Die schönsten und teuersten Häuschen sind nicht immer geeignet. Am sichersten sind Futtersilos, wenn man sie nahe eines Anflugbaumes stellt.

Der Winter ist des Gärtners schönste Zeit. Dachte sich auch Hans, ein guter Bekannter, der mit seiner Frau Marlene aus der Stadt aufs Land gezogen war. Vom alten Ohrensessel vor den bodentief verglasten Fenstern hatte er einen prächtigen Blick auf eine weitläufige Terrasse und den großen Garten mit Teich. Draußen knackt der Frost und drinnen das Kaminfeuer. Ein Bündel Lavendelrispen verglüht in den Flammen und erfüllt mit seinen wunderbaren Aromen den Wohnraum. Zu Leonard Cohens wehmütiger Ballade „Bird On Wire“ wollte Freund Hans, gern auch bei einem Glas guten Rotwein, Amseln und Rotkehlchen beobachten, die sich an dem großen Futterhaus am reichlich gedeckten Tisch laben sollten.

Nur: Die Vögel kamen nicht. Jedenfalls nicht in so großer Zahl, wie Hans sich das erhofft hatte. Das Futterhaus war riesig, stilecht aus derbem Holz, das Dach mit Birkenrinde bedeckt. Das teuerste und größte, das er hatte besorgen können. Seine Frau hatte sogar an ein Designer-Häuschen aus Edelstahl gedacht, was Hans aber gleich verworfen hatte: „Nicht artgerecht!“

Nun ist Hans gelernter Journalist und weiß, was in solchen Momenten zu tun ist. Er recherchierte, lud sich aus dem Internet Tipps zum richtigen Füttern der Vögel herunter. Kaufte teures Spezialfutter. Doch „seine“ Vögel glänzten weiter durch Abwesenheit. Waren die Viecher etwa zu blöd?

Natürlich nicht. Den entscheidenden Hinweis bekam Hans in seinem Lieblings-Landgasthaus, wo er von seinem Lieblingstisch aus so wunderbar die Vögel beim Fressen im Futterhäuschen beobachten konnte. Genau so hatte er es doch auch bei sich haben wollen. „Wahrscheinlich“, vermutete die Wirtin, „steht das Futterhaus mitten auf deiner großen Terrasse, damit du alles im Blick hast.“

So war es. Aber Vögel sind scheu, haben natürliche Fluchtinstinkte, mögen mithin kein Leben wie auf dem Präsentierteller – auch nicht bei der Nahrungsaufnahme. Das Futterhäuschen der Lieblingswirtin stand am Rand einer Terrasse, knapp zwei Meter neben einem höheren Fliederstrauch – weit genug weg, damit sich zum Beispiel Katzen nicht unbemerkt anschleichen konnten. Im Flieder konnten die Tiere zunächst sicher landen – und waren gleichzeitig geschützt vor Feinden aus der Luft. Wer Nistkästen im Garten hat, hat sicher auch schon beobachtet, dass die Vogeleltern den Nachwuchs selten direkt anfliegen, sondern erst eine Zwischenlandung machen, um Feinde nicht zum Nest zu führen.

Die Geister scheiden sich bei Naturschützern bei der Frage, wann und wie lange man Vögel füttern soll. Jetzt mit dem ersten Kälteeinbruch kann man auf jeden Fall mit der Fütterung beginnen. Der Naturschutzbund (Nabu) rät, die Vögel durchgehend bis zum Ende des Winters zu füttern. Denn sie gewöhnen sich daran und sind erstaunt, wenn es plötzlich nichts mehr gibt. Durch die Fütterung verlernen Vögel übrigens nicht, im Frühjahr wieder selbst Nahrung zu suchen. Ein zu langer Fütterungszeitraum ist auch kein Problem, weil es den Tieren nicht schadet, mit einer Fettreserve in die Brutperiode zu starten. Umstritten ist aber, ob man für Vögel ganzjährig Futterstellen vorhalten darf. Aber wer will etwa einer alten Dame verbieten, auf ihrem Stadtbalkon ganzjährig ein Tellerchen mit Futter aufzustellen. In der Stadt lebende Tiere haben eh ihre Fressgewohnheiten geändert und ernähren sich nicht mehr ausschließlich von Samenkörnern oder Insekten – eine klassische Win-win-Situation, für die Piepmätze genauso wie für die alte Dame.

Wichtig ist auch das regelmäßige Säubern der Futterstelle, damit durch Verkotung keine Infektionsquellen entstehen. Meine Frau Anke ist eine sehr praktische Frau. Sie findet zwar Futterhäuschen romantischer, aber Futtersilos pflegeleichter. In ihnen ist die Vogelnahrung geschützt vor Witterung, kann also auch nicht verschimmeln. Die hängte sie in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland am liebsten in die Nähe von Nistkästen, weil die Vögel da „nicht so lange suchen müssen“. Sie verwendet hochwertiges Wildvogelfutter und die bewährten Meisenknödel, mit denen man nix falsch machen kann. Mit der Art des Futters kann man bestimmte Vogelarten anlocken. Amseln und Rotkehlchen sind ganz heiß auf Äpfel, Rosinen oder Getreideflocken. Finken fahren auf Sonnenblumenkerne und Erdnussbruch ab, Meisen und Sperlinge fressen fast alles. Speisereste und altes Brot sollte man auf keinen Fall verfüttern, da Vögel Salz und Gewürze nicht vertragen. Praktische Videos zum Bau von Vogelhäuschen und Silos sowie zum Selbermixen von Futter gibt es übrigens beim Nabu Hamburg (Tel. 040/697 08 90 oder info@nabu-hamburg.de).

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth