Essen. Oft bereiten Lymphknoten Sorgen. Sie schwillen an, werden hart – das alles tun sie aber eigentlich nur, um uns gesund zu halten.

In der Regel lassen sie uns, und wir lassen sie in Ruhe: Lymphknoten. Viele wissen nicht einmal, wofür diese kleinen Kapseln eigentlich da sind. Umso größer der Schrecken, wenn sie plötzlich anschwellen, sich erbsen- oder murmelgroß ertasten lassen oder sich sogar sichtbar unter der Haut abzeichnen. Gern wird dann das Internet nach möglichen Krankheiten durchforstet, die es bereitwillig in großer Zahl ausspuckt. In den meisten Fällen aber bestehe kein Grund zur Sorge, sagt Dr. Alexander Carpinteiro, Oberarzt der Klinik für Hämatologie am Uniklinikum Essen.

Lymphknoten sind Teil eines komplexen Filtersystems, das im Körper jedes Menschen von Geburt an vorhanden ist. So wie das Blut über Transportwege alle Regionen des Körpers versorgt, steht auch der Lymphe, einer blassen, hellgelben Flüssigkeit, ein weit verzweigtes Wegenetz zur Verfügung.

Lymphknoten sind Abwehrzentren

Aus den Blutgefäßen sickern ständig verschiedenste Stoffe ins Gewebe. Einen Teil saugen die Zellen auf. Die Reste, die sie nicht verwenden, und auch andere Stoffe, die sie selbst absondern, würden sich auf Dauer in den Zellzwischenräumen als Abfall ansammeln. Hier kommt die Lymphe ins Spiel. Sie transportiert diese Produkte zu einer Sammelstelle, von wo aus die meisten der Reststoffe zurück in die Venen und anschließend in die Nieren gelangen können, um ausgeschieden zu werden. Nimmt die Lymphe auf ihren Putztouren Viren oder Bakterien auf, ist es Aufgabe der Lymphknoten, diese herauszufiltern und zu bekämpfen. „Denn die Knoten sind Teil des Immunsystems. Sie enthalten sogenannte Makrophagen und Lymphozyten, die zu den weißen Blutkörperchen gehören“, erklärt Alexander Carpinteiro.

Das macht deutlich, warum sich an vielen Stellen des Körpers, wie etwa in der Leiste, am Hals oder unter den Achseln, größere Anhäufungen der Lymphknoten befinden: Dort liegen Abwehrzentren, die genau prüfen, was durch den Körper geschleust wird, um gegebenenfalls darauf zu reagieren. „Entsteht beispielsweise eine Entzündung, erhalten die Abwehrzellen mit dem jeweils passenden Rezeptor den Befehl, sich weiter zu differenzieren“, sagt Alexander Carpinteiro. Das bedeutet, dass sie sich durch Teilung vermehren, um sich dem Erreger mit ganzer Kraft entgegenzustellen.

Lymphknoten schwillen bei Aktivität an

Weil nun mehr Aktivität in den Knoten herrscht und es infolgedessen voller wird, schwellen sie an – das Immunsystem arbeitet. Die Reaktion ist meist auf die entsprechenden Bereiche begrenzt: So werden bei einer Erkrankung im Gesichtsbereich, etwa einer Mandelentzündung, nicht die Lymphknoten in der Leiste reagieren.

Im Normalzustand sind Lymphknoten zwischen einem halben und zwei Zentimetern groß, können in der Ausprägung jedoch von Mensch zu Mensch sehr stark variieren. Gerade bei schlanken Personen sind sie in der Leistengegend oft leicht zu ertasten, auch wenn keine Erkrankung vorliegt. Ein tastbarer Knoten muss also nicht auf ein gesundheitliches Problem hinweisen. Manchmal reagieren sie schon mit Veränderungen, wenn sich der Auslöser für den Menschen selbst gar nicht als Erkrankung bemerkbar macht.

Auffällige Lymphknoten allein kein negatives Zeichen

Grundsätzlich gilt zwar: Vergrößerte Lymphknoten, die sich leicht verschieben lassen und eventuell Schmerzen verursachen, weisen eher auf eine harmlosere Erkrankung hin, während vergrößerte Lymphknoten, die hart und unbeweglich sind und außerdem keinerlei Schmerzen auslösen, auch Indizien für eine ernstere Erkrankung sein können – gerade wenn sie charakteristische Verteilungsmuster aufweisen, etwa nur an einem Muskelstrang am Hals auftreten.

Doch selbst Experten verlassen sich heute nicht mehr ausschließlich auf diese Kriterien: „Auffällige Lymphknoten allein sind ein mögliches Indiz, doch erst wenn weitere Symptome wie Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß oder andere hinzukommen, scheint wirklich etwas im Argen zu liegen“, sagt Alexander Carpinteiro.

Verwechslung mit einem Tumor

Das müsse jedoch mit weiteren Untersuchungen abgeklärt werden, „denn eine Krankheit kann sich in vielen Erscheinungen manifestieren“. So seien etwa die Auswirkungen, die das Epstein-Barr-Virus, Auslöser des Pfeifferschen Drüsenfiebers, auf die Lymphknoten hat, oft nur schwer von einem Lymphom, also einer Veränderung der Lymphknoten durch Tumore, zu unterscheiden. Auch bei der für die meisten Menschen (außerhalb einer Schwangerschaft) relativ harmlos verlaufenden Zytomegalie besteht Verwechslungsgefahr mit einem Lymphom.

Die Entscheidung, ob ein Tastbefund auffällig ist, sollte man daher dem Hausarzt überlassen. Hält dieser ihn für unklar, wird er an einen Spezialisten überweisen, dem weitergehende Testverfahren wie Blutuntersuchungen, Biopsien, MRT oder CT zur Verfügung stehen.

Obwohl Alexander Carpinteiro schätzt, dass die Fälle, in denen geschwollene Lymphknoten auf ein schweres gesundheitliches Problem hinweisen, bei unter einem Prozent liegen, rät er Patienten, den Arzt um Rat zu fragen. Das Ganze mit sich selbst und Doktor Google auszumachen, ist in jedem Fall die falsche Entscheidung.