Alte Gartengeräte, die man nicht mehr benötigt, einfach wegzuwerfen ist zu schade. Aber Vorsicht: Irgendwann sieht es aus wie bei einem Messie

Bin ich ein Messie? Ein Mensch mithin, der notorisch unfähig ist, sein persönliches Umfeld in Ordnung zu halten und im Müll versinkt? Ich würde eher so sagen: Ich habe meine eigene Ordnung und finde alles wieder. Sogar auf meinem Schreibtisch. Der Stapel ausgelesener Zeitungen hält sich in Grenzen. Auch die Zahl herausgerissener Seiten mit den Artikeln, die ich irgendwann später noch einmal lesen oder gar archivieren will, reduziert sich spätestens nach ein paar Wochen auf nahezu null. Spätestens dann, wenn meine Frau Anke mich fragt: „Liest du das noch?“ Nach vier Wochen weiß ich oft sowieso nicht mehr, warum ich irgendeinen Artikel unbedingt archivieren wollte.

Anderes Beispiel: Socken mit Löchern? Ab in den Müll! Früher habe ich bei kleinen Löchern noch gezögert – bis meine Frau Anke und ich mal einen Hamburger Spitzenpolitiker erlebt haben, der sich auf einem Gartenfest bei einem japanverrückten Kollegen zum Mitmachen bei einer Teezeremonie überreden ließ. Dazu musste er die Schuhe ausziehen und sich in einer Art Schneidersitz auf einer Matte hinhocken. Die Zuschauer, beste Hamburger Gesellschaft, schauten geflissentlich weg, als der Mann verzweifelt versuchte, den großen dicken Zeh, der aus der Socke herausragte, zu verbergen. Ich habe mir damals geschworen: nie wieder Socken mit Löchern. Die kommen so schnell in den Müll wie defekte Elektrogeräte, bei denen Anke manchmal fragt: „Kann man die noch reparieren?“ Dass es in unseren Wohnungen, ob in der Stadt oder in unserer kleinen Mühle im Wendland, picobello aussieht, hat trotzdem, man ahnt es, mehr mit Anke als mit mir zu tun.

Es gibt da nämlich, messiemäßig, ein kleines, dunkles Geheimnis in meinem Leben. Es geht um den Geräteschuppen in unserem kleinen Mühlenpark. Der Schein ist gewahrt. An den Wänden Leisten mit Klapphaken, um Spaten, Schaufeln und andere Gartengeräte aufzuhängen. Alles doppelt, manches dreifach. Zwei Schaufeln, eine teure amerikanische, angeblich besonders rückenschonend. Sie sieht aus wie neu, ist auch kaum benutzt.

Daneben die einfache Schaufel aus dem Baumarkt. Die hat mittlerweile den dritten Stiel, das Blatt, einst rot lackiert, ist bereits ziemlich blank – und deutlich kürzer geworden, weil Nachbar Peter es einmal im Jahr auf einem Schleifstein schärft. Mehrere Spaten hängen dort. Alle handgeschmiedet, mit Trittleisten zum Schutz für Füße und Schuhe, versteht sich. Ein normaler Spaten, ein schmaler Wurzelspaten für Arbeiten in bestehenden Pflanzungen. Eine Einkerbung sorgt dafür, dass die Wurzel nicht abrutscht. Benutzt habe ich ihn zuletzt vor zwei Jahren. Oder waren es drei? Den kleinen englischen Damenspaten hat Anke aus Prinzip verschmäht.

Gott sei Dank hat sich unsere Freundin Uschi seiner erbarmt – als Erstausstattung für ihr kleines Gärtchen, das sie jetzt nach einem Umzug hat. Eine Gartenschere aus dem Baumarkt hat sie ebenso gern genommen wie eine schmale Plastikharke und eine Pflanzschaufel, wovon ich auch drei habe. Waren mal Sonderangebote. Einen alten eisernen Rechen hat sie dankend abgelehnt. Zu schwer. Deswegen benutze ich ihn auch nicht mehr. Ich habe zwei davon, einen sehr breiten und einen schmalen.

Wegen der Harken hatte ich mal die Leisten mit den Klapphaken angebracht. Anke hatte sie immer mal so abgestellt, dass einem beim Drauftreten der Stiel entgegenschlug. Was mir einmal eine Beule an der Stirn einbrachte. Dabei ist sie sonst stets um mich besorgt. Als sie mal mit ansehen musste, wie ich mich mit der großen Handsense auf einem Wiesenstück abmühte, hat sie mir das wegen der Verletzungsgefahr streng untersagt. Dabei hatte ich eigens Nachhilfe bei meinem Nachbarn, einem gelernten Landwirt, genommen. Die Sense hängt jetzt, sehr rostig, sehr retro, an der Außenwand unseres Geräteschuppens.

Bin ich schon deswegen ein Messie, weil ich absolut überflüssige Gartengeräte nicht wegwerfen kann? Erstens weiß man nie, ob man sie vielleicht doch noch einmal gebrauchen kann. Und zweitens bin ich bei der Aufbewahrung ziemlich ordentlich. Weil ich zu Beginn meines Gärtnerlebens elektrische Geräte aus Prinzip verachtete, habe ich beispielsweise meine Hecken mit der Hand geschnitten. Die Schere war handgeschmiedet und aus England. Als die Hecken höher wurden und das Schneiden schwerer fiel, habe ich eine leichtere angeschafft. Dann eine elektrische mit Kabel, das ich mindestens einmal im Jahr zerschnitt. Jetzt habe ich eine leichte mit einer modernen, langlebigen Batterie. Die anderen habe ich natürlich noch. Man weiß ja nie. Aber sauber abgelegt im Regal im Geräteschuppen.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth