Zum höheren Genuss des eigenen Gartenglücks sollte man unbedingt mal die unterhaltsamen Büchlein der Journalistin Paula Almqvist lesen

Paula Almqvist, die große Reporterin und Kolumnistin, und ich haben etwas gemeinsam. Ich meine dabei nicht unsere gemeinsame Zeit als „Stern“-Autoren in den 80er- und 90er-Jahren. Obwohl gleichaltrig, galt ich mit Mitte 30 noch als Nachwuchshoffnung, während Paula bereits eine berühmte Reporterin war und 1981 den Kisch-Preis, eine Art deutschen Pulitzer-Preis, gewonnen hatte. Zu der Zeit war ich auch noch weit davon entfernt, ein begeisterter Hobbygärtner zu sein wie etwa Paula schon damals.

Dabei hatten Paula wie auch ich in unserer Jugend nicht ansatzweise davon geträumt, dass uns einmal die Garten­leidenschaft packen könnte. „Das einzig Gute am Garten“, war sich Paula mit ihrer Schwester einig gewesen, „war der Schuppen, wo man heimlich rauchen konnte.“ So isses. Entschuldigung. So war es. Meine Mutter wunderte sich, warum ich plötzlich freiwillig die Hühner füttern wollte. Wir hatten nämlich einen Geräteschuppen mit angegliedertem Hühnerstall. Mein Opa kam mir auf die Schliche. Er schwieg, er rauchte selber.

Ansonsten fand ich wie Paula den Rest eine Zumutung. Stachelbeeren pflücken, Löwenzahn stechen, Unkraut jäten oder Rasen mähen. Mit 14, 15 musste ich immer dann mähen, wenn sich meine Clique mit der von Antonia aus der Parallelklasse in der Eisdiele traf. Ich hatte es geschafft, dass Antonia in der Theater-AG in einer Märchenaufführung die Königin war – und ich der König. Weiter habe ich es nicht gebracht. Wahrscheinlich, weil ich dauernd Rasen mähen musste. Im Gegensatz zu meinem Konkurrenten, dessen Familie keinen Garten hatte – und der meine Fehlzeiten durchs Rasenmähen gnadenlos ausnutzte. Paula Almqvist hat übrigens rebelliert, als sie als Teenie im Reiterverein Pferdeäpfel aufsammeln sollte – Opas Lieblingsrose schwächelte und brauchte eine Rosskur. „Welcher gute Typ“, fragte sie sich, hätte sie da noch zu einer Cola mit zwei Halmen eingeladen, wenn sie bei so einer „spießigen Kleingärtnertat ertappt worden wäre“?

Nun hat mir Paula das nicht persönlich erzählt. Ich habe es zuerst gelesen in der kleinen Anthologie „Gartenglück“ aus dem feinen Insel-Verlag. Erstanden hatte ich die Fibel mit Stücken von so berühmten Autoren wie Bertolt Brecht, Oscar Wilde oder Hermann Hesse im Museumsshop am Berliner Gropius-Bau. Da muss man erst einmal hin, zusammen mit so bekannten Fach-Autorinnen wie Susanne Wiborg oder der Berliner Gartengestalterin Gabriella Pape.

Paulas Pferdeäpfel-Episode stammt ursprünglich aus dem kleinem Büchlein „Mitteilungen aus meinem Garten“, in dem der Verlag Schöffel & Co. 2013 erstmals Kolumnen zusammengestellt hatte, die Paula zuvor für die Zeitschrift „Brigitte Woman“ geschrieben hatte. Dann folgten „Was mir blüht“ und in diesem Jahr „Und wer gießt bei dir?“ Unterhaltsam und fröhlich berichtet die Autorin über Gartentrends (Buddha im Beet), Mähroboter, Gartenmessen, über Vorgärten, Radieschen und Bohnen, Rosen und Akelei, Topfblumen auf dem Balkon und das „Letzte Beet“, auf dem Friedhof. Nicht bloß nett dahergeplaudert, sondern immer auch mit praktischem Wert. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass Voile-Gardinen vom Flohmarkt sich nicht nur hervorragend zum Schutz von Kirschen vor Staren eignen, sondern auch besser und preiswerter sind als fertige Netze aus dem Gartencenter. Mit feiner (Selbst-)Ironie lässt die Autorin uns teilhaben an ihrer Leidenschaft für das grüne Glück, man lernt nebenbei, wie die berühmten englischen Gärtnerinnen tickten – und ganz viel über das Leben.

Wenn meine Frau Anke sagt: „Du bist wie Paula!“, meint sie nicht nur meine Leidenschaft fürs „Garteln“, was bei der Kollegin mit den süddeutschen Wurzeln für „Gärtnern“ steht, sondern auch meine Sammelleidenschaft für abgelegte Besen- und Schrubberstiele, die ich noch als Pflanzpfähle in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland verwenden will. Irgendwann. Sicher bin ich, dass ich nie! nie! nie an einem „Tag des offenen Gartens“ teilnehmen werde. Paula hat den Stress der Vorbereitung so eindrucksvoll beschrieben, dass alle gut gemeinten Vorschläge von Freunden hiermit endgültig abgelehnt sind. Paula ist nämlich noch in der Nacht vor dem großen Tag aufgestanden und hat schnell Teichwasser ersetzt. Das ist schlimmer, als wenn Mutter und Schwiegermutter gleichzeitig zu Besuch kommen. Letztere ist Gott sei Dank eine begeisterte Unkrautjäterin und besteht darauf, auch stets genügend zu tun zu haben.

Ich habe übrigens fünf Büchlein für jeweils 12 Euro gekauft, als Weihnachtsgeschenk für Freunde und Bekannte. Sie passen nicht nur auf jeden Nachttisch, sondern auch in die Handtasche. Für unterwegs.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth