Hamburgs Orgellandschaft ist eine der bedeutendsten in Nordeuropa. Matthias Gretzschel stellt die vier berühmtesten Instrumente vor.

Zu Fuß hatte sich Johann Sebastian Bach 1701 von Lüneburg aus aufgemacht, um in Hamburg berühmte Orgeln und berühmte Organisten zu hören. In der Katharinenkirche hörte der junge Bach fasziniert, wie Jan Adam Reinken an dem kostbaren Instrument über den Choral "An Wasserflüssen Babylon" improvisierte. Und die Schnitger-Orgel in der Hauptkirche St. Jacobi begeisterte den späteren Thomaskantor so sehr, dass er sich 1720 von Köthen aus sogar um die dort frei gewordene Organistenstelle bewarb - wie man weiß, ohne Erfolg. Berühmt war damals auch Vincent Lübeck, der als Organist an der Arp-Schnitger-Orgel in St. Nikolai amtierte.

In den mehr als 300 Jahren nach Bachs erstem Besuch hat sich der Hamburger Orgelbestand gravierend verändert. Manches wertvolle Instrument - wie die Orgel von St. Nikolai - ging verloren, doch da immer wieder neue Werke hinzukamen, gilt die Hamburger Orgellandschaft noch immer als eine der bedeutendsten in Nordeuropa.

In keiner anderen Stadt entwickelte sich der Orgelbau über einen Zeitraum von 500 Jahren so ungebrochen und auf so hohem Niveau wie in Hamburg. Kein Wunder, dass der klassische Aufbau - der sogenannte Prospekt - von Brustwerk, Hauptwerk, Oberwerk und Rückpositiv und freistehenden Pedaltürmen auch als "Hamburger Prospekt" bezeichnet wird.

Dass die Orgeln der Hauptkirchen besonders im Fokus der Öffentlichkeit stehen, ist verständlich. So wurde zum Beispiel im Mai vor zwei Jahren die hervorragende Beckerath-Orgel in St. Petri nach 15-monatiger Restaurierung wieder geweiht.

Doch klangschöne Orgeln kann man nicht nur in den zentral gelegenen Kirchen hören, sondern auch in vielen kleineren Gemeinden wie zum Beispiel in St. Pankratius in Neuenfelde. 1688 vollendete Arp Schnitger in der wunderschönen Dorfkirche seine größte zweimanualige Orgel. Das Instrument, dessen wunderbarer Klang von Experten in den höchsten Tönen gelobt wird, gehört zu den etwa 30 erhaltenen Werken des bedeutendsten norddeutschen Barock-Orgelbaumeisters. Eigentlich schade, dass Bach nicht bis Neuenfelde gekommen ist. Es hätte sich für ihn gelohnt.