Übelriechende Schwertlilien stinken gar nicht. Nur, wenn man ihre Blätter zwischen den Fingern zerreibt. Aber warum sollte man das tun?

Düfte sind reine Geschmackssache. Davon lebt eine ganze Industrie – und zwar nicht schlecht, wie man in den Parfümerien speziell vor Weihnachten mal wieder beobachten konnte. Ich kann nicht so gut riechen und kaufe daher meiner Frau Anke immer nur ihre Lieblingsdüfte. Da bin ich auf der sicheren Seite. Einmal, das ist schon einige Jahre her, habe ich ein anderes Parfüm gekauft. Die Verkäuferin war sich sicher, dass der neue Duft meine Frau vor Entzückung umhauen würde. Leider steht der Flakon heute noch in ihrer Schminkecke. Ganz hinten.

Anke hat schon eine besonders feine Nase. Ich tröste mich damit, dass ich bestimmt ganz hinten in der Reihe stand, als der liebe Gott die Rezeptoren für die Moleküle der duftenden Stoffe verteilt hat. In unserem kleinen Mühlenpark im Wendland habe ich daher darauf geachtet, dass ich bei den Düften nicht zu kurz komme, und immer gleich ganze Gruppen gepflanzt. Rosen, Lavendel, Thymian und Co. verströmen wahre Duftwolken – und ich bin mal wieder auf der sicheren Seite.

Aber auch wenn ich keine Supernase bin, habe ich doch das Gefühl, dass manche Botaniker nasenmäßig Hypochonder gewesen sind, als sie den Pflanzen Namen gaben. „Foetida“ oder „foetidissima“, was lateinisch für stinkend und den Superlativ davon steht, haben sie reihenweise vergeben. Opfer einer solch üblen Nachrede ist etwa Iris foetidissima geworden. Die Schwertlilienart glänzt in diesem bislang milden Winter bei uns bis heute mit korallenroten Früchten. Am Rand einer Wildhecke im halbschattigen Stand. Einen hübschen Kontrast bilden dazu Christrose und Hirschfarn mit ihrem ebenfalls wintergrünen Blattwerk.

Wie sehr Gerüche Geschmackssache sind, zeigen auch Koriander und Rauke. Laut Botanikbüchern riecht Koriander nach Wanzen, ist aber ein beliebtes Gewürz. Nicht nur in Asien, sondern auch bei uns. Wer an Rauke schnuppert, glaubt womöglich, vergammelten Grünkohl vor sich zu haben. Als Rucola mit apartem Geschmack ist sie nach italienischem Vorbild auch bei uns ein Trendsalat geworden.

Also gut. Ein wenig unangenehm riecht zum Beispiel die bei uns winterharte Iris foetidissima schon. Aber nur, wenn man die Blätter zwischen den Fingern zerreibt. Aber warum sollte man das tun? Doch die Welt wird bestimmt durch Vorurteile. Wer bestellt schon eine Pflanze, die als Stinkende oder auch Übelriechende Iris gelistet ist? Oder Schwiegermutterblume, wie sie der Volksmund auch nennt? In Online-Katalogen taucht sie mittlerweile auch gerne als Korallen-Schwertlilie auf, was wohl verkaufsfördernd wirken soll.

Rund 280 Schwertlilien-Arten gibt es. Den Namen Iris haben sie nach der griechischen Götterbotin Iris, was übersetzt Regenbogen heißt und auf die farbenreichen Blüten der verschiedenen Arten verweist. Die Foetidissima ist ursprünglich eine südwesteuropäische Schwertlilie und eine Spezialistin für schwierige Stellen im Garten. Sie toleriert Schattendruck und konkurrierende Wurzeln, Trockenheit, Feuchtigkeit und Fröste bis minus 23 Grad. Die Pflanze, von der es auch Züchtungen mit panaschierten Blättern gibt, wird etwa 60 Zentimeter hoch, blüht ab Juli, und ihre Blätter sind immergrün. Am besten wirkt sie als Gruppe, jede Pflanze braucht etwa 60 Zentimeter Platz.

Mit dem kommt die Indische Scheinerdbeere nicht aus. Duchesnea indica stammt ursprünglich aus Südostasien, ist seit über 100 Jahren bei uns und in Nordamerika eingeführt und längst verwildert. Sie sieht der einheimischen Walderdbeere zum Verwechseln ähnlich – allerdings mit dem kleinen, aber wichtigen Unterschied, dass ihre Früchte rein der Zierde dienen. Der Mensch fällt darauf nur einmal rein. Denn die Scheinerdbeeren schmecken nach rein gar nichts. Vögel fallen allerdings auf die Scheinerdbeere immer wieder rein. Denn die ist eine Art Trickbetrügerin der Natur. Mit der Signalfarbe Rot verheißt sie den Vögeln zucker- und nährstoffreiche Nahrung. Was natürlich eine Mogelpackung ist, nix von dem ist drin. Die Duchesnea will nur gefressen werden, damit die Vögel mit ihrem Kot auch den Erdbeersamen ausscheiden und sich die Pflanze so verbreiten kann.

Das ist eine Form der Fortpflanzung. Denn wie die falsche Schwester, die Walderdbeere, vermehrt sie sich auch über oberirdische Ausläufer, die immer wieder neue Wurzeln schlagen. Deswegen sollte der Gärtner sie auch in ihrem Ausbreitungsdrang begrenzen – was heißt: rausreißen. Ansonsten ist die indische Scheinerdbeere unter Bäumen und in Hecken mit ihren zahlreichen Blüten ab Mai ein hübscher, nahezu immergrüner Bodendecker. Die Duchesnea ist ansonsten relativ pflegeleicht und braucht lediglich in trockenen Sommern etwas Wasser.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst

Ihr Karl Günther Barth

Haben Sie Fragen oder Anregungen? Sie erreichen mich unter: garten@abendblatt.de