Safran galt einst als Wundermittel, heute ist er das teuerste Gewürz. Der Krokus, aus dem er stammt, ziert indes für wenig Geld den Garten

Eine Weisheit der Dakota-Indianer besagt: „Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, dann steig ab.“ Hört sich simpel an, aber im wirklichen Leben haben wir viele Methoden entwickelt, dem Unausweichlichen doch noch ausweichen zu wollen. Politiker lieben die Einrichtung eines Arbeitskreises. In der Hoffnung, neue Kriterien zu finden, wann ein Pferd wirklich tot ist? Am einfachsten ist die Vogel-Strauß-Methode. Wir stecken den Kopf in den Sand und behaupten einfach: So haben wir die Pferde immer schon geritten.

Als Gärtner bin ich auch nicht immer der Erkenntnis der weisen Dakota-Indianer gefolgt. „Willst du einen Gewürzhandel aufmachen?“, fragte mich mal Alexandra Hoyer, eine der Gärtnerinnen meines Vertrauens, als ich zum dritten Mal bei ihr Safran-Knollen bestellte. Crocus sativus ist jene Krokus­sorte, die anders als ihre Verwandten nicht im Frühjahr, sondern von Ende September bis Mitte November blüht und deren Knollen Ende August gepflanzt werden sollten.

Natürlich wollte ich aus den Blüten nicht Safran gewinnen, einst das teuerste Gewürz der Welt und heute noch kein billiges Massenprodukt. Aus den Knollen waren nur kümmerliche Triebe ohne Blüten gekommen. Dabei hatte ich doch alles richtig gemacht. Dachte ich jedenfalls. Wie bei den anderen Krokusarten hatte ich eine Platte aus dem Rasen gestochen, den Boden gründlich gelockert und die Knollen etwa 15 Zentimeter tief versenkt. Der Standort war schön sonnig, gewässert hatte ich die Pflanzstelle auch. Aber so leicht wollte ich nicht aufgeben, deckte im Winter die Pflanzstellen mit Reisig ab. Vielleicht würde es ja im nächsten Herbst was.

Natürlich nicht – und ich war in meiner Gärtnerehre tief gekränkt. War mir der „Grüne Daumen“, von dem meine Frau Anke gern so stolz Freunden und Verwandten erzählte, wieder abhandengekommen? Wobei so ein grüner Daumen, das muss man ehrlicherweise sagen, nicht angeboren ist, sondern durch Übung und Einhaltung von gärtnerischen Regeln erworben wird. Genau genommen war mein angeblicher grüner Daumen das Ergebnis von Versuch und Irrtum beim Anlegen unseres kleinen Mühlenparks im Wendland. Mancher Strauch kümmerte, einige waren gar nicht erst angegangen. Anke hat da wohl eine leicht verklärte Sichtweise auf meine angeblich angeborenen Gaben. Aber ich bin natürlich gern ihr Held und widerspreche nur ausgesprochen matt.

Einen Fehler habe ich allerdings nur einmal gemacht. Wenn etwa ein Strauch nicht angegangen war, habe ich ihn nie noch einmal an derselben Stelle wieder gepflanzt. Das hatte mir Alexandras leider zu früh verstorbener Mann, ein erfahrener Gärtnermeister, eingebläut. „Eine Pflanze hat sich was dabei gedacht, wenn sie an einer Stelle nicht leben kann“, hatte er mir erklärt.

Den Fehler hatte ich bei den Safran-Knollen gemacht – und obendrein nicht bedacht, dass Crocus sativus, anders als andere Krokusarten, sich äußerst schwer damit tut, dichten Rasenfilz zu durchstoßen. Die neuen Safran-Knollen kommen nun ins Beet, nicht in den Rasen.

Diesmal soll nix schiefgehen, ich freue mich schon auf die Blüten im Oktober. Und Safran für Fisch oder eine Paella kaufe ich lieber im Laden. Denn für ein Kilo Safran bräuchte man etwa 200.000 Blüten, für ein Gramm Safran also 200, und daraus nur die jeweils drei klitzekleinen, süßaromatisch duftenden Stempelfäden, die man getrocknet als Gewürz verwendet. Das ist mühsame Handarbeit. Geübte Pflücker etwa in den Mittelmeerländern, im Iran oder Afghanistan, wo Safran gewerbsmäßig angebaut wird, schaffen 60 bis 80 Gramm am Tag. Im Einzelhandel zahlt man bei uns bis zu 20 Euro pro Gramm. In der Antike galt Safran als das Gewürz der Götter und wurde fast mit Gold aufgewogen. So sündhaft teuer war es. Bei solchen Preisen wurden dem Gewürz gleich noch andere Eigenschaften angedichtet. Römische Kaiser versetzten damit ihr Badewasser. Nicht, weil sie besser riechen wollten. Safran war auch so etwas wie das Viagra der Antike, sollte angeblich die Manneskraft stärken.

Der Safran-Krokus selber entspringt einer Laune der Natur und hat es mit Sex nicht so. Als eine Mutation des Crocus cartwrightianus mit einem dreifachen Chromosomensatz ist er steril und kann sich nicht über Bestäubung, wie der Sex unter Pflanzen heißt, sondern nur vegetativ über Knollenteilung vermehren.

Safran-Krokus wächst am besten in lockerem, sandigem und damit durchlässigem Boden. Staunässe mag er nicht. Dann blüht er auch ausgesprochen schön, sehr violett, mit auffällig roten Staubfäden. Umpflanzen nach einigen Jahren erhöht die Blühfreudigkeit.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth