Beethoven-Triumphzug: Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und Paavo Järvi

Ludwig van Beethovens Sinfonien haben noch allen Anfechtungen unserer Zeit getrotzt: vom ideologischen Missbrauch bis zu Vereinnahmungen als Soundtrack. Kein Tag vergeht, an dem nicht irgendwo auf der Welt eine von ihnen auf dem Programm stünde. Doch wer sich heute an dieses Kernrepertoire schlechthin der westlichen Zivilisation wagt, der muss wirklich etwas zu sagen haben, damit man ihm zuhört.

Dass Paavo Järvi und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen eine ganze Menge zu sagen haben, das hat dank ihrer Gesamteinspielung und heroisch ausgedehnter Tourneen die Weltöffentlichkeit inzwischen gemerkt. Vorigen Sommer haben die Künstler einem jubelnden Publikum in der Laeiszhalle vorgeführt, wie aufregend, wie neu sogar die als abgedroschen geltende Fünfte klingen kann, wenn man nur ihren rhetorischen Gehalt zutage fördert.

Nun kommen sie mit einem rechten Heldenprogramm: Anhand der Ouvertüre zu dem Ballett "Die Geschöpfe des Prometheus" und zweier Sinfonien stellen sie Beethoven als eminent politischen, republikanischen Idealen verpflichteten Denker vor.

Die Prometheus-Ouvertüre orientiert sich formal-musikalisch zwar noch stark an ihren klassischen Vorbildern - die komprimierte Vorwegnahme des dramatischen Geschehens bildete Beethoven erst in späteren Ouvertüren aus - inhaltlich aber ist sie auf der Höhe ihrer Zeit: Galt doch der von Beethoven bewunderte Napoleon als "Prometheus seiner Epoche", der die Götter bestahl, um die Menschheit zu befreien.

So wird auch der gewaltigen Dritten Sinfonie ein Bezug zu Napoleon zugeschrieben. Ob Beethoven das Blatt mit der Widmung für Bonaparte im Zorn über dessen eigenhändige Kaiserkrönung tatsächlich zerrissen hat, wie es die Legende will, ist nicht verbürgt - den Heldentitel "Eroica" immerhin hat er ihr gelassen. Im Bläsersatz klingt französische Revolutionsmusik an, und wer will, kann auch in der formalen Anlage revolutionäre Strukturen erblicken.

Bei solch gewichtigen Themen braucht es zwischendurch Erholung. So scheint es schon dem Komponisten selbst ergangen zu sein: Als wäre er nach Beendigung der "Eroica" erschöpft und erleichtert gewesen, ist die Vierte Sinfonie geprägt von klassizistischer Grazie und geistreichen Spielereien. Nicht umsonst nannte Robert Schumann sie eine "griechisch schlanke Maid zwischen zwei Nordlandriesen". Die Maid stellt freilich mitunter halsbrecherische Anforderungen an die Instrumentalisten, etwa beim Fagottsolo zu Beginn des vierten Satzes. Aber das muss der Hörer ja nicht merken.

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen 6.10., 20 Uhr, Laeiszhalle. Karten unter T. 35 76 66 66