Der späte Sommer ist still, denn die Singvögel sind wieder weg. Zeit für erste Schnitte und letzte Schnäppchen: ein fast verblühtes Wandelröschen

Im Garten geht es jetzt ruhiger zu. Nicht dass es für unsereins überhaupt nichts mehr zu tun gäbe. Die Buchsbäume zum Beispiel können noch bis zum September in Form gebracht oder gehalten werden. Danach haben neue Triebe nicht mehr genügend Zeit, bis zum Frost hart genug zu werden. Jetzt ist auch die beste Zeit für den ersten Lavendelschnitt. Mit den langen, vertrockneten Blütenstängeln kürze ich gleichzeitig auch die Triebspitzen ein paar Zentimeter ein. Ein kräftigerer Schnitt ist erst im Frühjahr dran. Das hält die Sträucher kompakt und schützt die unteren Bereiche vor dem Verholzen.

Nein, wirklich. Im Garten ist es ruhiger geworden ist. Es fehlt der Gesang der Vögel. Das hat zwei Gründe, wie Marco Sommerfeld, Vogel-Experte beim Hamburger Naturschutz-Bund (Nabu), erklärt. Erstens geht schon im Juli die Brutzeit zu Ende, und dem Vogel ist dann die Lust am Zwitschern vergangen. Und zweitens sind die ersten Vögel schon wieder weg. Als Erster macht der Kuckuck den Abflug. Der ist auch, meist um den 15. April herum, als Letzter gekommen, weil er sich nicht um Nestbau für seine Nachkommen kümmern muss. Das Weibchen legt bekanntlich seine Eier in fremde Nester und überlässt die fremde Brut den unfreiwilligen Adoptiveltern. Last in, first out. Schon im Juli ist er wieder weg. Richtung Äquator.

Ufer-, Mehl- und Bauernhofschwalben haben schon den Abflug gemacht, zum Kap der Guten Hoffnung in Südafrika. Auch Baumpieper, Gartenrotschwanz, Nachtigall und Ortolan, besser bekannt als Gartenammer, sind schon unterwegs. Nicht zu vergessen der kleine Wendehals, den es im Wendland noch gibt, wo sich auch unser kleiner Mühlenpark befindet. Wenn wir jetzt noch den kleinen Zilpzalp, dessen Name sich wie der des Kuckucks von seinem Ruf ableitet, in Gärten und Parks sehen, sind das schon Verwandte aus Skandinavien, die hier Rast machen. Unsere heimischen Laubsänger sind längst schon unterwegs in den Süden.

Da ist auch Zeit, einer meiner Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen, dem Stöbern nach Schnäppchen in Baumschulen und Gärtnereien. Jetzt zum Beispiel muss alles raus, was im Frühjahr oder Sommer blüht. Die Gartenindustrie setzt nämlich darauf, dass die Gärtner und vor allem Gärtnerinnen Pflanzen kurz vor oder in voller Blüte bevorzugen. Im Spätsommer vergangenen Jahres habe ich 25 Carex morrowii Ice Dance für 1,50 Euro das Stück „geschossen“, die ursprünglich 3,10 Euro kosten sollten. Die bis zu 40 Zentimeter hoch und breit werdenden Gräser können mit ihrem breiten weißen Rand wunderbar Schattenpartien unter großen Bäumen regelrecht aufhellen. Vor Kurzem habe ich 30 Maiglöckchen für 20 Euro ergattert. Im Frühjahr, vor der Blüte, hatten sie noch 3,20 Euro das Stück gekostet. Die ziehen zwar bald ihre Blätter zum Überwintern ein, blühen aber im nächsten Frühjahr wie gerade gekauft.

Als meine Frau Anke und ich jetzt ein Geschenk zum Geburtstag ihrer Tante suchten, steuerte ich zielsicher auf die herabgesetzten Rosen zu. Klassiker halt, da kann man auch nix falsch machen. Kurz vor der Kasse zog mich Anke am Arm. Sie habe da ein Superschnäppchen entdeckt, von 69 auf 29 Euro heruntergesetzt, und es sehe fast aus wie eine Rose. Also fast. Es war ein Wandelröschen mit nicht mehr allzu vielen Blüten, aber immerhin noch etlichen Knospen und gut einen Meter hoch.

Gut dass die Tante eine passionierte Gärtnerin ist und auch eine nicht mehr in voller Blüte stehende Kübelpflanze zu schätzen weiß, die spätestens Ende Oktober ins Haus muss. In den Wintergarten oder an ein helles Plätzchen im Treppenhaus. Es sollte dort nicht kälter als zehn Grad werden. Denn Lantana camara stammt aus dem tropischen Amerika. Trockene Heizungsluft verträgt sie nicht so gut, die Pflanzerde sollte auch im Winter immer ein bisschen feucht sein. Der Winter ist auch die beste Jahreszeit, um die Triebe einzukürzen. Für dichten Wuchs und Blühfreude im nächsten Sommer.

1692, wir haben das Zeitalter der Renaissance, kam das Wandelröschen nach Europa – zunächst in die Orangerien der Schönen und Reichen jener Zeit. Sommertags zierte es kunstvolle Gärten und Freitreppen von Schlössern und Landsitzen des Adels. Natürlich fand die Tropenpflanze, die in ihrer Heimat sogar zu Kleinbäumen heranwachsen kann, auch bald ihren Weg in Gärten und auf Balkone – sozusagen die bürgerliche Mini-Ausgabe des herrschaftlichen Freisitzes. Seinen Namen verdankt das Wandelröschen dem Wechsel der Blüten von Gelb auf Orange. Ein Klassiker, und wie der Sommerflieder zieht auch das Wandelröschen Schmetterlinge magisch an.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth