In New York gelang 1950 eine Magnolien-Züchtung, die bei uns erst allmählich entdeckt wird. Es lohnt sich: Sie besticht durch herrlich gelbe und große Blüten

„Die werden doch nicht schon aufgehen?“, fragte ich mich einen Moment, als ich diese Woche den üblichen Inspektionsrundgang durch unseren kleinen Mühlenpark im Wendland machte. Gerade hatte ich mich über die Schneeglöckchen und Märzenbecher gefreut, die ersten Krokusse liebevoll bewundert und vorsichtig einen Bogen um die Spitzen der Narzissen gemacht, die aus dem Rasen lugten – da bekam ich es, für einen Moment jedenfalls, mit der Angst zu tun. Nachts war das Thermometer noch einmal auf sieben Grad minus gefallen, doch die Knospen von Flieder, Kletterjasmin und Tulpenmagnolie waren so dick und prall, dass die Hüllblätter fast zu platzen schienen.

Ich hatte natürlich nicht wirklich Angst. Sagen wir mal, ich war für einen Moment besorgt. Ein paar Tage zuvor hatte ich noch meiner Frau Anke davon abgeraten, als diese schon die warmen Sachen einpacken und wieder im Keller verstauen wollte. „Der Winter ist doch vorbei“, sagte sie leichthin. Erst als ich daran erinnerte, das wir noch vor ein paar Jahren Ostereier im Schnee gesucht hatten, ließ sie ab – um anfangs der Woche vor der Abreise aufs Land aber gleich wieder zu mahnen: „Vergiss die dicke Jacke nicht, es soll wieder Frost geben, haben sie im Fernsehen gesagt.“ Frauen, sag ich nur.

Aber neigen die Wetterfrösche im TV nicht schon länger zur Übertreibung? Was haben die in den letzten Jahren nicht schon für Katastrophenwarnungen herausgegeben! Seit sie vor fast 20 Jahren einen wirklichen Orkan nicht richtig eingeschätzt hatten und dafür von Jörg Kachelmann böse an den Pranger gestellt worden waren, alarmieren sie dauernd. Sie geben sich ganz bedeutungsvoll, wenn sie ihre Warnungen aussprechen, und gucken dabei wie Innenminister de Maizière, wenn der sagt: „Einzelheiten würden weite Teile der Bevölkerung nur beunruhigen.“ Der Politiker sorgt so für die Absage von Fußball-Länderspielen, die Wetterfrösche für den Ausfall von Rosenmontagsumzügen. Nach dem Motto: Lieber zehnmal übertreiben als einmal danebenliegen. Ich glaube ja, dass Kachelmanns Attacke auf den Deutschen Wetterdienst zu seinem Geschäftsmodell gehörte. Danach kam er selber so richtig zum Zug, etwa in der ARD, wo er doch bis dato eher bei den privaten Sendern zu Hause war.

Aber zurück zu den Magnolien, die vor 100 Millionen Jahren auch bei uns zu Hause waren, bis die verschiedenen Eiszeiten ihnen ein Ende bereiteten. So gesehen haben sie auch keinen Migrationshintergrund, auch wenn die meisten der Gehölze, die mit ihren wunderschönen Blüten zu den Stars in unseren Gärten und Parks gehören, heute meist aus Japan und China stammen. Zu den bekanntesten zählen die Stern-Magnolie (M. stellata), deren strahlend weiße Blüten oft schon im März erscheinen, und die Tulpen-Magnolie (M. soulan­giana), die später, aber dafür bis in den späten Mai blüht – und zwar auch, bevor sie Blätter ansetzt. Die Magnolia siboldii lässt ihren Blättern den Vortritt und blüht erst im Juni und Juli.

Von allen gibt es Züchtungen, wobei ich die rosafarbene Stellata-Züchtung besonders hübsch finde. Die asiatischen Magnolien sind alle winterhart, also auch die Knospen, sogar bei uns in Norddeutschland – wenn man sie nicht gerade auf einer offenen Fläche pflanzt und kalten Ostwinden aussetzt. Weniger frosthart sind die amerikanischen Schwestern der Magnolien. Die Grandiflora ist sogar immergrün, hat Riesenblüten, aber wächst bei uns nur in südlicheren Gefilden, und dann auch nur in geschützten Lagen. Am besten noch in Wintergärten. Die Magnolia acuminata, die wegen der Form ihrer Früchte auch Gurken-Magnolie heißt, ist ausgesprochen schnellwüchsig und wird in den USA bis zu 20 Meter groß – also deutlich höher als die japanischen Schwestern bei uns, die kaum mehr als fünf Meter erreichen.

Japanische Winterhärte und Blütenpracht mit amerikanischer Wuchsfreude zu paaren – das gelang 1950 Fachleuten vom Botanischen Garten in New Yorker Stadtteil Brooklyn. Im Schatten der Wolkenkratzer entstand so die Magnolia brooklynensis. Und wenn der Amerikaner schon mal was entwickelt hat, macht er immer weiter – wie beim iPhone, wo es auch immer neue Modelle gibt. Gemeinsam ist all diesen Züchtungen, dass sie wunderbare gelbe Blüten haben, die bis zu zehn Zentimeter groß werden. Es gibt Strauch- und eher schlanke Formen, manche werden groß wie Bäume, also über zehn Meter – und das sehr rasch. In unseren Gärten sind sie noch recht selten, sie werden aber schon von den großen Garten-Fachhändlern angeboten. Die strauchige Sorte „Yellow Bird“ ist die bekannteste. Als der Discounter Lidl sie in sein Internet-Sortiment nahm, war sie innerhalb weniger Tage ausverkauft.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth