Mehr als 2000 Experten diskutieren neue Forschungsergebnisse auf dem deutschen Rheuma-Kongress im CCH

Hamburg. Wer an Rheuma leidet, sollte nicht rauchen, um die Krankheit nicht zu verschlimmern. Auf der anderen Seite haben Raucher bei einer entsprechenden Veranlagung ein erhöhtes Risiko, an Rheuma zu erkranken. Das war eine der zentralen Botschaften des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der gestern in Hamburg begann. Vier Tage lang diskutieren mehr als 2000 Experten neueste Erkenntnisse in der Diagnostik und Behandlung rheumatischer Erkrankungen.

"Das Rauchen hat bei den Ursachen einen hohen Stellenwert", sagte Prof. Dr. Jürgen Braun, Ärztlicher Direktor des Rheumazentrums Ruhrgebiet in Herne. Rheumapatienten, die rauchten, hätten stärkere Schmerzen, benötigten eine höhere Dosis an Medikamenten und hätten insgesamt eine schlechtere Beweglichkeit in den Gelenken. Wer mit dem Rauchen aufhört, senkt auch das Risiko für Begleiterkrankungen der Blutgefäße, das bei Rheuma sowieso schon erhöht ist. "Viele Studien haben inzwischen gezeigt, dass Patienten mit erhöhten Entzündungszeichen im Blut ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall haben", sagte Braun.

Zu einer solchen Entzündung kommt es bei der rheumatoiden Arthritis. Sie ist die häufigste rheumatische Erkrankung und kann Menschen jedes Alters treffen. In Deutschland sind etwa 440 000 Menschen betroffen. Bei dieser Erkrankung greift das Immunsystem körpereigenes Gewebe in den Gelenken an. Das hat eine Entzündung zur Folge, die nicht nur Gelenke, sondern auch die Wände der Blutgefäße betreffen kann. Zudem tritt bei Rheumapatienten vermehrt eine Verkalkung der Blutgefäße auf.

Deswegen ist eine frühzeitige Behandlung der Krankheit nicht nur wichtig, um die Zerstörung der Gelenke zu stoppen, sondern auch, um das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. "Wir haben Medikamente, die diese Entwicklung günstig beeinflussen können, wenn sie früh genug eingenommen werden", sagte Braun und nannte als Beispiel das Standardmedikament in der Rheumatherapie, Methotrexat. Auch bei den neuen Medikamenten, die in der Rheumatherapie seit einigen Jahren sehr erfolgreich eingesetzt werden, den sogenannten Biologika, deuteten die bisherigen Daten darauf hin, dass sie das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko senken können.

Ein wichtiges Thema für Rheumapatienten ist auch die Schmerztherapie. Rheumatische Erkrankungen sind in Deutschland die häufigste Ursache von chronischen Schmerzen. Schmerz sei ein sehr individuelles Geschehen, das zum großen Teil auch von genetischen Faktoren abhängig sei, sagte Prof. Christoph Baerwald, Direktor der Medizinischen Klinik am Universitätsklinikum Leipzig. Dementsprechend müsste auch die Therapie sein. Um die Beschwerden zu lindern, können Ärzte auf unterschiedliche Medikamentengruppen zurückgreifen. Dazu gehören die nicht steroidalen Antirheumatika wie zum Beispiel Ibuprofen und Diclofenac. Eine Alternative sind die sogenannten Cox-2-Hemmer, die für Magen und Darm verträglicher sind. Aber auch sie können Nebenwirkungen auf Herz und Kreislauf haben. Deswegen dürfen sie Patienten, die bereits einen Herzinfarkt hatten oder an einer Erkrankung der Herzkranzgefäße leiden, nicht verordnet werden. "Wenn diese Medikamentengruppen nicht ausreichen, muss man in der nächsten Studie Opioide einsetzen. Dazu gibt es aber noch keine Langzeitstudien. Gerade weil viele Patienten die Einnahme wegen Nebenwirkungen abbrechen, sollten Rheumatologen regelmäßig prüfen, ob Opioide wirklich noch benötigt werden und helfen", sagte Baerwald. "Zurzeit sind neue Medikamente in der Entwicklung, die weniger Nebenwirkungen haben."

Während sich die Therapieerfolge durch die Biologika bei Rheuma drastisch verbessert haben, "gilt das für die Arthrose leider nicht", sagte Prof. Wolfgang Rüther, Präsident der DGRh und Direktor der Klinik für Orthopädie am Universitätsklinikum Eppendorf und der Klinik für Orthopädie des Klinikums Bad Bramstedt. "Wir haben im Moment keine Diagnostik, um die Arthrose im Frühstadium zu erkennen."

Ein weiteres Thema des Kongresses ist eine bessere Versorgung von jungen Rheumapatienten. Etwa 20 000 Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden unter Rheuma. "Wir haben bundesweit 10 000 Jugendliche, die an aktivem Gelenkrheuma leiden und von denen die meisten diese Erkrankung mit in das Erwachsenenalter nehmen", sagte Dr. Kirsten Minden, Kinderrheumatologin an der Universitätskinderklinik der Berliner Charité. Das sei auch mit einem Arztwechsel verbunden, der häufig misslinge, weil die Patienten erst dann wieder zum Rheumatologen gingen, wenn sie Beschwerden hätten. Diese Versorgungslücke könne langjährige Therapieerfolge in kurzer Zeit zerstören, kritisieren die medizinischen Fachgesellschaften.

Im Rahmen des Kongresses findet am 18. September im CCH, Saal 3, ein öffentliches Patientenforum statt. Von 10 bis 13.30 Uhr berichten namhafte Referenten über die neuesten Forschungsergebnisse.

Quelle: geton.rheuma-liga.de