Ein Austauschsemester ist eine Chance für Studenten, ihre Sprachkenntnisse auszubauen. Zwei junge Frauen berichten über ihre Vorbereitungen und Erfahrungen.

"Das Erasmus -Team in Palermo war ein Traum", gerät Nina Krieger-Hinck noch heute ins Schwärmen. Inzwischen macht sie ihre Facharztausbildung an der Asklepios-Klinik, denkt aber immer noch gern an ihr Erasmus-Semester auf Sizilien zurück. "Man verliert vielleicht etwas Zeit, gewinnt aber auch eine neue Sprache und ein ganz anderes Lebensgefühl hinzu", resümiert sie heute. Sie selbst hat auf Sizilien nur gewonnen: Alle ihre Scheine aus Palermo wurden vom Prüfungsamt in Hamburg problemlos anerkannt.

Das ist leider nicht ganz selbstverständlich. Farina Sophie Nagel hat als Romanistik-Studentin mit ihrem Gastaufenthalt im französischen Lyon andere Erfahrungen gemacht. "Ich hätte mit 30 Credit Points zurückkommen sollen. Aber das System dort ist anders. Die Punkte werden nicht wie hier vergeben. Das war für mich nicht zu schaffen", sagt sie. In der Rückschau ist aber auch sie glücklich mit ihrer Entscheidung. "Man hat in den ersten sechs Wochen im Gastland so viel zu tun, dass man gar nicht merkt, wie die fremde Stadt das neue Zuhause wird. Aber auf einmal ist dann alles geregelt, und man kommt im Alltag an. Das ist eine tolle Erfahrung," erinnert sie sich.

+++Fernweh? Pro und Kontra Auslandsstudium+++

Für ihr Studium hatte Farina Sophie Nagel die Fächerkombination Französisch und Philosophie gewählt. Da lag es nahe, die Sprachkenntnisse im Nachbarland zu perfektionieren. Im Romanischen Seminar der Uni Hamburg hatte sie ein wenig das Gefühl, die Sprache zu verlernen: "Man spricht in den ersten Semestern kaum, schreibt viel und lernt Grammatik." Deshalb hat sie parallel zu ihrem Romanistikstudium Kurse der VHS an der Uni belegt und ist voll des Lobes: "Die Qualität des Unterrichts ist extrem hoch. Für die reinen Sprachkenntnisse sind diese Kurse richtig gut."

Dazu muss man wissen, dass sich die Universität Hamburg schon in den 90er-Jahren aus Kostengründen in der Breite aus der Sprachausbildung weitgehend zurückgezogen hat. Selbstverständlich kann man eine Sprache im Haupt- oder Nebenfach an der entsprechenden Fakultät studieren. Unter Vorbehalt sind manche Veranstaltungen auch für Studierende anderer Fachbereiche offen. Gleiches gilt für exotische Sprachen Asiens und Afrikas. Das Fachsprachenzentrum beschränkt sich jedoch auf fünf Sprachen und setzt einen Einstufungstest auf sehr hohem Niveau voraus. Das ist vom Ansatz auch logisch. Denn man muss eine Fremdsprache erst wirklich gut beherrschen, bevor man fachsprachliche Besonderheiten etwa für Juristen oder Mediziner dazulernen kann.

+++Jeder zweite Student soll ins Ausland+++

Will man also neben seinem Studium eine neue Sprache für das Austauschsemester lernen, sind die Kurse der VHS auf dem Campus die richtige Anlaufstelle. Seit 1996 gibt es dieses Angebot. Grundsätzlich füllen alle Studenten in jedem Kurs anonym Feedback-Bögen aus, die systematisch ausgewertet werden. Ein individuelles Coaching-Programm hält die Dozenten, alle muttersprachliche Akademiker, auch methodisch auf dem neuesten Stand. "Wir wissen, dass die Studenten, die zu uns kommen, schon einen vollen Stundenplan haben. Deshalb wollen wir besonders effektiv sein", sagt Italienisch-Dozentin Maria Stenico. Sie kümmert sich seit Jahren um die Qualitätssicherung der Kurse, die im Übrigen auch offiziell als Studienleistung mit Credit Points anerkannt werden.

Wie lange braucht man, wenn man bei null anfängt und im Studium noch eine weitere Sprache für das Erasmus-Semester lernen will? "Mit etwas Talent und Fleiß, aber durchaus auch mit Spaß, können Sie in unseren Kursen in zwei bis drei Semestern eine Sprache lernen. Wenn Sie dann im Gastland noch einen Intensivkurs auf Level B1 (nach europäischem Referenzrahmen) belegen, sind Sie vernünftig auf das Semester in der Fremdsprache vorbereitet", fasst Maria Stenico ein realistisches Szenario für eine der romanischen Sprachen zusammen. Denn neben Großbritannien zählen Spanien, Italien und Frankreich zu den beliebtesten Austauschländern Hamburger Studenten.

+++Erasmus für alle+++

"Für mich war das eigentliche Motiv, ins Ausland zu gehen: eine weitere gesprochene Sprache zu lernen", sagt Lehramtsstudentin Julia Winnacker. Nach dem Abitur an einem altsprachlichen Gymnasium mit Latein, Altgriechisch und Hebräisch entschied sie sich für Italienisch. "Das ist eine schöne Sprache und passt gut zu meiner Fächerkombination Latein und Deutsch", begründet sie ihre Wahl. Nach vier Italienisch-Kursen auf dem Campus ging sie im Wintersemester 2011 für sechs Monate nach Neapel und ist inzwischen begeistert zurückgekehrt. Ihre drei wichtigsten Tipps zum Thema Auslandssemester lauten: "Jeder, dem sich die Möglichkeit bietet, ins Ausland zu gehen, sollte diese auch nutzen - eine solche Chance kommt nicht so schnell wieder. Und: Je besser man die Sprache spricht, desto mehr hat man vom Auslandssemester. Zudem sollte man vorher ein bisschen sparen - für den Fall, dass es doch teurer wird als erwartet."