Berlin . Spaß beim Feiern, enthaltsam im Alltag: Junge Deutsche gehen einer Studie zufolge so verantwortungsvoll mit Drogen um wie nie zuvor.

Sie rauchen kaum noch, sie trinken immer weniger und selbst die einst so angesagten Wasserpfeifen kommen langsam aus der Mode: Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland gehen immer verantwortlicher mit Drogen um – der Suchtmittelkonsum ist auf einem historischen Tiefpunkt angelangt, wie eine neue Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zeigt. Mehr als 7000 junge Deutsche zwischen zwölf und 25 Jahren wurden dafür im letzten Jahr befragt. Rauchen, trinken, kiffen – wie sieht die Lage bei den Alltagsdrogen aus?

Zigaretten

Rauchen gehört endgültig nicht mehr zum Lebensgefühl junger Deutscher: Acht von zehn Jugendlichen unter 18 Jahren haben nach eigenen Angaben noch nie geraucht – das ist der höchste Anteil an Nichtrauchern unter Teenagern in den letzten 35 Jahren. Nur noch 7,8 Prozent der Jugendlichen rauchen heute regelmäßig – Ende der 70er-Jahre waren es noch mehr als 30 Prozent. Auch der Konsum von Wasserpfeifen geht zurück: Vor wenigen Jahren hatten noch fast 40 Prozent der Teenager über Erfahrungen damit berichtet – jetzt sind es nur noch 25 Prozent. E-Zigaretten und E-Shishas verlieren laut Umfrage ebenso an Beliebtheit. Der Konsum wird jedoch noch aus einem anderem Grund weiter zurückgehen: Seit 1. April ist der Verkauf von E-Shishas und E-Zigaretten an Kinder und Jugendliche verboten.

Die erfreuliche Entwicklung beim Rauchen zeigt sich auch bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren: Hier zählen sich heute bereits vier von zehn zu konsequenten Nichtrauchern. Ein Erfolg für die jahrelange Präventionsarbeit – so sehen es die Experten der BZgA: Viele junge Erwachsene, die schon als Jugendliche nicht zur Zigarette griffen, blieben auch später Nichtraucher. Bildung und Umfeld führen allerdings nach wie vor zu großen Unterschieden im Rauchverhalten: Die meisten Nichtraucher gibt es unter Gymnasiasten und Studierenden.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, forderte am Mittwoch in Berlin die zügige Umsetzung des geplanten Verbots von Plakatwerbung für Zigaretten: „Wo es umfangreiche Tabakwerbeverbote gibt, da geht auch das Rauchen noch stärker zurück“, sagte die CSU-Politikerin.

Alkohol

Seit den 70er-Jahren geht der Alkoholkonsum unter jungen Deutschen zurück. Bei den Teenagern trinkt heute nur noch jeder Zehnte regelmäßig – das heißt: Sie greifen mindestens einmal pro Woche zu Bier, Schnaps oder Wein. Vor 35 Jahren tat das noch jeder Vierte. Auch bei den Älteren trinken laut Umfrage immer weniger gewohnheitsmäßig: Mit 33 Prozent der unter 25-Jährigen ist auch hier ein historischer Tiefststand erreicht.

Sorge bereitet den Experten weiterhin das Rauschtrinken – doch auch hier sind die Zahlen über die letzten Jahre insgesamt zurückgegangen. Mit Blick auf die letzten 30 Tage sagten jedoch noch immerhin 44 Prozent der jungen Männer und 25 Prozent der jungen Frauen, sie hätten sich mindestens einmal mit fünf oder mehr Gläsern Alkohol betrunken. Bei den Teenagern sind es deutlich weniger: rund 15 Prozent der Jungen und etwa neun Prozent der Mädchen.

Cannabis

Bei den illegalen Drogen steht Cannabis mit großem Abstand an erster Stelle: Jeder zehnte Teenager und jeder dritte junge Erwachsene hat schon mindestens einmal in seinem Leben gekifft. Doch bei den allermeisten bleibt es bei wenigen Versuchen: Regelmäßig, das heißt, mehr als zehnmal im Jahr, kifft nur ein Bruchteil der Jugendlichen – weniger als ein Prozent der Jungen und Mädchen. Bei den jungen Erwachsenen liegen die Zahlen etwas höher – aber immer noch unter fünf Prozent.

Während Grüne und Linke seit Langem für eine Legalisierung von Cannabis werben, will die Bundesregierung die Droge nur für den medizinischen Gebrauch freigeben: Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat dazu ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Ärzten erlaubt, ihren Patienten in Zukunft bis zu 100 Gramm Medizinalhanf pro Monat zu verschreiben. Den Hanfanbau wird eine staatliche Cannabisagentur regeln. Einzelne Medikamente mit dem Cannabiswirkstoff sind bereits jetzt auf Rezept erhältlich – aber in der Regel nicht erstattungsfähig durch die Krankenkassen. Für reine Cannabisprodukte wie getrocknete Blüten oder Extrakte brauchen Patienten sogar eine staatliche Sondergenehmigung. Anfang dieses Jahres hatten mehr als 580 Patienten in Deutschland eine solche Ausnahmeerlaubnis.

Hintergründe und Motive

Warum nehmen Jugendliche Drogen? Experten haben über 400 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 27 Jahren befragt. Die Berliner Studie „Jugend, Drogen, Hintergründe“, die vor zwei Jahren veröffentlicht wurde, nennt mehrere Motive.

Was den problematischen Konsum der 16- bis 27-Jährigen betrifft, kommt die Studie zu etwas anderen Ergebnissen als die Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Demnach konsumierten 13 Prozent der Befragten mehrmals pro Woche oder täglich Alkohol beziehungsweise Drogen. „Am anfälligsten für problematische Konsummuster scheinen die 18- bis 20-Jährigen zu sein“, schrieben die Autoren. Bei den 16- und 17-Jährigen, aber auch bei den 21- bis 27-Jährigen war problematischer Konsum deutlich weniger verbreitet.

Darüber hinaus zeigten sich der Studie zufolge signifikante Zusammenhänge zwischen alltäglicher Überforderung und dem Konsum von Alkohol, Zigaretten und illegalen Drogen. „Das heißt, wer sich im Alltag häufiger überfordert fühlt, konsumiert auch häufiger diese Substanzen. Ähnliche Zusammenhänge ließen sich zwischen der Beurteilung der eigenen Berufsperspektiven oder der Belastung durch die Leistungsorientierung der Gesellschaft erkennen“, heißt es.

Das meistgenannte Motiv für den Konsum von Alkohol und Drogen war die „wahrnehmungssteigernde Wirkung“, um besser oder länger feiern, die Stimmung steigern oder sich besser konzentrieren zu können (45 Prozent). Hauptsächlich wurden Alkohol und Drogen auf Partys, Konzerten oder in Klubs konsumiert. 38 Prozent gaben an, mit dem Konsum Probleme verarbeiten oder vom Alltag abschalten zu wollen, 26 Prozent wollten entspannen und genießen, 14 Prozent gaben an, Alkohol, Zigaretten oder Drogen zu konsumieren, um zu einer Gruppe dazuzugehören oder cool zu sein.