Berlin. Suzuki, Honda oder Kia: Viele der vermeintlichen „Japaner“ oder „Koreaner“ kommen nicht aus Fernost, sondern der EU. Einige Beispiele.

Donald Trump ist nur ein schillerndes Beispiel für Schachteldenken, wenn es um Autos und deren Herkunft geht. Der US-Präsident wettert schon lange gegen deutsche Autobauer, die mit ihren Fahrzeugen sein Land fluten.

Doch Wirtschaftsexperten werden nicht müde zu sagen, dass die meisten dieser „deutschen“ Autos in Wahrheit echte Amis sind. Denn dort werden sie zum Teil entwickelt, vor allem aber gebaut. Das hat in der Branche Methode, wie das Beispiel Europa zeigt, wo viele der vermeintlichen „Japaner“ oder „Koreaner“ in Teilen oder vollständig gebaut werden. Eine Übersicht.

Ein Stück Korea liegt auch im slowakischen Zilina

Kia kommt bekanntermaßen aus Korea, doch viele der hier verkauften Fahrzeuge entstehen in unserer Nähe, im slowakischem Zilina. In der modernen Fabrik werden seit 2006 Autos gebaut. Derzeit entstehen dort neben Venga und Ceed auch der erfolgreiche Sportage.

Das SUV wurde laut Herstellerverband ACEA im vergangenen Jahr 185.990-mal in der EU hergestellt, während vom Venga 24.164 Stück und vom Ceed 84.137 Exemplare produziert wurden. Letzterer dürfte angesichts seiner Neuauflage wieder deutlich zulegen und auch in Zukunft in Deutschland das beliebteste Kia-Modell bleiben. Das Kompaktmodell wurde unter anderem in Deutschland designt und entwickelt. Insgesamt gut 300.000 Autos hat Kia vergangenes Jahr in der EU montiert.

Weitere 340.000 Autos steuerte der koreanische Autokonzern in Eu­ropa unter dem Label Hyundai bei. In der Nähe von Zilina, im Nachbarland Tschechien, liegt das Werk Nošovice, wo derzeit vor allem das SUV-Modell Tucson entsteht. Im vergangenen Jahr wurden dort immerhin fast 218.000 Exemplare produziert, gefolgt vom Kompaktmodell i30 (rund 92.000 Autos) sowie dem Venga-Bruder ix20, der über 30.000-mal gebaut wurde.

Neben dem großen Werk in Tschechien unterhält Hyundai ein Entwicklungszentrum in Rüsselheim sowie ein Test- und Entwicklungscenter am Nürburgring. Dem Engagement in der Eifel verdanken die Koreaner ihre sportlichen N-Modelle auf i30-Basis, die sich von Nošovice bis in die Herzen vieler Sportwagenfreunde gefahren haben.

Eine weitere asiatische Marke, die in einem ehemaligen Ostblockstaat produziert, ist Suzuki. Die Japaner waren die Ersten, die nach der marktwirtschaftlichen Öffnung Ungarns gute Bedingungen aushandeln konnten. In den 90er- und Nullerjahren wurden die Ladas und Skodas unter anderem dank steuerlicher Vorteile vor allem von Suzukis ersetzt. Früher baute Suzuki im Werk Esztergom Modelle wie Swift, Ignis, SX-4, Alto und Agila. Heute werden dort die Reihen S-Cross und Vitara gebaut. Der Löwenanteil fiel 2017 auf den Vitara mit rund 122.000 Exemplaren, während der SX4 S-Cross etwa 54.000-mal produziert wurde.

Hierzulande verkaufte Nissan sind häufig in England produziert

Neben einer Konzentration von Autofabriken in Osteuropa gibt es England als zweites Zentrum asiatischer Hersteller. Ein echter Riese dort ist Nissan. 1986 wurde in Sunderland die erste Fabrik eröffnet. Zunächst produzierte man jährlich 5000 Fahrzeuge wie den Bluebird. 20 Jahre später wurde das dreimillionste Auto gebaut, bis 2014 erhöhte sich die Zahl auf 7,7 Millionen Nissan „Made in England“.

2017 wurden mit Leaf, Juke, Micra, Pulsar und Qashqai gleich fünf Baureihen produziert. Der Hauptanteil mit etwa 347.000 Einheiten gehen auf das Konto des Quashqai. Dem gegenüber stehen fast 105.000 Juke sowie 94.066 Micra. Bescheiden lief es für den Pulsar mit etwa 23.000 Einheiten, während der Leaf als E-Auto 16.767-mal in Sunderland vom Band lief. Nimmt man die rund 27.000 Q30 der Schwestermarke Infiniti hinzu, wurden deutlich über sechs Millionen Autos von Nissan 2017 innerhalb der EU gebaut.

Ebenfalls in England lässt Honda produzieren. Seit Anfang der 90er-Jahre gibt es die Autofabrik in Swindon. Es folgten eine Motorenfabrik sowie Anfang der Nullerjahre ein zweites Autowerk. Neben dem Accord entstand dort der zwischenzeitlich sehr erfolgreiche Civic. An die einstige Kapazität von 250.000 Autos pro Jahr ist Honda 2017 nicht mehr herangekommen. Neben rund 41.000 CR-V entstanden in Swindon gut 123.000 Civic.

370.000 Toyota aus Ländern der EU

In deutlich höheren Stückzahlen lässt Toyota in Europa Autos herstellen. Flaggschiff ist die Yaris-Fabrik im französischen Onnaing, wo 2017 fast 234.000 Exemplare der Kleinwagen-Baureihe entstanden. Im englischen Burnaston bauen die Japaner die Kompaktbaureihe Auris – vergangenes Jahr etwa 119.000 Stück. Auch entstanden dort 25.000 Einheiten des mittlerweile eingestellten Avensis. Und aus der mit PSA betriebenen Fabrik im tschechischen Kolin fanden knapp 90.000 Avgo den Weg zu europäischen Kunden.

Insgesamt kamen so fast 370.000 Toyota aus Ländern der EU. Und das Euro-Netzwerk des Konzerns spannt sich deutlich weiter. Motorenwerke in Polen sowie Autofabriken in St. Petersburg (Camry, RAV4) und im türkischen Arifiye (Corolla, C-HR und bis vor Kurzem Verso) sind weitere Standorte.

Von rund 17 Millionen innerhalb der EU-Staaten im vergangenen Jahr produzierten Pkw stammen also gut zwei Millionen Fahrzeuge allein von Herstellern aus Korea und Japan, die oftmals neben der Produktion auch viel Entwicklungsarbeit in europäische Länder verlagert haben.