Berlin. Seit 2010 sehen Experten einen stetigen Anstieg der Pollenbelastung in ganz Europa. Das sind Mittel und Maßnahmen gegen Heuschnupfen.

Erle und Hasel machen den Anfang, dann folgt die gefürchtete Birke: Die Pollensaison hat begonnen. Zwischen 16 und 18 Millionen Deutsche leiden nach Angaben des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB) unter Heuschnupfen. Besonders im Frühjahr plagen sich viele mit juckenden, laufenden Nasen, ständigem Niesen und tränenden Augen. Stiftung Warentest hat eine Liste der besten und günstigsten Mittel zusammengestellt, die sich vorbeugend oder zur akuten Behandlung eignen.

Wie ist die Pollenflugprognose für das Jahr 2016?

Zum Leidwesen aller Betroffenen prognostizieren Experten für 2016 eine deutliche Zunahme etwa der besonders allergenen Birkenpollen. „Die Belastung wird in vielen Regionen Deutschlands deutlich stärker als im Jahr 2015 ausfallen. Die durch Birkenpollen ausgelösten Symptome werden bei den Birkenpollenallergikern 2016 wahrscheinlich stärker als 2015 sein“, sagt die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) voraus. Auch die Konzentration der Gräserpollen steige im europäischen Raum seit 2010 kontinuierlich an. „Der Winter war sehr mild, der Pollenflug hat im vergangenen Jahr bis November angehalten und hat Mitte Dezember schon wieder eingesetzt“, erklärt Sonja Lämmel, Sprecherin des DAAB, die zunehmende Pollenbelastung. „Allergiker kommen kaum noch zur Ruhe.“

Wie kommt es zu der Allergie?

Eine Allergie ist eine Überreaktion des Immunsystems auf an sich harmlose körperfremde Stoffe, wie etwa Pflanzenpollen. „Etwa 50 Prozent aller Pollenallergiker reagieren auf Gräser, etwa 30 auf frühblühende Bäume“, sagt Sonja Lämmel.

Der Körper bildet beim ersten Kontakt übermäßig viele Antikörper, sogenannte Immunglobuline, die Fremdstoffe anders als bei Krankheitserregern aber nicht zerstören, sondern den Körper gegenüber diesen Stoffen überempfindlich machen. Bei jedem erneuten Kontakt beginnt der Körper wieder mit der Produktion. Es kommt zur Ausschüttung von Botenstoffen, die zu allergischen Reaktionen wie Juckreiz und Schwellungen führen. „Der wichtige Botenstoff ist das Histamin“, erklärt Bettina Sauer, Gesundheitsexpertin der Stiftung Warentest, „bei der Behandlung von Allergien kommen oft sogenannte Antihistaminika zum Einsatz. Sie heben die Wirkung des Botenstoffs weitgehend auf.“

Was hilft vorbeugend gegen die Heuschnupfensymptome?

„In der Regel wissen Allergiker im Lauf der Zeit, welche Medikamente bei ihnen besonders gut helfen. Wer aber erstmalig unter heuschnupfenartigen Symptomen leidet, sollte nicht allein an sich herumdoktern“, rät Sauer. Auch wenn es viele Mittel rezeptfrei gebe, sei ein Arztbesuch sinnvoll. Denn es können auch andere Allergene oder ganz andere Gründe hinter den Beschwerden stecken. „Gute Ansprechpartner sind Allergologen. Sie können die nötigen Tests durchführen.“

Allergiker, die ihre Beschwerden ärztlich abgeklärt haben, können sich entsprechend auf die Zeit, in der die für sie problematischen Pollen fliegen, vorbereiten. „Vorbeugend wirken Nasensprays und Augentropfen mit Cromoglizinsäure oder Augentropfen mit Lodoxamid. Diese Wirkstoffe verhindern, dass das Immunsystem Histamin freisetzt. Da die Mittel ihre Wirkung nur langsam entfalten, müssen Allergiker mit der Anwendung bereits etwa 14 Tage vor dem Pollenflug beginnen“, sagt Sauer.

Was hilft akut gegen Schwellungen, Jucken und Niesen?

Wenn es schnell gehen muss, empfehlen die Verbraucherschützer andere Wirkstoffe: „Azelastin und Levocabastin bremsen das Immunsystem aus, indem sie Bindungsstellen des Histamins im Gewebe blockieren. Allergiker können sie im Akutfall anwenden“, erklärt Sauer. Wenn lokal an Auge und Nase angewendete Mittel nicht helfen, kommen Präparate zum Einnehmen in Frage. Geeignet sind laut Stiftung Warentest die Antihistaminika Cetirizin oder Loratadin, die über das Blut im ganzen Körper wirken. Sauer: „Sie machen anders als ältere Antihistaminika wie Clemastin oder Dimetinden nicht oder nur wenig müde – bei einigen Patienten kann diese Nebenwirkung aber dennoch auftreten.“ Hilft keines der rezeptfreien Mittel, sollten Patienten unbedingt noch einmal zum Arzt gehen und sich beraten lassen. „Er kann vielleicht stärkere Maßnahmen einleiten“, sagt Sauer und ergänzt, „ein unzureichend behandelter Heuschnupfen kann sich ausweiten – und ist für die Betroffenen ziemlich belastend.“

Gibt es langfristige Therapien?

Die Medikamente lindern lediglich die Symptome, gegen die Allergie an sich helfen sie nicht. Als einzige langfristige Behandlungsmethode gilt bislang die sogenannte Hyposensibilisierung. „Die Spezifische Immuntherapie ist die einzige Behandlungsmethode, die an der Ursache ansetzt“, erklärt der DAAB. Meist bekommen die Patienten die Allergene dabei über mehrere Jahre in steigender Dosis per Spritze vom Arzt verabreicht. Studien deuten darauf hin, dass der Körper durch die Behandlung weniger empfindlich darauf reagiert.

Mittlerweile gibt es auch rezeptpflichtige Tropfen und Tabletten, die Allergiker zu Hause einnehmen können. Allerdings liegen für diese Art der Immuntherapie noch nicht so viele Studien vor wie für die Behandlung mit Spritzen. Stiftung Warentest bewertet die Hyposensibilisierung, unabhängig von der Form, nur als „mit Einschränkung geeignet“. Sie könne teils lebensbedrohliche allergische Nebenwirkungen verursachen. „Die Therapie sollte wegen dieser Risiken erst dann zum Einsatz kommen, wenn andere Medikamente nicht ausreichend wirken – und keinesfalls bei Kindern unter fünf Jahren“, so das Urteil der Experten.

Welche Maßnahmen helfen im eigenen Haushalt?

Sonja Lämmel vom DAAB rät, noch vorhandene Allergiemittel auf ihre Haltbarkeit zu prüfen und Maßnahmen zu ergreifen, um die Belastung möglichst gering zu halten. „Etwa die Haare abends gut ausbürsten, getragene Kleidung nicht im Schlafzimmer ablegen und der Einsatz eines Luftreinigers.“ Auch ein Pollenschutz vor dem Fenster und regelmäßiges Saugen mit einem Gerät mit Hepa-Filter könne helfen.

Stiftung Warentest empfiehlt Allergikern zudem, Aktivitäten im Freien wie Joggen oder Rasenmähen während des Pollenflugs etwa auf die Zeit nach einem Regenguss zu verschieben. Die Luft sei dann rein von Pollen. Eine Sonnenbrille schütze die Augen zusätzlich vor den Fremdkörpern. Auch Urlaube sollten in die Pollenzeit verlegt werden, raten die Experten. Weniger Pollen gebe es beispielsweise am Meer oder im Hochgebirge.