Kletterrosen der Sorte „Perennial Blue“ sind ideal dafür. Und sie widerstehen sogarMehl- und Sternrusstau – auch ganz ohne den Einsatz von Chemie

Also doch. Es ist, mal wieder, die Chemie. Mainzer und Frankfurter Wissenschaftler haben herausgefunden, dass bestimmte Insektizide selbst in geringen Konzentrationen für das derzeitige Bienensterben verantwortlich sein können. Das Ganze ist ein wenig kompliziert, funktioniert aber im Prinzip so: Giftige Neonikotinoide in den Spritzmitteln sorgen dafür, dass die Ammenbienen ihre Hauptaufgabe, die Aufzucht von Larven, vernachlässigen. Ammen sind, wie schon der Name sagt, diejenigen Arbeiterinnen in Staaten von Bienen und Hummeln, die mit einem speziellen Sekret ihrer Kopfdrüsen, dem Futtersaft, die Larven füttern. Das Gift sorgt dafür, dass sie ihre Aufgabe quasi vergessen – so als ob Mütter plötzlich ihre Babys nicht mehr stillen. Außerdem sorgen sie für die richtige Temperatur im Bienenstock. Aber was nützt die beste Heizung, wenn der Nachwuchs verhungert?

Vor drei Jahren hatte die EU den Einsatz von drei solcher Insektizide vorübergehend eingeschränkt, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, weil die Neonikotinoide den Bestand von Wildbienen und Hummeln reduzieren könnten. Befürworter von Insektiziden machen für das Bienensterben hingegen eine aus Amerika eingeschleppte Milbenart verantwortlich.

Es gibt aber auch deswegen weniger Bienen, weil sie immer weniger Pflanzen mit dem für sie überlebenswichtigen Nektar vorfinden – was unter anderem mit dem Einsatz von Herbiziden wie dem umstrittenen Glyphosat zusammenhängt. Das Zeug spritzt die Landwirtschaft großflächig gegen Quecke, Melde und Co. auf den Feldern. Zwei für die Gesundheit der Menschen zuständige Uno-Organisationen haben Glyphosat ganz unterschiedlich eingestuft: Die eine hält es für „wahrscheinlich krebserregend“, die andere für weitgehend ungefährlich.

Droht jetzt – wie beim Streit um Glyphosat, das wir Gärtner auch als Roundup im Baumarkt kaufen können – auch ein Krieg der Experten und der Politiker um den Einsatz oder ein Verbot von Spritzmitteln gegen schädliche Insekten? Ich spritze jedenfalls schon länger keine Chemie mehr. Und wenn ich zu faul bin, selber entsprechende Jauchen und Brühen anzusetzen, kaufe ich ökologisch unbedenkliche Mittel im Fachhandel.

Seit Jahren achte ich darauf, dass Stauden das Prädikat „Bienenweide“ haben. Die ziehen auch Hummeln oder Schmetterlinge wie magnetisch an. Wie meine Kletterrose „Perennial Blue“, die natürlich nicht wirklich diese Farbe hat, weil es noch immer nicht gelungen ist, wirklich blaue Blüten zu züchten. Dafür ist der Rambler, der sich gut für Rankgitter und Bögen eignet, erstaunlich widerstandsfähig gegen so hässliche Krankheiten wie Mehl- und Sternrußtau. Dafür gab es 2014 auch das begehrte ADR-Gütesiegel. Die in Dolden erscheinenden, erst lila-rosa, dann violettblau verblassenden Blüten sind auch deswegen eine Bienenweide, weil sie nicht geschlossen sind wie etwa bei einer Edelrose. Da kommen Bienen erst gar nicht an den Nektar ran. „Perennial Blue“ rankt sich bei mir in einen Baum und ist in sieben Jahren bereits fast drei Meter hoch geworden. Die Rose braucht Sonne und macht eigentlich die meiste Arbeit, wenn ich im Sommer verblühte Dolden für einen guten Nach-Flor rausschneide.

„Perennial Blue“ ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass sich die Gartenindustrie längst auf ein verantwortungsvolleres Verbraucherverhalten eingerichtet hat. Schlichte Schönheiten mit offenen oder halboffenen Blüten erleben seit Jahren eine Renaissance – auch wenn sie nicht so intensiv duften wie die romantischen, gefüllten Rosen im englischen Stil. Die neuen Sorten, sagt etwa Thomas Proll von der Rosenzüchterei Kordes in Elmshorn in einer Fachzeitschrift, sprächen Menschen an, die in ihrem Garten ein „Stück intakter Natur schaffen möchten“. Und dazu gehörten nun mal Hummeln, Bienen und Schmetterlinge. Blattgesundheit steht also bei den Neuzüchtungen an erster Stelle: „Wer will denn heute noch spritzen.“

Die neuen Sorten sind geschützte Marken und haben bezeichnenderweise Namen wie „Bienenweide“. Die einzelnen Sorten tragen Zusätze wie „Rot“, „Gelb“, „Apricot oder „Weiß“. Unter der Marke „Nektar Garten“ gibt es zum Beispiel „Escimo“ in Weiß, „Dolomiti“ oder „Juanita“ in Rosa – als Zwerg-, Beet- oder Kleinstrauchrosen. „Bee Lovely“ wird bis zu 120 Zentimeter hoch.

Natürlich ist das auch ein gutes Geschäft für die Garten-Industrie. Bei einem Verbot von Glyphosat müssten die Bauern statt zu spritzen wieder mehr pflügen und eggen. Neue Maschinen werden schon seit Jahren entwickelt, hat mir ein Nachbar und Bauer verraten. Das sei auch ganz gut so, sagte er.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth