Mammutbäume gibt es sogar für den Garten. Am besten eignet sich die chinesische Art. Sie ist winterhart und wird nur 20 bis 30 Meter hoch

So richtig gut drauf war er schon länger nicht mehr. In der Spitze waren nur noch wenige Zweige grün. Kaum zu sehen übrigens. Denn „Pioneer Cabin Tree“, das Wahrzeichen des Calaveras-Parks in Kalifornien, war fast 100 Meter hoch und hatte geschätzte 1000 Jahre auf dem Buckel. Regen habe den Boden so aufgeweicht, dass die ohnehin kurzen Wurzeln des Riesen keinen Halt mehr gefunden hätten. Dann fiel er um. Einfach so. Ein kurzer Windstoß habe genügt, hieß es. Das war aber wohl nur die halbe Wahrheit. Denn um den Riesen zu einer besonderen Attraktion zu machen, hatte man schon vor Jahrzehnten einen Tunnel in Sequoia giganteum gesägt – so groß, dass ein Auto bequem durch den Riesen mit einem Durchmesser von gut zehn Metern fahren konnte. Das hatte den Giganten morsch werden lassen.

Der Kalifornische Mammutbaum ist eine von drei Sequoia-Arten, die es weltweit noch gibt – neben dem Giganteum noch den Küstenmammutbaum, ebenfalls an der US-Westküste beheimatet. Sequoia sempervirens wächst schmaler und höher. Als höchster Baum der Welt gilt der „Tall Tree“ im Redwood-Nationalpark mit seinen 112 Metern. Zum Vergleich: Das Chilehaus in Hamburg ist 42 Meter hoch, der Michel 132. Der dickste Baum der Welt ist ein Giganteum namens „General Sherman“, mit einem Umfang von 31 Metern.

Die Angaben über die Lebensdauer schwanken. Manche sollen schon vor 3000 Jahren gestanden haben, als das später so mächtige Rom noch gar nicht gegründet war. „Grizzly Giant“ ist angeblich 2700 Jahre alt und hat einen Umfang von 30 Metern. Sicher ist, dass es sie seit Millionen Jahren gibt, sich wahrscheinlich noch Flugsaurier auf ihnen niederließen. Sie konnten überleben, weil sie in Nord-Kalifornien ein tolles Klima vorfanden – mit viel Regen und milden Wintern. Sie überstanden über Millionen Jahre auch Waldbrände, weil bei Hitze ein Sekret die Rinde feuerfest macht. Nur den Menschen hätten sie fast nicht überlebt. Als im 19. Jahrhundert der Goldrausch lockte, wurden die riesigen Wälder fast gänzlich abgeholzt.

„Das ist nicht dein Ernst“, seufzte meine Frau Anke, als ich ihr vor Jahren den Vorschlag machte, einen kalifornischen Mammutbaum in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland zu pflanzen. Wahrscheinlich dachte sie, Mammutbäume würden auch monsterschnell wachsen – wie etwa die Pappeln (Populus nigra „Italica“), die das Ende einer Sichtachse im hinteren Teil unseres Mini-Parks markieren. In gut zehn Jahren waren sie von ursprünglich vier auf fast 20 Meter in die Höhe geschossen – auch weil ich mit reichlich Dünger und Wasser sozusagen den Wachstums-Turbo eingeschaltet hatte.

„Die fallen nicht so schnell um“, beruhige ich meine Frau immer, wenn die Pappeln sich bei Herbststürmen kräftig biegen. Aber wenn ich ihr vorschlage, sie in fünf bis sieben Meter Höhe zu kappen, ist es ihr auch nicht recht. „Tut das den Bäumen nicht weh?“, fragt sie dann. Ich weiß darauf auch keine überzeugende Antwort und verweise nur auf einen Bekannten im Nachbardorf, der das mal gemacht hatte. Dessen Pappeln glänzten danach mit Jahrestrieben von gut zwei Metern – weil die Bäume aus einem kräftigen und weitverzweigten Wurzelwerk versorgt werden.

Vielleicht mache ich in diesem Jahr einen neuen Anlauf. Immerhin kann ich auf unseren Urwelt-Mammutbaum verweisen, den wir vor zehn Jahren geschenkt bekommen haben. Metasequoia glyptostroboides ist die dritte noch vorkommende Art unter den Mammutbäumen – und die älteste. Sie wurde erst 1941 in China entdeckt und hat seitdem eine rasante Karriere in unseren Gärten und Parks erlebt. Der Baum, der wie die Lärchen im Winter seine Nadeln abwirft, hat zwar auch das Zeug zum Riesen – wird bei uns aber nur etwa 20 bis 30 Meter groß. Unser China-Mammutbaum ist nach zehn Jahren gut sechs Meter hoch, in weiteren 20 wird er vielleicht zwölf bis 15 Meter erreichen. Ähnlich sei das beim US-Mammut. Das geht doch.

Der China-Mammut ist übrigens absolut winterhart – im Gegensatz zu seinen amerikanischen Verwandten. Für die Küsten-Sequoia wird es hier zu kalt. Der Giganteum braucht bei uns zumindest in der Jugend einen Winterschutz – und generell einen geschützten Platz in der Sonne oder lichtem Schatten. Aber auch dann sollte das Thermometer möglichst nicht mehrere Nächte auf unter 20 Grad Minus fallen. Im Wendland passiert das schon mal, in Großstädten wie Hamburg kaum.

Und dann ist da noch die Preisfrage: Ein zwei Meter großer China-Mammut kostet weniger als 100 Euro, für die in der Jugend nur sehr langsam wachsenden Ami-Schwester muss man da schon fast mit 500 Euro rechnen.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth