Diese Bilder strahlen ein Geheimnis aus. Sie scheinen einen merkwürdigen Zwischenzustand aus Wirklichkeit und Vorstellung auszudrücken. Die abstrahierten Gestalten wirken entrückt, fast entmaterialisiert, schwebend. Ihr Schöpfer, der Maler und Zeichner Otto Meyer-Amden (1885-1933) gilt als einer der wichtigsten Schweizer Vertreter der Moderne.

Aus Anlass seines 125. Geburtstages widmet ihm das Ernst Barlach Haus eine umfassende Schau. Es ist die erste in Deutschland seit 40 Jahren. Unter dem Titel "Zwischentöne" werden 70 Figurenbilder und Tagebuchblätter sowie Porträts, Stillleben und Landschaften gezeigt. Die meisten sind Leihgaben aus dem Kunstmuseum Basel.

Viele Motive zeigen den Lebensrhythmus in einem Internat, wo Meyer-Amden selbst acht Jahre seiner Kindheit verbrachte. Alltägliche Handlungen wie Essen, Ankleiden oder Zeichnen werden zu zeitlos rituellen Verrichtungen verklärt. In den meist seriell gegliederten Bildern zeigen die Figuren selten ihr Gesicht, erscheinen entweder im Halbschatten des Kollektivs oder von vornherein als schemenhafte Wesen. Das Internat erscheint als ideale Gemeinschaft, in der sämtliche Nöte und Zwänge aufgehoben werden. Sein Ideal eines befreiten "Neuen Menschen" verwirklichte Meyer-Amden auch in abstrahierten Jünglingsakten.

Technisch bevorzugt er die Lasurmalerei. Er legte hauchdünne Farbhäute in Schichten übereinander. Seit 1912 wohnte Otto Meyer-Amden in dem Künstlerdorf Amden, später in Zürich. Bis zu seinem Tod mit nur 48 Jahren lebte er meist zurückgezogen, pflegte jedoch einen regen Austausch mit namhaften Künstlern seiner Zeit.

1921 begegnete er Ernst Ludwig Kirchner und beeindruckte ihn stark. Mit Oskar Schlemmer verband ihn eine langjährige Freundschaft. Trotz der zarten Farbgebung und Strenge wirken seine Bilder stets organisch. Manchmal leuchten sie auf seltsame Weise wie aus einem Zwischenreich.

Zwischentöne. Otto Meyer-Amden wird 125. Werke aus Schweizer Sammlungen 14.2. bis 30.5., Ernst Barlach Haus, Jenischpark, Baron-Voght-Straße 50a, T. 82 60 85, Di bis So 11-18 Uhr, Ostern Pfingsten und 1. Mai geöffnet, Katalog 25 Euro; Infos im Internet unter www.barlach-haus.de