Hamburg. Die Gehölze mit den würzigen Beeren sind ideal für Dürrezeiten. Und Gutes zum Genießen liefern sie obendrein.

Im Regionalfernsehen bringen sie nach der „Tagesschau“ eine Sondersendung zum Thema Hitze. Ein Mediziner gibt Tipps. Meine Frau Anke hatte mir schon morgens aufgegeben: „Heute musst du viel trinken.“ Ich goss mir noch einen Kaffee ein. Den dritten. Dass Kaffee auch als Flüssigkeit gilt, hatte ich in einer Zeitung gelesen. Anke hält das für eine Ausrede. In der Meldung stand aber: wissenschaftlich bewiesen. Letzteres behauptet Greta Thunberg, die Erfinderin der Schulstreiks, über ihre Thesen zur Klimarettung. Und der glauben so viele.

Ich rechne kurz: Zwei Flaschen Wasser, also 1,4 Liter, waren heute vermutlich zu wenig. Als ich mir noch schnell eine dritte aus dem Kühlschrank geholt hatte, fragt die Moderatorin gerade den Wetterfachmann, ob es denn einen Hitzerekord gegeben habe. Sie scheint ein wenig enttäuscht, dass wir es im Norden nicht über den bisherigen deutschen Spitzenwert von 40,4 Grad geschafft haben. Am heißesten war es im Norden noch bei Lingen und in Osnabrück. Aber keine 40 Grad. Vielleicht am nächsten Tag, tröstet der Meteorologe. 42 Grad seien drin. Ausgerechnet in Osnabrück, denke ich. Haben die ein Glück, ein Rekord womöglich.

Erster Hochsommer-Tag – und schon Sondersendungen

Im grimmschen Wörterbuch habe ich unter dem Stichwort „Glück“ gelesen, dass die Menschen dort am glücklichsten seien, wenn sie „ein Menuett tanzten“. Das Zitat stammt aus dem Barock-Zeitalter. Da herrschte bei uns die sogenannte kleine Eiszeit. Erst danach bescherten sich die Menschen mit der Industrialisierung einen selbst gemachten Klimawandel.

Geht’s noch?, dachte ich. Der erste wirklich heiße Hochsommer-Tag – und schon Sondersendungen. Vorige Woche – das Thermometer ging tagelang nicht über 20 Grad – hatte ich im Radio Klagen über den zu kalten Juli gehört. Ein Experte riet sogar zu leichtem Schal. „Vergiss den Schal nicht“, hatte meine Mutter auch gesagt. Im Winter.

Im vergangenen Jahr war es deutlich heißer gewesen – und trockener. Deswegen hieß er auch Dürresommer. Dieses Jahr ist es (noch) nicht so schlimm. Mit etwa 300 Litern pro Quadratmeter haben wir in knapp sieben Monaten bei uns schon 75 Prozent der Regenmenge des gesamten Vorjahres gemessen. Allein am letzten Wochenende bescherte uns ein Gewitter 27 Liter pro Quadratmeter. Der Rasen, der mehr eine Trockenwiese ist, ist überall wieder grün. Die ersten Gänseblümchen (Bellis perennis) blühen wieder, auch der Wiesensalbei (Salvia pratensis) wagt sich wieder heraus.

Wahrer Durst-Künstler

Gegossen habe ich trotz Hitze diese Woche nicht – außer Pflanzen in Kübeln und meine verschiedenen Farnarten im trockenen Schatten von Bäumen. Zwei prächtige, gut drei Meter hohe Irische Säulen-Wacholder habe ich schon seit Jahren nicht mehr gewässert. Juniperus communis „Hibernica“ ist ein naher Verwandter des Heide-Wacholder, wie wir ihn aus der Lüneburger Heide kennen – und auch ein wahrer Durst-Künstler. Nur die ersten drei, vier Jahre wurde er gewässert. Immergrün und auch auf kargen Böden wachsend, sind Wacholder echte Klimawandelgehölze – fast alle Arten und Sorten, ob als Baum, Strauch und flachwachsend. Nur Schatten vertragen die lichthungrigen Gehölze schlecht. Da werden sie leicht schütter und kahl – ansonsten bis zu 2000 Jahre alt.

Die schwarzen Beeren überlasse ich gerne den Vögeln. Bei manchen Wacholder-Arten, speziell den aus Asien stammenden, sind sie leicht giftig. Getrocknete Beeren, die etwa Wildgerichten ein kräftiges Aroma verleihen, kaufe ich lieber an der Gewürz-Theke. Und das Brennen von Wacholderschnaps überlasse ich den Profis im emsländischen Haselünne oder im ostwestfälischen Steinhagen. Im Mittelalter galt ein vergorener Sud aus Wacholderbeeren als Medizin. Etwas verfeinert gelang dem Mittel unter anderem gegen Harnbeschwerden nach dem Dreißigjährigen Krieg der Sprung von der Apotheke in die Kneipe – als Lieblingsgesöff der Landsknechte.

Karl Günther Barth
Karl Günther Barth © Klaus Bodig | Klaus Bodig

In Holland heißt der Wacholderschnaps Genever, den Briten war das Wort zu lang. Sie nannten ihn Gin. Besonders beliebt als Feierabendgetränk, gemischt mit Tonic. Britische Kolonialoffiziere gelten als Entdecker dieses Drinks. Das Chinin im Tonic sollte gegen die in den Tropen weit verbreitete Malaria helfen. Die beste Ausrede, die ich kenne: Saufen für die Gesundheit. „Queen Mum“, die Mutter der britischen Königin, liebte ihren täglichen Gin. Als sie 2002 starb, war sie 101 Jahre alt.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth