Kaum ein anderes Tier in unseren Breiten hat nach menschlichen Maßstäben so viel kriminelle Energie wie der Marder. Wie man sich schützt...

Mit dem Glück ist es so eine Sache. Für den großen Griechen Aristoteles war es die Politik. Mehr als 2000 Jahre später sehen das seine krisengebeutelten Landsleute sicher nicht alle so. Angela Merkel, glaube ich, braucht dringend ein glückliches Händchen für ihre Flüchtlingspolitik. Ihre Probleme hatte Udo Jürgens nicht. Für ihn war Glück schon die Abwesenheit von Unglück.

„Das war der Marder“, sagte mir neulich der Mechatroniker, als ich unser Auto in die Inspektion gebracht hatte – und deutete auf zerfetztes Dämm-Material unter der Motorhaube. Ansonsten waren aber keine Bissspuren zu sehen. Weder an Kabeln noch an Schläuchen. Glück gehabt. Wir hatten aber auch schon mal Pech, was ja im Sinne des großen Fußball-Philosophen Jürgen „Kobra“ Wegmann (Bayern München, 1987–1989) immerhin die Steigerung von „kein Glück haben“ ist.

Als meine Frau Anke und ich vor einigen Jahren an einem Montagmorgen von unserer Mühle im Wendland zu unseren Jobs nach Hamburg fahren wollten, gab unser Auto keinen Mucks von sich. „Der Wagen muss in die Werkstatt“, wusste mein Nachbar Peter nach einem Blick unter die Motorhaube, als ich noch an eine leere Batterie glaubte – und an das Überbrückungskabel, das er dabei hatte.

Es war der Marder gewesen – und ich kein Einzelschicksal. Rund 223.000 Fälle von Sachbeschädigung durch das nachtaktive, kaum katzengroße Raubtier zählten die Autoversicherer allein im Jahr 2012. Gesamtschaden: 64 Millionen Euro. Tendenz steigend, sagt jedenfalls die Versicherungswirtschaft.

Die Pannenhelfer des ADAC werden dagegen immer weniger zu Hilfe gerufen. 14.300-mal im Jahr 2013, vor 15 Jahren wurden noch 17.000 Einsätze gemeldet. Tendenz also fallend. Liegt es an abnehmender Beliebtheit des ADAC, oder sind einfach nur die Werkstattpreise gestiegen? Ich weiß es nicht. Die Auto-Hersteller bemühen sich jedenfalls selber um Schadensbegrenzung. Kabel und Schläuche, erklärte mir der Service-Mann bei der letzten Inspektion, seien bei neueren Modellen so ummantelt, dass der Marder sie so einfach nicht durchbeißen könne. Meist natürlich gegen Aufpreise. Das wäre aber eine sinnvollere Innovation für den Verbraucher als die Schummel-Software von Volkswagen, die geringeren Schadstoff-Ausstoß vorgaukelt.

Viel Aufhebens also um den kleinen bräunlichen Beißer, der früher nur in der freien Natur zu Hause war, sich heute aber längst auch auf den Dachböden der Städte heimisch fühlt. Am häufigsten ist der Steinmarder, der deswegen bei uns auch Hausmarder heißt. Verwandte des Marders sind Baummarder, Iltis, Otter, Nerz und Faultier – und der Skunk in Amerika, der auch Stinktier heißt, weil er zur Gefahrenabwehr den Schwanz hebt und eine üble riechende Duftwolke ausstoßen kann.

Stinken tut auch der Hausmarder. Er verspritzt eine übelriechende Flüssigkeit, um so sein Revier zu markieren, was etwa einen Quadratkilometer umfasst. Den Tag verbringt er in verlassenen Höhlen, die Fuchs oder Kaninchen gebuddelt haben. Nachts jagt er Mäuse oder auch Kaninchen. In der Not nimmt der Allesfresser auch mit Aas und Beeren vorlieb.

Wahre Leckerbissen sind Vogeleier und Küken – weswegen Hühnerhalter auf dem Land ihn so fürchten wie sonst nur den Fuchs. Er schnappt sich nicht nur das, was er zum Fressen braucht. Aufgeregte Hühner lösen in ihm eine Beiß- und Mordwut aus. Er schnappt nach allem, was sich bewegt, und beißt es tot. Wenn die Hühnerhalter nicht rechtzeitig aufwachen und ihn vertreiben, kann der Marder ein wahres Massaker veranstalten.

In solch einen Beißrausch gerät der Marder ansonsten nur, wenn er die Duftmarken eines Konkurrenten riecht. Etwa im Motorraum eines Autos. Den sieht er als eine Art Ersatzhöhle an – wie auch die Böden von Häusern und Scheunen –, von dem aus die Marder-Mutter zum Beispiel entspannt ihre Jungen beobachten kann, wenn die unter dem Auto spielen. Kommt ihm allerdings fremder Geruch in die Nase, beißt er nach allem, was ihm zwischen die Zähne kommt. Schmecken tut ihm das nicht. Er frisst weder Gummi noch Plastik. Der beste Schutz, empfiehlt übrigens der ADAC, ist eine regelmäßige Motorwäsche – damit das Auto nicht nach fremden Mardern riecht.

Der Marder ist schlau und gewöhnt sich an alles – auch an alte Hausmittel wie Hunde- und Katzenhaare, Drahtmatten unter dem Auto oder Klosteine im Motorraum. Auch die Wirkung von Sprays und Duftbällchen, selbst von Ultraschallgeräten gilt als durchweg überschaubar – wie übrigens bei denen gegen Maulwürfe oder Wühlmäuse.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth