Berlin. Zu viele Kalorien und Zuckermengen sind Gift für die Leber. Mittlerweile leidet jeder dritte Deutsche über 40 Jahren an Fettleber.

Die Fettleber zählt zu den häufigsten Wohlstandserkrankungen – laut der Deutschen Leberstiftung leidet jeder dritte Deutsche über 40 Jahre darunter. Eine Fettlebererkrankung führt oft zu Entzündungen und erhöht das Krebsrisiko.

Übergewicht und Diabetes sind mittlerweile die wesentlichen Ursachen, Alkohol spielt zusätzlich eine Rolle. Bevor Leber- zu Fettzellen werden und sich entzünden, ist eine ausgewogene Diät die beste Therapie. Experten erklären, warum wir auf unsere Leber achtgeben sollten.

Welche Rolle spielt die Leber?

„Die Leber ist ein häufig unterschätztes Organ. Sie spielt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel und bei der Entgiftung des Körpers“, sagt Professor Michael Roden, wissenschaftlicher Geschäftsführer und Vorstand des Deutschen Diabetes Zentrums (DDZ) und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

„Kein anderes Organ ist in der Lage, Nährstoffe wie zum Beispiel Zucker durch die Nahrung so schnell aufzunehmen und wieder für die Verwendung im Körper freizusetzen.“ Die Nieren wirkten unterstützend in diesem Prozess.

Wie wird das Organ geschädigt?

Regelrecht vergiftet wird die Leber heute nicht mehr nur durch Alkohol, sondern vor allem durch Überernährung – also durch zu viele Kalorien und Mengen an Zucker.

Roden: „Die Leber reagiert darauf, indem sie die vielen Nährstoffe zu Fett-Tropfen umwandelt.“ Wenn mehr als fünf Prozent des Organs daraus bestehen, gilt die Leber bereits als verfettet.

Klinisch sichtbar wird die Erkrankung ab etwa 15 Prozent Fettgehalt, adipöse – also stark übergewichtige – Menschen mit einem Body-Mass-Index (Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern) von mehr als 30 kg/m2 haben häufig 50 oder mehr Prozent Fett in ihrer Leber.

„Das Organ kann seine Aufgaben dann nicht mehr ausreichend erfüllen“, sagt Roden. Professor Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung, ist besorgt: „Die Nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist eine typische Lebensstilerkrankung und verursacht wie alle Lebererkrankungen meistens keine oder nur unspezifische Symptome.

Sie ist mittlerweile die häufigste Lebererkrankung in Deutschland und hat eine steigende Tendenz. Jeder dritte Bundesbürger über 40 hat bereits eine Fettleber.“

Warum ist eine Fettleber gefährlich?

Eine verfettete Leber entzündet sich häufiger, und das Gewebe wird mit der Zeit zu Bindegewebe „umgebaut“. So entsteht eine sogenannte Fibrose, deren Folge dann wiederum die gefürchtete Leberzirrhose sein kann: Die Leber schrumpft und verhärtet sich, das Gewebe vernarbt.

„In der Vergangenheit waren hierfür übermäßiger Alkoholkonsum und Erkrankungen wie Hepatitis C die wesentlichen Ursachen. Heute sind es starkes Übergewicht und Typ-2-Diabetes“, erklärt Diabetes-Experte Roden.

Eine Studie der Universität Newcastle ergab schon vor einigen Jahren, dass fast ein Drittel aller Fälle von Leberkrebs heute durch Fettlebererkrankungen ausgelöst wird. „Wir haben zudem Daten aus den USA vorliegen, die zeigen, dass die Patienten mit Leberkrebs als Folge einer NAFLD früher sterben“, sagt Roden.

Die Erkrankung sei im Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes auch eine treibende Kraft bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Das Risiko potenziert sich, wenn Betroffene Alkohol trinken.“

Wie kann sie festgestellt werden?

Da es keine besonderen Symptome gibt außer einer Mattigkeit, die unterschiedliche Ursachen haben kann, stellt meist der Hausarzt als Erstes erhöhte Leberwerte fest. „Denen sollte man nachgehen, zunächst mit einer Ultraschalluntersuchung“, sagt Professor Roden.

„Eine Fettlebererkrankung ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig eine fächerübergreifende Diagnostik ist. Leber, Niere, Herz und Gefäße sind im Körper keine isolierten Einheiten“, erläutert Professor Dietrich Baumgart, der als Kardiologe, Internist und Vorsorgemediziner die Präventionsklinik Preventicum in Essen und Düsseldorf leitet.

„Als Internist betrachte ich neben dem Gewicht zunächst die Blutwerte und Ultraschallbilder und bestimme einen sogenannten Fettleber-Index.“ Bei Auffälligkeiten könnten ein Diabetologe und Nephrologe mögliche Ursachen und Folgeerkrankungen diagnostizieren und behandeln.

Es folgen kardiologische Untersuchungen, denn mittlerweile wird die Fettleber sogar als Ursache für das Auftreten von Gefäßverengung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesehen.

Strukturelle Veränderungen der Leber lassen sich laut Baumgart heute sehr gut mittels einer Magnetresonanztomografie oder eines CT feststellen. „Je mehr Diagnosedaten vorliegen und umso intensiver die Abstimmung zwischen allen Fachbereichen, umso zielgenauer kann therapiert werden“, sagt er.

Bei einem sogenannten Fibroscan wird mithilfe einer Schallwelle festgestellt, wie steif die Leber ist, um einen Hinweis auf eine mögliche Fibrose zu erhalten. Werden mehr als 15 Prozent Fettzellen in der Leber gefunden, birgt dies schon ein großes Risiko für weitere Erkrankungen.

Eine Leberbiopsie (Gewebe-Entnahme) ist laut Roden dank bildgebender Verfahren heute nur noch in bestimmten Fällen notwendig.

Ist eine Heilung möglich?

Die Studie der Wissenschaftler aus Newcastle ergab, dass eine strikte Diät mit 800 Kalorien pro Tag (plus Gemüsemahlzeiten) bei Übergewichtigen dazu führen kann, dass sich der Leberfettgehalt bereits nach acht Wochen wieder normalisieren kann.

„Weniger Kohlenhydrate, gesättigte Fette und Fruchtzucker, vor allem aber weniger Kalorien zu sich zu nehmen, ist der richtige Weg“, erklärt Experte Roden und rät ergänzend zu moderatem Sport.

Medikamente seien bisher eher problematisch gewesen – Metformin (obwohl es die Glucose-Neubildung in der Leber verhindert) oder Insulin hätten entweder keinen oder eher negative Effekte.

Roden: „Seit Kurzem liegen jedoch Studien vor, die zeigten, dass sogenannte Insulin-Sensitizer, die die Insulinwirkung verbessern, und GLP-1-Agonisten, die die Insulinfreisetzung stimulieren, auch Leberfett und Fibrose reduzieren können.“

Wie kann man die Entstehung einer Fettleber verhindern?

Die Vorbeugung ist die gleiche wie die Therapie – ein gesunder Lebensstil mit möglichst viel Bewegung. Professor Dietrich Baumgart empfiehlt, vor allem Fertiggerichte, Pommes, Chips und Backwaren zu vermeiden.

Sie enthalten viele Kohlenhydrate und Transfette. „Wer fastet oder Diät hält, sollte aber unbedingt auf eine ausreichende Eiweißzufuhr achten“, so Baumgart weiter. Er rät daher zu einer fundierten Ernährungsberatung.