Medizinisches Wissen wird vom Gesundheitsamt hart geprüft. Experten raten von Fern- und Schnelllehrgängen ab. Nach der Ausbildung wird eine Assistenz dringend empfohlen.

Ein wenig Homöopathie, Bachblüten und Augendiagnose - seriös arbeitende Heilpraktiker haben weit mehr zu bieten. Heilpraktiker verabreichen nicht nur Bachblüten, sondern geben auch Spritzen und müssen Injektionstechniken lernen. Viele von ihnen kommen aus medizinischen Berufen, sind Physiotherapeuten oder Krankenschwestern. Der Beruf wird als typischer Umsteigerberuf meistens von Frauen zwischen 30 und 40 Jahren ausgeübt.

Von den bundesweit etwa 12 000 Heilpraktikern praktizieren rund 6000 in Vollerwerbspraxen. Den Heilberuf kann man erst nach einer amtsärztlichen Überprüfung ausüben. Die Ausbildung ist jedoch nicht einheitlich gesetzlich geregelt. Voraussetzung für die Zulassung ist ein Mindestalter von 25 Jahren, ein Hauptschulabschluss sowie die körperliche und geistige Eignung. Die Prüfungen werden vom Gesundheitsamt abgenommen und sind auf "sehr hohem Niveau", sagt Florian Wittpahl, Schulleiter von Die Grüne Schule, Hamburger Akademie für Naturheilkunde. Bei der Auswahl der Schule sei es wichtig, dass diese mehr als den für die Prüfung relevanten Stoff vermittele. Zwar müssen angehende Heilpraktiker einen Großteil des Stoffes zu Hause verinnerlichen, aber die Schule muss auch die richtigen Schwerpunkte setzen und die Inhalte laufend den Anforderungen anpassen. "Die Dozenten müssen den Lehrstoff anschaulich erklären, denn Wissen über Tuberkulose kann man sich nicht anlesen", sagt Wittpahl.

Niemand werde zufällig Heilpraktiker, sagt Elvira Bierbach, Beirat des Bundes der Deutschen Heilpraktiker (BDH) und Leiterin der Heilpraktikerschule in Bielefeld. "Dieser Weg erfordert viel Herzblut und Leidenschaft." So müssen sich die Schüler selbst eine Schule suchen und auch die Kosten dafür tragen. Die meisten machen diese Ausbildung neben ihrem Beruf und können sich erst nach der Prüfung die Naturheilverfahren und Therapiearten wie Akupunktur, Homöopathie oder Osteopathie aneignen. Außerdem berge die Selbstständigkeit viele Risiken, denn feste Jobs sind rar.

Da in der Prüfung nur medizinisches Wissen gefragt ist, müssen die Schulen das therapeutische Grundwissen vermitteln. Das sei bei einem Fernstudium schwer zu erfüllen, selbst wenn Wochenendseminare angeboten werden, meint Wittpahl. Einige Schulen lassen sich bereits zertifizieren, und der BDH kümmert sich um Qualitätsstandards. Dennoch stiftet die Vielfalt des Ausbildungsangebots bei manchem Verwirrung. "Die Schulwahl ist in der Tat nicht einfach, weil der Markt höchst unterschiedliche Angebote bereithält", sagt BDH-Präsident Ulrich Sümper und rät von Schnell- und Videolehrgängen ab. "Kurzlehrgänge können dem komplexen Anforderungsprofil nicht gerecht werden", sagt Wittpahl, an dessen Schule die berufsbegleitende Ausbildung zweieinhalb Jahre dauert. Bei der Schule Alchemilla, die nur für Frauen ist, dauert die Ausbildung drei Jahre. Ein weiteres Jahr bereitet die Teilnehmerinnen auf die Prüfung vor. Außer medizinisch-therapeutischem Lehrstoff lernen die Schülerinnen als Heilverfahren auch Shiatsu, traditionelle chinesische Medizin und Astrologie kennen. Außerdem wird im dritten Jahr im Ambulatorium bereits unter Anleitung praktisch gearbeitet.

In jedem Fall sei für den verantwortungsvollen Heilberuf Praxiserfahrung wichtig, sagt Wittpahl und empfiehlt nach der Prüfung eine 18-monatige Assistenz in einer Naturheilpraxis sowie eine berufsbegleitende Fachausbildung in mindestens einem Bereich wie Chiropraktik, Akupunktur oder Osteopathie. Für die Selbstständigkeit sind außerdem aber auch kaufmännische Kenntnisse erforderlich.