen Abstrich, um festzustellen, welche Bakterien es zu behandeln gilt. "Wenn ein Patient mehr als drei bakterielle Mandelentzündungen pro Jahr und das über drei Jahre hat, besteht eine Indikation für eine Operation", sagt Sommer. Das seien häufig auch junge Erwachsene, die es leid wären, regelmäßig von ihrem Hals gequält zu werden und bei denen oft auch Mundgeruch bestünde.

Es gibt hauptsächlich zwei Ursachen, die eine OP rechtfertigen: die Einengung im Rachen, die Schluckbeschwerden, Luftnot, Schnarchen verursacht, und gehäufte Infekte, vor allem mit Streptokokken-Bakterien, die in Einzelfällen zu einer gefährlichen Entzündung der Herzklappen oder Nieren führen. Bei einer Vergrößerung der Gaumenmandeln hilft meist eine "Laser-Tonsillotomie". Dabei werden die Mandeln mit Laserstrahlen "gekappt". Der Vorteil im Vergleich zum Skalpell: Nachblutungen sind seltener, der Patient hat weniger Schmerzen. Und es bedeutet es nur ein bis zwei Nächte im Krankenhaus.

Doch wenn sich die Mandeln häufig entzünden, müssen sie komplett entfernt werden: die Tonsillektomie. In Sommers Abteilung wird der Eingriff, der 15 bis 20 Minuten dauert, zwei- bis dreimal täglich durchgeführt. Der Patient ist in Vollnarkose, der Chirurg muss vorsichtig die Mandeln von der Schlundmuskulatur "abschälen". Dabei benutzt er ein Koagulationsgerät, um die Blutgefäße zu veröden. Das größte Risiko: eine Blutung, die in ungefähr fünf Prozent der Fälle auftritt. "Selbst in Deutschland gibt es immer wieder tödliche Verläufe", sagt Sommer.

Die Blutungen können sehr heftig sein, sodass ein Facharzt sofort zur Stelle sein muss; Blutkonserven sollten bereitstehen. Manchmal vergehen ein paar Tage bis zur Komplikation. Daher müssen die Patienten eine knappe Woche in der Klinik bleiben. Damit sich die Blutgefäße an der Wundfläche zusammenziehen, raten die Mediziner nach der OP zum Verzehr von Eis - für Kinder ein kleiner Trost.

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