Rindenmulch auf Beeten mag ordentlich aussehen und Unkraut vernichten. Doch womit der Laie nicht rechnet: Er zerstört auch die anderen Pflanzen

Wankelmut tut selten gut – im Garten wie in der Politik. „Mal die Klappe halten“, bügelte die rheinland-pfälzische Wahlkämpferin Julia Klöckner innerparteiliche Gegner der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel ab. So lange ist das noch nicht her. Seit aber der sicher geglaubte Wahlsieg offenbar in Gefahr gerät, fällt die CDU-Politikerin der Kanzlerin selber mit neuen Vorschlägen in den Rücken. SPD-Chef Sigmar Gabriel weiß, dass so etwas selten gut geht. Als niedersächsischer Ministerpräsident 2003 machte er wegen wachsender Kritik an der Agenda-Politik von Gerhard Schröder plötzlich Wahlkampf gegen seinen eigenen Kanzler. Er handelte sich eine erdrutschartige Niederlage gegen Christian Wulff ein, der bis dato als ewiger Verlierer gegolten hatte. Wulff stieg später sogar zum Bundespräsidenten auf, Gabriel wurde erst einmal Pop-Beauftragter der SPD.

Das mit dem Wankelmut hätte ich auch wissen müssen, spätestens seit ich vor gut 15 Jahren zu Beginn des Lebens in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland eine Rosenhecke mit Holzhäcksel gemulcht hatte – auf den Rat eines Freundes, der ein guter Bauer, aber leider kein guter Gärtner war. Bei den Landschaftsgärtnern des Kreises könne man Holzhäcksel vom Winterschnitt der Chausseebäume bekommen. So gut wie umsonst. Man müsse nur selber abholen. Wenn ich den Häcksel dick unter der Hecke ausbringen würde, wäre Schluss mit Jäten.

Das klang verlockend – und funktionierte auch. Im ersten Jahr. Im zweiten bekamen die Rosen Mehl- und Sternrußtau, gefürchtete Pilzkrankheiten. Gleichzeitig breiteten sich im Unterholz kleine Röhrenpilze aus, die bald in den angrenzenden Rasen wucherten. Dafür gab es kaum Unkraut.

„Bloß weg mit dem Zeug!“ Mit diesem Rat kam meine Frau Anke von Jochen Hoyer zurück, einem leider viel zu früh verstorbenen Gärtnermeister aus Dahlenburg. Häcksel könne zwar Unkraut verhindern, sei aber der ideale Nährboden für Pilze aller Art. Wühlmäuse fühlten sich unter der wärmenden Mulchschicht wohl, Schnecken auch. Stattdessen empfahl er Kompost.

Bis zu zehn Zentimeter dick aufgetragen, verhindere er auch Unkraut, sei aber gleichzeitig auch ein idealer Dünger. Es wurden zwei arbeitsreiche Wochenenden damals. Erst raus mit dem Holzhäcksel, dann rauf mit dem Kompost. Von dem schwarzen, garantiert unkrautfreien Ackergold hatte unser Freund und Landwirt gleich einen ganzen Anhänger voll von einer nahen Kompostieranlage herangekarrt – und für die Anlieferung nicht einmal den Diesel für den Trecker berechnet. Ich glaube, er hatte noch ein schlechtes Gewissen.

Die Rosen erholten sich, auch andere Gehölze in den gerade gepflanzten Wildhecken gingen ab wie Schmitz’ Katze. Seitdem mulchen und düngen wir fast ausschließlich mit Kompost. Ist auch noch ausgesprochen öko.

Wankelmut, ich sag’s noch mal, tut selten gut. Ich bin dann noch einmal den Werbeversprechen erlegen, diesmal denen der Gartenindustrie. Zwei prächtige Zypressen markieren bei uns den Anfang einer Sichtachse. Die dazugehörigen Baumscheiben hatte ich mit altem Straßenpflaster eingefasst. Richtig schick – und dazu würde eine Mulchschicht aus grob zerkleinerter Pinienborke wunderbar passen, fand auch Anke. Diesmal mache ich alles richtig, wischte ich ihre Bedenken weg, als sie an unser Mulch-Erlebnis mit dem Holzhäcksel erinnerte. Ich arbeitete zunächst eine große Portion Hornspäne in den Boden ein, bevor ich die edle Pinienborke auftrug. Das würde den Stickstoffverlust ersetzen, der zunächst entstehe, ehe die Pinienrinde zu purem Dünger verrotte. Sagte jedenfalls der Verkäufer im Gartencenter.

Das Unkraut wurde geradezu erstickt von Gerbsäuren, Harzen und Phenolen der Borke. Im ersten Jahr trieben die Zypressen weiter aus, dann kaum noch. Ich versuchte es mit Extra-Gaben von Wasser, weil ich in einem wissenschaftlichen Aufsatz zur Apfelbaum-Zucht gelesen hatte, dass Borkenhäcksel zwar den Boden vor Austrocknung schütze, aber gleichzeitig weniger Feuchtigkeit durchlasse. Ein Teufelskreis, fand ich und stieß dann auf einen Artikel von Gabriella Pape, der Leiterin der Königlichen Gartenakademie in Berlin. „Stoppt die Mulchmanie!“, fordert sie und empfiehlt stattdessen eine Unterpflanzung mit wenig nährstoffzehrenden Stauden wie schattenverträglichen Storchschnabelarten. Die Gase, die sich im Rindenmulch bildeten, strömten in die Beete und vergasten dort regelrecht Stauden und empfindliche Pflanzen wie Azaleen oder Rhododendren. Woher soll auch, fragt Frau Pape, Rindenhäcksel wissen, ob zum Beispiel mein Königsfarn eine Zierde oder nur Unkraut ist?

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth