Fällt der Name Pablo Picasso, denkt man unweigerlich an seine Idee von Machismo, die Melancholie und die Kriege, die Spuren in seinem Werk hinterließen. Der spanische Maler hat als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts die Moderne nachhaltig beeinflusst.

Vom Stierkampf zeigte sich Picasso als Spanier schon früh fasziniert. 1928 tauchte erstmals das Minotaurus-Motiv in einer Kohlezeichnung auf. Der Minotaurus - Ergebnis eines Seitensprungs der kretischen Königin Pasiphae mit einem Stier - galt als Ursprung aller Männlichkeitssagen.

Picasso spielte künstlerisch mit dieser Doppelrolle von Mann und Stier. Diesen Sommer steht der Minotaurus im Zentrum einer Picasso-Ausstellung im Ernst Barlach Haus. Vom 13. Juni bis 3. Oktober geben dort bedeutende Zeichnungen und Drucke aus der Sammlung Hegewisch einen Überblick über Picassos Werk.

Picasso schuf seine erste Minotaurus-Zeichnung mit 46 Jahren. Privat durchlebte er eine turbulente Zeit. Er stand zwischen seiner Frau Olga und der Liebe zur jungen Marie-Thérèse Walter, die in der Zeichnung als kleines Mädchen abgebildet ist. Stark inspirierte ihn Balzacs "Das unbekannte Meisterwerk". Bei beiden wird das Fabeltier zum Stellvertreter im Labyrinth des Lebens und der Kunst mit allen Stimmungen und Verwerfungen. Allerdings ist er im Gegensatz zu Balzac bei Picasso Opfer. Den Kopf nach oben gerichtet, offenbart er eine tiefe Melancholie und Sentimentalität.

In der Hinwendung zu vorgeschichtlichen Werken findet Picasso in dieser Phase seines Schaffens zu rituellen Gesten. In seinen Stierdarstellungen im Zeichen des Minotaurus scheint eine Dialektik von Aggressivität und Opfer auf, die den Mythos weiterführt. Vielfach wurde dies als Sinnbild für das Dilemma gedeutet, ausweglos in einer Zeit verankert zu sein und doch Aussagen treffen zu wollen, die über die Zeit hinausweisen.

Picasso: Der Stier und das Mädchen. Meisterblätter aus der Sammlung Hegewisch 13.6. bis 3.10., Ernst Barlach Haus, Jenischpark, Baron-Voght-Straße 50a, T. 82 60 85, Di-So 11-18 Uhr