Essen. Trainingsprogramme von Stars wie Daniel Aminati oder Detlef Soost sind beliebt. Doch ein Sportmediziner warnt vor Verletzungsgefahren.

Wer „sexy“, „krass“ oder gar „bosshaft“ werden will, dem versprechen Sportprogramme der Stars eine Lösung. Daniel Aminati, Detlef „D!“ Soost, Moderatorin Charlotte Würdig und Rapper Kollegah haben alle ihr eigenes Programm, mit dem Fett ab- und Muskeln aufgebaut werden sollen.

Die meisten der Programme setzen auf Übungen mit Körpergewicht, eine Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio ist also nicht nötig. Drei mal 20 Minuten Training pro Woche sollen schon ausreichen, um innerhalb von zehn Wochen deutliche Ergebnisse zu sehen. Videos erklären, wie man die Übungen korrekt ausführt. Die Versprechungen klingen gut – zu gut, um wahr zu sein? Ja, sagt Dr. Heinz Kleinöder vom Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik der Deutschen Sporthochschule in Köln. Eine Verwandlung von der Couch Potato zum Modellathlet innerhalb weniger Wochen sei praktisch nicht möglich.

„Gezielte Suche nach den Schwachstellen“

Gerade bei der Ausführung sieht der Experte Gefahren. „Wenn untrainierte Menschen hochintensive Übungen ausführen, dann ist das eine gezielte Suche nach den Schwachstellen im Körper“, sagt Dr. Kleinöder. Die Wahrscheinlichkeit, bleibende körperliche Schäden davonzutragen, sei sehr hoch.

Nicht nur deshalb hält der Sportwissenschaftler die Programme für „Quatsch“: „Ein funktionales Training muss den Kunden dort abholen, wo er ist“, sagt Dr. Kleinöder. Die Sport-Programme würden den Fokus stattdessen auf „aberwitzige Wiederholungszahlen“ legen: „Der Körper gerät dabei in den Hintergrund, es geht allein um das Erreichen der Wiederholungen“, sagt Dr. Kleinöder. „Unsere Sportstudenten sind in der Lage, die Belastungen zu bewältigen, nicht aber der Otto-Normal-Verbraucher“.

Dem widerspricht Gerhard Blöchl, Sportexperte und Gründer von BodyChange, das durch Detlef „D!“ Soost bekannt wurde: „Bei der Entwicklung und Auswahl der Fitnessübungen legen unsere Sportwissenschaftler sehr viel Wert darauf, dass diese einfach und ohne Vorkenntnisse durchzuführen sind. Sie sind also bewusst so gestaltet, dass sie auch für ungeübte beziehungsweise weniger sportliche Teilnehmer umsetzbar sind.“

Experte rät als Einstieg zum Gerätetraining

Menschen, die gerne was an ihrer Figur ändern möchten, rät der Sportwissenschaftler Dr. Kleinöder als Einstieg zum Gerätetraining. Durch den vorgegebenen Bewegungsablauf sei die Verletzungsgefahr geringer. Die Muskeln könnten sich so an die Belastungen gewöhnen. Danach könne man sich auch an Training mit Körpergewicht oder Schlingen wagen.

Eine wesentliche Säule der Programme ist das richtige Essen. So schreibt Charlotte Würdig, dass in Ihrem Programm „UpgradeU“ die Ernährung 70 Prozent und das Training 30 Prozent ausmache. Auch BodyChange sei in erster Linie eine Ernährungsumstellung, die Sporteinheiten erfolgen begleitend dazu.

Die Programme beinhalten detaillierte Ernährungspläne, die Abnehmwilligen dabei helfen sollen, ihre Essgewohnheiten umzustellen. Meist wird dabei auf „Low Carb“ gesetzt, also dem Verzicht auf Kohlenhydrate. Stattdessen sollen die Teilnehmer auf eiweißreiche Kost setzen. Manche der Angebote – zum Beispiel „Mach dich krass“ oder das Programm von Sophia Thiel – haben auch spezielle Rezepte für Vegetarier und Veganer.

Der Ansatz sei gut, jedoch Zweifel an der Nachhaltigkeit

Den Ansatz, den Kunden eine bewusstere Ernährung beizubringen, findet Dr. Kleinöder grundsätzlich gut. Sichtbare Muskulatur, wie etwa das so begehrte Sixpack, sei nur dann möglich, wenn die Muskulatur gut ausprägt und der Körperfettanteil niedrig sei. Dennoch hat der Sportwissenschaftler seine Zweifel, ob die versprochene Nachhaltigkeit bei der Ernährungsumstellung gelänge: „Unsere Adipositas-Programme haben eine Rückfallquote von 90 Prozent“.

Viele Menschen könnten sich für einen überschaubaren Zeitraum an einen strikten Ernährungsplan halten, so wie bei den Programmen. Doch eine dauerhafte Umstellung gelänge nur sehr selten, so Dr. Kleinöder.