Der Bildhauer Georg Winter zeigt seine Experimente zwischen Leben und Kunst

Die Kunst des Georg Winter lässt sich schwer in Worte fassen. Man muss sie sehen. Sie fordert zum Nachdenken auf - aber auch zum Schmunzeln. Verortet im öffentlichen Raum, nimmt sie Stellung zu gesellschaftlichen Fragen. Im Kulturhauptstadtjahr Ruhr 2010 hat Winter etwa unter dem Titel "Nur eine Übung?" im Zuge einer Aktion ein Gebäude eindrucksvoll einstürzen lassen.

Eine weitere Performance ist geplant, wenn Winter ab dem 9. Oktober unter dem Titel "Heftiger Niederschlag, knapp daneben" im Ernst Barlach Haus ausstellen wird. Ein unbekanntes Flugobjekt landet im Innenhof des Museums. Ein Asteroid? Eine abgestürzte Rakete? Das raumgreifende Trümmerteil wirkt wie ein Angriff auf die Institution Museum. "Es verdeutlicht Gefährdungen und fragt uns, welche Werte wir schützen wollen", so Museumsleiter Dr. Karsten Müller.

Der gelernte Grafikdesigner Winter, Jahrgang 1962, lehrt an der Kunsthochschule Saar und genießt seit den 1980er-Jahren einen Ruf als ausgewiesener Vertreter einer raumbezogenen, experimentellen Bildhauerei. "Störungen im Betriebssystem" würden ihn am meisten interessieren, erklärt er. Seit 1992 unterhält er unter dem Namen "Ukiyo Camera Systems (UCS)" ein "Entwicklungsbüro für Kameratechnik und Neue Medien". Der Begriff "Ukiyo" (fließende Welt) entstammt dem japanischen Buddhismus. Die Trauer über das Verfließen der Zeit könne man nur mit Achtsamkeit für den Augenblick überwinden, so Winter.

Häufig entwickelt er freche Installationen, die er in scheinbar authentischen Gebrauchsanleitungen erklärt. Zum Beispiel jene für das Mobiltelefon "Harajuku", ein schwarz lackierter Holzwinkel, dessen Benutzung er mit "translingualen Codes" pseudowissenschaftlich verbrämt. Für DaimlerChrysler hat er das Thema Mobilität ad absurdum geführt, indem er eine "Autogene mentalmotorische Übung für Autofahrerinnen und -fahrer" entwarf. Leben und Kunst verschränken sich. Winter konterkariert den Irrwitz des Kunstbetriebs, indem er wie im Folkwangmuseum 2010 Augentrost an überlastete Kunstbetrachter verteilt oder gleich, wie 2006 im Kasseler Kunstverein, mobile Lazarette errichtet.

Georg Winter: Heftiger Niederschlag, knapp daneben 9.10.2011 bis 8.1.2012, Ernst Barlach Haus, Baron-Voght-Straße 50a, Di-So 11.00-18.00, Künstlergespräch 30.10., 12.00, Kuratorenführung 15.11., 18.00