Forscher aus Osnabrück wollen die Früchte kreuzen. Bis zur Serienreife kann es aber noch dauern. Apropos: Was wurde eigentlich aus der Jostabeere?

Die Birne ist meist lecker und süß, gilt aber nicht gerade als knackig. Der Apfel ist oft eher fein säuerlich, dafür aber gern knackig. Nun soll man ja nach einer alten Volksweisheit Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Aber wie wäre es, wenn man das Beste aus beiden vereint? Das Bundesforschungsministerium spendiert der Hochschule in Osnabrück 233.000 Euro für die Entwicklung eines Apfel-Birne-Hybrids, so heißt das in der Fachsprache.

Für die Züchter-Initiative Süderelbe (ZIN), der gut 200 Obstbauern aus dem Alten Land bei Hamburg angehören, wäre ein Erfolg mehr als ein Sechser im Lotto, nämlich die Chance, in der Obstwelt Marktführer mit einer eigenen Marke zu werden – wie weiland die Amerikaner mit dem Golden Delicious-Apfel. Der traf in Form, Farbe und Aroma so sehr den Geschmacksnerv der Menschen, dass er bald unter Gentechnik-Verdacht geriet. Der ehemalige Wunderapfel ist aber ein Zufallsprodukt der Natur. Ein Zufallssämling, so heißt das bei den Botanikern, entstanden aus der Goldenen Renette und dem Golden Grimes, entdeckt 1905 auf einer Farm in West-Virginia.

Wartet die Welt jetzt auf den Apfel-Birne- Hybrid aus Osnabrück, dessen Serienreife aber erst in 20 Jahren zu erwarten ist? Man muss das Projekt ja nicht gleich, wie der Bund der Steuerzahler, als Schnapsidee abtun wie die 770.000 Euro, die das Berliner Bildungsministerium in die Schulung von chinesischen Schweinezüchtern steckt, weil dort noch immer ein dramatisches Ungleichgewicht zwischen riesigen Mastanlagen und der traditionellen Kleinsthaltung herrsche. Aber die paar Hunderttausend Euro sind nur ein Klacks gegen die Millionen und Milliarden, die am Berliner Flughafen oder der Elbphilharmonie verbuddelt werden.

Politisch korrekt sind Apfel-Birne-Hybrid-Forscher auf jeden Fall. Zwar warten die Osnabrücker nicht darauf, dass Bienen ihre Bäumchen bestäuben, sondern helfen von Hand nach. Keine Spur von Gentechnik! Es gibt sogar schon erste Namen. Man denkt an Birpfel. Bapfel ging nicht mehr. So heißt eingedeutscht schon die Nishi-Birne (Pyrus pyrifolia) aus Japan. Die ist rund wie ein Apfel, aber eine lupenreine Birne. Wie die Nektarine (Prunus persica eine Pfirsich-Mutation ist und keine Kreuzung mit einer Pflaume. Dieses Gerücht hält sich so hartnäckig wie die Legende von den Krokodilen in New Yorks Abwasserkanälen – wobei die Jungen angeblich bis in die Klos der Wohnungen hochkrabbeln, um Männern ihre wichtigsten Teile abzuknabbern. Jedenfalls hat sich die japanische Apfelbirne bei uns nicht wirklich durchgesetzt, der Anbau gelingt auch optimal nur in von warmem Klima verwöhnten Weinbaugebieten.

„Apart“ nannte meine Frau Anke mal den Geschmack von Jostabeeren, einer Kreuzung aus Stachel- und Johannisbeeren. Diese Hybrid-Form sollte auch das Beste aus zwei Welten vereinen – und hat es nicht zum Weltmarktdurchbruch geschafft. Der Geschmack war nicht so umwerfend wie erhofft, die Ernte war problematisch. Die Früchte reifen nicht gleichzeitig, sitzen fest am Gehölz und sind daher für die Massenproduktion eher unwirtschaftlich. Dafür haben sie es in die deutschen Gärten geschafft. Die Jostabeere wollte ich, als ich mit der Anlage unseres kleinen Mühlenparks im Wendland begann, auch bei uns ansiedeln. Anke wollte lieber die Originale, also Schwarze Johannisbeeren und Stachelbeeren, jeweils auf Stamm – weil man die bequemer pflücken kann: „Du musst auch mal ans Alter denken.“

Eine gute Bekannte aus einem Nachbardorf konnte den Prospekt-Verheißungen der Gartenindustrie nicht widerstehen. Ihre Josta-Sträucher sind mittlerweile drei statt der versprochenen maximalen zwei Meter hoch. Gut, dass sie keinen Reihenhausgarten hat. Sie macht aus den vitaminreichen Beeren einen leckeren Likör und eine ausgezeichnete Marmelade. Die geht im Prinzip ganz einfach: 750 Gramm Beeren waschen, putzen, mit 250 ml Rotwein, 500 Gramm Gelierzucker und einem Esslöffel Zimt in einem Topf unter Rühren zum Kochen bringen und mindestens vier Minuten sprudeln lassen. Dann die Früchte mit dem Pürierstab je nach Gusto zerkleinern, einmal noch kurz aufkochen und gleich in die Gläser geben. Festdrehen und fünf Minuten auf dem Deckel stehen lassen.

Extrem lecker. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es allein an den Beeren liegt oder am Rotwein. Die Freundin ist nämlich ein alter Wolfram-Siebeck-Fan, dessen Kochkolumnen in der „Zeit“ in den 80er- und 90er-Jahren Kult waren. Siebeck war ein bisschen auch ein Snob. Er empfahl nur Wein zum Kochen, den man auch zum Essen trinkt. Nicht irgendeine Plörre oder den sogenannten Kochwein, wie ihn unsere Mütter noch verwendeten.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth