Bereicherungen für die Klassik: Starke Frauen mit Schlagzeug und Improvisation.

Musik für Schlagzeug boomt. In den letzten Jahrzehnten haben sich Repertoire und Spieltechnik rasant entwickelt. Neue Stars wie der Salzburger Wunderknabe Martin Grubinger wurden geboren und alte Genregrenzen untergraben. Während nämlich in der europäischen Kunstmusik das Schlagzeug lange ein Schattendasein fristete, hat diese Musik in Afrika und Asien eine jahrtausendealte Tradition. Und auch Jazz, Rock und Artverwandtes kommen ohne Drums nicht aus. So waren Schlagzeuger immer schon offen für vieles, über das man im klassischen Konzertleben noch die Nase rümpfte.

Mit ihrer Reihe "Drums & Dreams" bieten die Elbphilharmonie Konzerte diesem vitalen und globalen Genre ein eigenes Forum. Für das zweite Konzert der Reihe hat man eine Grande Dame des Schlagzeugs eingeladen, die noch nie irgendwelche Grenzen akzeptieren wollte: Evelyn Glennie. Dass sie seit einer Erkrankung in der Kindheit taub ist, hat die streitbare Schottin nicht gehindert, eine der bekanntesten Musikerinnen unserer Zeit zu werden.

"Musik ist Kommunikation", verkündet sie, "Klang ist dafür nur ein Medium". Und so kommuniziert Glennie auf allen Kanälen, auch ohne einen Ton hören zu können: Als Musikerin, Pädagogin, Designerin und Essayistin. "Behinderung ist eine Definitionssache", schreibt Glennie, "für meine Begriffe war ich immer ,normal'".

Umdenken müssen auch die Besucher von Glennies Konzert, stehen doch auf dem Programm fast nur Komponistennamen, die allenfalls Insider kennen: Der griechischstämmige Kanadier Christos Hatzis etwa, der Serbe Nebojsa Jovan Zivkovic oder der Neuseeländer John Psathas. "Normal" für ein klassisches Konzert ist allenfalls Antonio Vivaldi - dessen Konzert RV 443 hat Glennie für Vibraphon bearbeitet.

Ein Neuzugang auf der Weltkarte der Kunstmusik ist auch Venezuela. Mit dem Dirigenten Gustavo Dudamel und der Pianistin Gabriela Montero hat das südamerikanische Land in jüngster Zeit gleich zwei internationale Stars hervorgebracht. Die Montero wagt dabei etwas, das sich in Zeiten pianistischer Edelsteinschleifer sonst nur noch Jazzer trauen: Sie lässt sich mit freien Improvisationen hören.

Auf dem Programm ihres Gastspiels zusammen mit der Kremerata Baltica steht neben einer Improvisation auch ein Konzert für Klavier und Schlagwerk ihres Landsmannes Paul Desenne. Der beruft sich ebenso auf die Folklore seiner Heimat wie auf sein Vorbild Johann Sebastian Bach. Und daher spielt Gabriela Montero zum direkten Vergleich außerdem Bachs Klavierkonzert d-Moll BWV 1052.

Evelyn Glennie 9.2., 20 Uhr, Laeiszhalle

Gabriela Montero 6.3., 20 Uhr, Laeiszhalle