Berlin. Hoher Alkoholkonsum, Übergewicht und wenig Bewegung können die Leber verfetten lassen. Etwa 30 Prozent der Deutschen sind betroffen.

Die Leber leidet lange still. Wenn sie verfettet, merken wir das zunächst nicht. Da das Organ keine Schmerzrezeptoren besitzt, treten Symptome meist schleichend und an anderer Stelle auf. Mediziner und Wissenschaftler warnen davor, die Folgen zu unterschätzen. Vor allem, weil die Fettleber nicht selten auftritt.

Studien zufolge ist die Fettleber in Deutschland die häufigste Lebererkrankung. Etwa 30 Prozent der Deutschen sind davon betroffen, immer häufiger auch Kinder und Jugendliche. „Oft fällt die Fettleber beim Hausarzt mit leicht erhöhten Leberwerten auf“, sagt Professor Ali Canbay, Stellvertretender Direktor der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie an der Uniklinik Essen. Die Betroffenen sind müde, fühlen sich schlapp – und denken dabei nicht als Erstes an die Leber.

Ein Druckschmerz im rechten Oberbauch

Die Symptome kommen, wenn überhaupt, nicht schlagartig und auch erst dann, wenn sich das Lebergewebe schon stark verändert hat. Dann spüren Betroffene zum Beispiel einen Druckschmerz im rechten Oberbauch oder bemerken, dass sich ihre Haut gelb verfärbt.

Die Medizin unterscheidet zwischen der alkoholbedingten Fettleber, die durch starken Alkoholmissbrauch entsteht, und der sogenannten nicht alkoholischen Fettleber. Die tritt vor allem durch starkes Übergewicht, falsche Ernährung und wenig Bewegung auf. „Bei stark Übergewichtigen kann schon das oft empfohlene Glas Rotwein am Abend der Leber ordentlich zusetzten“, sagt Ali Canbay. Hier liege zwar kein Alkoholmissbrauch vor, die angegriffene Leber aber reagiere schon auf kleinste Mengen Alkohol.

Die Leber steuert den Stoffwechsel

Die Leber hat im menschlichen Körper viel zu tun. Sie steuert den Stoffwechsel, filtert Schlacken und Gifte und verarbeitet Energieträger aus der Nahrung wie Kohlenhydrate und Fettsäuren, um sie dann in Form sogenannter Neutralfette wieder in das Blut abzugeben. Bei einem Überangebot an Nahrungsfetten und Kohlenhydraten kann die Leber diese nicht mehr vollständig verarbeiten und auch nicht abtransportieren. Dann beginnt sie, die Fette zu speichern – und verfettet dabei immer stärker.

„Im Ultraschallbild erkennt man eine Fettleber recht gut. Sie zeigt sich im Bild heller als andere Organe“, sagt Canbay. Eine Fettleber kann teils schwere Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Dazu gehört vor allem die Leberentzündung. Bei bis zu einem Drittel der Patienten mit einer Fettleber entzündet sich das Organ, es entsteht eine sogenannte Fettleberhepatitis.

Bei einer Zirrhose steigt das Krebsrisiko

Wird die Hepatitis nicht erkannt und behandelt, kann dies zu einer Leberzirrhose führen. Bei einer Zirrhose sterben die Zellen der Leber ab, die Leber vernarbt und wird immer kleiner. In einem späten Stadium kann das Stoffwechselorgan dann seine Aufgaben nicht mehr erledigen. „Außerdem steigt bei einer Zirrhose das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken“, erklärt Canbay.

Eine Entzündung der Leber zeigt sich je nach Heftigkeit am Blutbild. Es gibt aber auch unklare Fälle, bei denen nur durch eine Biopsie – einer Gewebeentnahme – eine Entzündung festgestellt werden kann. „So eine Entnahme ist natürlich ein Eingriff, der mit Risiken verbunden ist – auch wenn die Komplikationsrate gering ist“, sagt Ali Canbay.

Rolle der Leber gilt als unterschätzt

Die direkten Folgen einer Verfettung sind gut dokumentiert. Aber auch indirekte Zusammenhänge sind in der Forschung deutlich geworden. So scheint eine Fettleber den Typ-2-Diabetes zu begünstigen und einen Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System zu haben.

Noch nicht abschließend geklärt ist, inwieweit Übergewicht an sich Diabetes mellitus auslöst und welchen Anteil die Fettleber an der Entstehung hat. Immerhin sind Übergewicht und Diabetes auch große Risikofaktoren für die Fettleber. Es spreche einiges dafür, so Canbay, dass die Fettleber umgekehrt den Diabetes auslösen kann. Erklären ließe sich dies mit einer Insulinresistenz der Leber, wenn diese schon verfettet ist. „Die Rolle der Leber wird meiner Meinung nach bei vielen Erkrankungen noch unterschätzt“, sagt Canbay.

Bewegung kurbelt den Stoffwechsel an

Wenn die Fettleber durch Übergewicht und falsche Ernährung ausgelöst wird, gilt es vor allem, die Ernährung umzustellen und Bewegung in das Leben zu integrieren. Die Autoren der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie weisen zudem darauf hin, dass Bewegung auch ohne Gewichtsreduktion der Leber beim Fettabbau hilft. „Dadurch, dass der Stoffwechsel angekurbelt wird, kann das Fett in der Leber besser abgebaut werden“, sagt Canbay.

Eine Therapie mit Medikamenten gibt es bislang nicht. Dafür sei die genaue Entstehung und Entwicklung der Krankheit noch nicht vollständig geklärt. Anders sieht es bei der Behandlung der Ursachen aus: Neben dem Risikofaktor Übergewicht gehören dazu auch Erkrankungen wie die Zöliakie, bei der der Darm auf das Klebereiweiß Gluten reagiert. Auch eine Hepatitis C oder bestimmte Medikamente können eine Fettleber auslösen.

Wenn die Fettleber frühzeitig erkannt wird, haben Betroffene gute Chancen, den Fettanteil wieder abzubauen. Ali Canbay: „Die Fettleber ist reversibel. Wenn die Patienten abnehmen und ihre Ernährung umstellen, kann sich das Organ wieder vollständig regenerieren.“ Genau das sei das Tolle an der Leber, so der Gastroenterologe, sie wachse nach und verzeihe auch Sünden.