Las Vegas. Auf der Elektronikmesse CES in Las Vergas sind auch die deutschen Autobauer vertreten. Sie trumpfen mit technischen Neuheiten auf.

So wirklich gern gesehen sind die großen Autokonzerne nicht in den Hallen unweit der Casino-Meile am berühmten Las Vegas Strip. Verbannt in eine recht kleine Halle im Nordflügel des Messegeländes, passen sie nach Meinung der treuen Fans auf der weltgrößten Elektronikmesse CES nicht so recht in die laute, junge Welt der Spielekonsolen, Hi-Fi-Monster, Handys und Roboterstaubsauger.

Im Gegensatz zu den akzeptierten Giganten der Elektronikbranche wie Google, Microsoft, Amazon und Co. müssen sich die anderswo verhätschelten süddeutschen Premium-Konzerne mit vergleichsweise kleinen Messeständen begnügen, auf die kaum mehr als zwei Autos passen.

Natürlich treten die Deutschen ebenso wie Hyundai, Nissan oder Toyota auch an, um jüngere Kunden an­zulocken, stecken Milliarden in Ver­netzung, Assistenzsysteme oder in die künstliche Computerintelligenz, die beim sicheren Fahren helfen und den Menschen hinterm Lenkrad nach und nach sogar überflüssig machen soll.

Audi zeigt ein neues Entertainment-System

So zeigt Audi ein neues Entertainment-System, dessen Klangfülle und Optik mit den meist asiatischen Unterhaltungsprofis in der Nebenhalle auf Augenhöhe ist. Enthalten ist sogar eine völlig neue Art des Autokinos. Im Stand können die Insassen auf der zur Leinwand umgewandelten Innenseite der Windschutzscheibe Filme in Top-Qualität genießen: der Stau als Chance für gestresste Cineasten.

Eher konservativ geht Mercedes ins Messe-Rennen, nutzt die CES ganz klassisch für die Premiere eines neuen Modells. Die zweite Auflage des CLA, eines viertürigen Coupés der A-Klasse-Familie, kann aber mit seinem voll elektronischen MBUX-Infotainmentdisplay punkten, dessen Sprachassistenz und Gestenerkennung dann doch wieder die Brücke zu Alexa oder Nintendo schlägt. Begleitet wird der Neuling vom Elektro-SUV EQC, das seine US-Premiere feiert.

Fahrerloses Zweirad von BMW

Wie in den Vorjahren residiert BMW nicht in einer nüchternen Halle, sondern in einem schneeweißen Art Bungalow gegenüber dem allgemeinen Trubel. Pluspunkt für die Bayern: Auf einer großen Freifläche lassen sich ­echte Autos bewegen.

Für große Augen sorgte aber nicht der Tanz des neuen Riesen-SUV X7 über künstliche Geländehindernisse, sondern ein scheinbar ganz normales Motorrad: ein Aha-­Effekt der Zaungäste, als das Zweirad seine Kreise mit leerem Sattel drehte, sich fahrerlos in enge Kurven legte und von einem Ende der Fläche zum an­deren sprintete.

Das erste autonom fahrende Motorrad der Welt kommt im Kleid des Serien-Bikes R 1200 RS daher. Die nötige Technik konnte dafür jedoch nur bedingt aus den BMW-Autos übernommen werden. Kein Grund zur Sorge für eingefleischte Biker: Es werde nie ein fahrerloses Motorrad geben, versichert BMW. Der Versuchsträger soll dazu dienen, neue Assistenzsysteme für Zweiräder zu entwickeln.

Honda zeigt einen Roboter-Mini-Laster

Bei den übrigen Herstellern fällt auf: Hondas Roboter-Mini-Laster für schweres Gelände kann selbstständig Transportaufgaben auf unwegsamem Terrain leisten. Nissan zeigt die autonome und lenkradlose Sportlimousine IMx erstmals außerhalb Japans, eine aufregend gestylte Studie, deren denkbarer Serienstart jedoch in weiter Ferne liegt.

Hyundai überrascht mit der Idee eines Rettungsfahrzeugs namens Elevate, das nicht nur in schwerem Gelände fahren kann, sondern das die Ingenieure auch Klettern gelehrt haben. Das bei Bedarf fahrer­lose Unikum ist für Hilfseinsätze bei Naturkatastrophen konzipiert.

Obwohl sich auch andere Hersteller dem Thema Cockpit der Zukunft widmen, schießen die Chinesen in dieser Disziplin den Messe-Vogel ab. Autohersteller Byton zeigt ein 48 Zoll breites Display (124 x 24 Zentimeter). Es wird im demnächst erscheinenden SUV M-Byte in Serie an Bord sein.

Viele Ideen bei Zulieferern ausgebrütet

Auf dem Pralltopf des Lenkrads ist ein ­weiteres Tablet für die Bedienung zum Beispiel der Klimaanlage oder des Telefons in Griffnähe des Fahrers montiert. Die Helligkeit der LED-Anzeigen passt sich automatisch der Umgebung an.

Auf der CES wächst vieles zusammen, was bisher eigentlich nicht zusammengehörte. Weil die Autos immer mehr zu fahrenden Computern werden, verwischen die Grenzen zwischen den je­weiligen Universen.

Dazu tragen auch die zahlreichen Zulieferer bei, die zu Jahresbeginn gen Westen gereist sind. Ob Bosch, ZF, Schäffler oder ­Continental – in der besagten Automotive-Halle sind sie alle zugegen. Und setzen dabei ihre Kunden, die Autobauer, unter Druck. Viele Ideen, die heute in Serienautos zu finden sind, wurden in den ­Labors der Zulieferbetriebe ausgebrütet.

Automessen werden zu Mobilitätsmessen

Inzwischen gehen diese in die Offensive, entwickeln Systeme ohne direkten Auftrag eines Autoherstellers und bieten die Entwicklung dann auf dem Markt an. Wie ZF seinen auf der CES präsentierten Supercomputer, der als Schaltzentrale all der im Auto versteckten Elektronik dient.

Der Technologiekonzern vom Bodensee hat damit den derzeit schnellsten Rechner in der Hand. Andere, wie Bosch, wagen es sogar, selbst ein Auto zu entwickeln und zu produzieren: das autonom fahrende Edel-Shuttle, das mit der Umwelt vernetzt ist und von Kunden über das Internet gerufen werden kann.

Der starke Auftritt seiner Mitgliedsfirmen erfreut natürlich Bernhard Mattes, Chef des Verbands der deutschen Autoindustrie (VDA). „Die CES zeigt, dass sich Automessen mehr und mehr zu Mobilitätsmessen wandeln“.

Dennoch sieht er die klassischen Ausstellungen nicht am Abgrund. „Ich kann Ihnen versprechen, dass wir im Herbst eine tolle IAA erleben werden“. Mattes muss jedoch auch von Berufs wegen optimistisch sein. Schließlich ist der VDA Veranstalter der IAA.