An der Universität Hamburg arbeiten junge Forscher an spannenden Projekten. Drei von ihnen stellt Marlies Fischer vor

Ein Naturwissenschaftler aus Kalifornien in Hamburg? Gibt’s nicht. Schließlich wollen doch alle, die sich mit Technik und Computern beschäftigen, in Laboren Versuche machen und komplizierte Formeln berechnen, ins Silicon Valley im US-Bundesstaat an der Westküste. Gibt’s doch. Alexander Ako Khajetoorians stammt aus dem kalifornischen Küstenort Laguna Beach, ist promovierter Physiker und arbeitet seit 2008 an der Universität der Hansestadt.

Damals kam der heute 32-Jährige der Liebe wegen nach Hamburg und weil es in Deutschland mehr gute Jobs in der Forschung gab. Geblieben ist er, weil ihm die Forschungskultur hier besser gefällt als in der Heimat. „In den USA verdient man mehr, aber die Art und Weise, wie dort mit Forschung und Wissenschaft umgegangen wird, macht mir keinen Spaß“, sagt Khajetoorians. Am Institut für Angewandte Physik an der Universität Hamburg kam der Sohn einer Iranerin und eines Armeniers in das Team von Professor Roland Wiesendanger und begann seine Forschung auf den Gebieten Nanomagnetismus, atomare Manipulation und Nano-Spintronik.

„In Deutschland habe ich Teamgeist und Kollegialität gefunden, man kann über einen längeren Zeitraum forschen“, lobt der Physiker, der in Berkeley Mathematik sowie Physik studiert und seinen Doktor in Austin (Texas) gemacht hat. „Manchmal muss Forschung atmen und sich Trägheit erlauben.“ So habe die Entwicklung des Mikroskops, das er häufig benutzt, acht Jahre gedauert und etwa zwei Millionen Euro gekostet. „Das kommt in den USA nicht vor, dort muss alles effizient sein und wird dann schnell eindimensional.“

Vor zwei Jahren hatte Khajetoorians ein lukratives Angebot aus der kalifornischen Heimat: eine unbefristete Festanstellung bei IBM Research Almaden in Silicon Valley. Der Physiker blieb in Hamburg. „Ich mag die Uni und den Betrieb hier.“ Und er meint, auch sonst besser nach Deutschland zu passen: „Ich esse Brötchen mit Wurst zum Frühstück, gehe mittags mit den Kollegen in die Kantine, trinke gerne Bier und fahre mit den Rad zur Arbeit.“ Nur mit dem norddeutschen Wetter steht Khajetoorians ein bisschen auf Kriegsfuß. Und bei der Logik der deutschen Sprache macht er täglich neue interessante Entdeckungen.

Apropos Logik: Die spielt bei der Arbeit des Physikers eine große Rolle. Khajetoorians beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung der Technologie für magnetische Speichermedien. „Es geht um Magneten“, so der Wissenschaftler. „Wie klein können sie sein und wie benehmen sie sich? Und wann ist ein Eisen-Atom ein Magnet?“ Khajetoorians untersucht, wie sich einzelne Atome nutzen lassen, um Daten zu speichern oder zu verarbeiten. Ein langfristiges Ziel: die Entwicklung extrem kleiner Datenspeicher und neuartiger Computerchips. Im Team Wiesendanger war es Khajetoorians und seinen Kollegen im Januar gelungen, auf fünf Eisenatomen ein Bit zu speichern, die Grundeinheit der Information. Damit erzielten sie einen neuen Weltrekord. Ein Jahr zuvor hatte IBM noch zwölf Eisenatome gebraucht, um ein Bit zu speichern.

Seit August hat der Amerikaner jetzt seine eigene Forschungsgruppe und erhält über die nächsten fünf Jahre im Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) 1,8 Millionen Euro für den Aufbau einer Nachwuchs-Einheit zum Thema „Atomic-scale spin-engineering and dynamics of novel nano-magnets“. „Grundlage für diese Auszeichnung war unser Rekord“, sagt Khajetoorians. „Ziel meiner Gruppe ist es, magnetische Bauelemente bis auf den kleinsten denkbaren Maßstab zu verkleinern und Informationen in einzelnen Oberflächenatomen zu verarbeiten und zu speichern.“

Dank des Emmy-Noether-Programms kann der US-Physiker in Hamburg in Ruhe forschen. Er hält zwar keine Vorlesungen, kümmert sich aber gleichwohl um Master-Studenten und Doktoranden. Und er fragt mittags gegen 12.30 Uhr ganz deutsch in die Runde: „Essen?“