Die Hortensien-Züchtung eines US-Professors ziert unter anderem Parks von Filmstars. Auch bei uns macht sie ihrem Namen alle Ehre: Endless Summer

„Versuch macht kluch“, würde Altkanzler Gerhard Schröder sagen, der ja eine besondere Art hat, das Wort „klug“ auszusprechen. So ähnlich klang das auch bei mir, als meine Frau Anke letzten Sommer mich fragend ansah und auf Hortensien der Sorte Hydrangea macrophylla Endless Summer deutete, deren Zweige immer mehr auseinanderfielen. „Haben die was?“, fragte sie – was bei ihr in etwa bedeutet: Tu mal was.

Jetzt im zeitigen Frühjahr habe ich eine der beiden Pflanzen ganz konventionell beschnitten, direkt unterhalb der alten Blüten, die ich über den Winter hatte stehen lassen. So, wie man das auch bei ihren nahen Verwandten, den Bauernhortensien, macht. Die andere Pflanze habe ich radikal zurückgeschnitten. Bis auf eine Höhe von knapp 20 Zentimetern. „Auf Stock gesetzt“ für einen kräftigen Neu-Austrieb, wie man das jetzt auch beim Schmetterlingsstrauch (Buddleja davidii) machen sollte.

Anders als bei den bisher bekannten Sorten der Hydrangea macrophylla schiebt die Züchtung des US-Professors Michael Dirr schon ab Mai bis zum Herbst immer neue Blüten nach, auch an dies- und nicht nur wie sonst an vorjährigen Trieben. Wenn man die nämlich bei der herkömmlichen Gartenhortensie einkürzt, muss man mindestens ein Jahr auf neue Blüten warten. Die Knospen dafür werden schon im Herbst angesetzt, bevor sie im späten Frühjahr aufgehen.

Für seinen Wachstums-Trick hat der geschäftstüchtige Botaniker von der Universität Georgia sich auch die Markenrechte an den Züchtungen gesichert und sie mit ebenso klangvollen wie verkaufsfördernden Namen wie „The ­Bride“ (Die Braut), „Bella Anna“ oder „Twist ’n’ Shout“ nach dem gleichnamigen Beatles-Klassiker von 1963 versehen. Ein „R“ in Klammern oder einem Kreis hinter dem Pflanzennamen heißt Registered Trade Mark – was bedeutet, dass Baumschulen Dirrs Gehölze nur gegen Lizenzgebühren vermehren und verkaufen dürfen. Unsereins darf sie zwar – etwa über Stecklinge – vermehren, aber nur für den privaten Gebrauch.

Der Professor aus den USA hat sich mittlerweile wohl ein stattliches Sümmchen mit den Pflanzrechten für Endless-Summer-Sorten verdient. Bei uns gibt es seine Züchtungen seit 2003, und sie sind, wenn man mal einen Blick in die Gartencenter wirft, seit Jahren ein absoluter Renner. Und relativ teuer. 20 Euro kostet eine etwa 40 Zentimeter große Pflanze im Container, gut doppelt so viel wie die klassische Bauernhortensie.

Nun bedeutet der Name Bauernhortensie übrigens nicht, dass Hydrangea macrophylla ein heimisches Gewächs ist. Sie stammt aus Japan, wo schon seit Jahrhunderten an ihr herumgezüchtet worden ist. Sie kam erst im 18. Jahrhundert nach Europa – zuerst in die Gärten und Parks der Adeligen und Superreichen und erst später in die der Bauern, wodurch sie ihren einprägsamen Namen bekam. Dabei ist der klassische Bauerngarten, wie wir ihn aus Gartenbüchern kennen, auch noch nicht so alt. 1913 entstand er im alten Botanischen Garten von Hamburg nach Plänen des berühmten Malers Max Liebermann (1847–1935) und seines Freundes Alfred Lichtwark (1852–1914), Direktor der Hamburger Kunsthalle. Die beiden hatten sich im Norddeutschen Gärten von Bauern angeschaut und dann eine Art Prototyp entworfen. Hans-Helmut Poppendieck, der mittlerweile pensionierte ehemalige Kustos im Botanischen Garten, hat das in einem kenntnisreichen Beitrag für „Die Gartenkunst“ im Jahr 1992 erstmals wissenschaftlich nachgewiesen. Womit er in meinen Augen nach Liebermann und Lichtwark sozusagen der dritte Erfinder des deutschen Bauerngartens ist.

Es waren die prachtvollen Blüten, die den Japan-Import für alle Stände so populär gemacht hatten. Wobei sie hauptsächlich aus sogenannten Schaublättern bestehen, um Insekten anzulocken. Bienen, die heute mangels Futterangebot fürs Überleben dringend auf Nektar und Pollen angewiesen sind, werden allerdings bitter enttäuscht: Die eigentlichen Blüten sind winzig, haben kaum Nektar. Weil die Blüten von „Endless Summer“ so unermüdlich nachwachsen, hat es die Neuzüchtung von Garten-Guru Dirr in den USA sogar in die Gärten der Filmstars geschafft. Hollywood in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland? Ich misstraue eigentlich den Reklamesprüchen der Garten-Industrie. Bei Endless Summer, die winterhart bis 30 Grad minus verträgt und auch in Kübeln auf Balkonen und Terrassen gedeiht, wurde ich schwach. Sie wächst windgeschützt auch im Halbschatten, am besten in etwas saurer Erde wie auch Rhododendren. Düngen am besten mit Hornmehl oder -spänen. Da kann nix schiefgehen. Und gut feucht halten, besonders im Kübel.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth