Berlin. Meist sind Reisemobilisten nicht als Familie, sondern paarweise unterwegs . Dafür bieten Hersteller ganz verschiedene Lösungen an.

Die Wahrnehmung auf Campingplätzen in Europa täuscht nicht: Familien mit Kindern sind meist mit Wohnwagen-Gespann unterwegs, während Reisemobile in großer Mehrzahl eine Pärchenbesatzung aufweisen. Das liegt nicht zuletzt an der quantitativ stark vertrete- nen Ü60-Klientel, die frei von arbeitszeitlichen Verpflichtungen ihrer Reiselust frönen kann. Was hauptsächlich eben zu zweit geschieht, allenfalls mal mit einem Enkelchen im Schlepptau.

Da diese Zielgruppe ihre Führerscheine in der Regel vor 1999 erworben hat, spielt eine Begrenzung des Fahrzeuggewichts auf 3,5 Tonnen hier auch keine Rolle. Weshalb Reisemobil-Hersteller häufig selbst große und hochpreisige Produkte konkret auf das Wohnmobil-Leben im Zweiermodus ausrichten. In bemerkenswerter Vielfalt.

Die Innenarchitektur des Trios ist extrem unterschiedlich

Das zeigt sich bei unserem Testtrio, bestehend aus dem Niesmann Smove, dem La Strada Nova M Allrad und der Hymer B-Klasse DL 534 als Duo-Version, schon rein äußerlich. Der noch taufrische Smove 7.4E der Firma Niesmann+Bischoff aus Polch bei Koblenz ist das erste teilintegrierte Fahrzeug der edlen Liner-Marke, die als Reisemobil-Manufaktur eine Sonderstellung im Markenimperium der Erwin-Hymer-Gruppe einnimmt. Er hat bei seiner ­Premiere 2016 als Designer-Mobil für Furore gesorgt, ist mit dem German Design Award ausgezeichnet worden und passt hervorragend in eine Zeit, in der Kunden ein zum Wohnen eher praxisorientiertes Eigenheim auf Rädern auch schön verpackt wissen wollen.

Auch der etablierte Nova M des hessischen Kastenwagen-Spezialisten La Strada ist aufgrund seiner Mono­coque-Bauweise mit der GfK-Wohnkabine „aus einem Stück“ ein Hingucker, wegen des Allradantriebs wirkt das schlanke, satte drei Meter hohe Gefährt jedoch längst nicht so elegant wie der Smove. Die Hymer B-Klasse, seit 1981 auf dem Markt, ist schon ein regelrechter Klassiker im Reisemobilbau und hat daher auch keine stilistischen Extravaganzen nötig. Der auf zwei Personen zugeschnittene Grundriss des voll inte­grierten B-DL 538 Duo feierte allerdings erst im vergangenen Jahr sein Debüt.

Grundverschiedene Lösungen für die Nachtruhe

Die Innenarchitektur des Trios könnte ebenfalls kaum unterschiedlicher sein. Grundverschieden sind die Lösungen für die Nachtruhe. Dabei vertraut der frechste Neuling dem konventionellsten Konzept: Das Schlafzimmer im rund 7,40 Meter langen Smove besteht aus zwei einzelnen Längsbetten im Heck, so wie es die deutschen Reisemobilisten am liebsten mögen.

So bequem wie die Kojen ist der Zugang über zwei Trittstufen. Mit einem Zwischenteil wird eine durchgängige Liegefläche gebaut. Großzügiges Raumgefühl, reichlich Oberschränke und ein gut zugänglicher Kleiderschrank unter dem Fußende, ordentliches Licht – ein perfektes Schlafzimmer.

Ganz anders im sieben Meter langen Hymer Duo-Mobil. Weil eine Rundumsitzgruppe im Heck hier oberste Priorität hatte, bleibt zum Schlafen nur der vordere Wagenteil. Mit dem manuell absenkbaren Hubbett lebt es sich aber kaum weniger komfortabel, auch wenn der Zugang über eine mehrstufige Leiter etwas wackeliger ist. Da sich mit zwei Verlängerungen an den Fußenden aber ebenfalls zwei verbundene Einzelbetten in Längsanordnung ergeben, ist Platz in Hülle und Fülle vorhanden. Für Sterngucker bietet das große Dachfenster zwar den Ausblick auf den Nachthimmel, dafür verhindern die Stoffwände einen seitlichen Blick nach draußen.

Einige Fahrzeuge bieten auch ein drittes Bett an

Die Hubbett-Lösung im La Strada ist der räumlichen Enge geschuldet. Schließlich ist der Nova M mit 6,36 Metern über einen Meter kürzer als etwa der Smove. Mit zwei Handgriffen ist auch hier ein Längsdoppelbett über den Vordersitzen und der L-Sitzgruppe abgesenkt. Entscheidender Nachteil: Da man mit den Füßen Richtung Bug liegt, muss man übers Kopfende auf die Liegefläche klettern, was Gelenkigkeit erfordert, wenn man den Partner dabei nicht in Mitleidenschaft ziehen will.

Oder man schläft eben getrennt. Denn im Heck ist quer noch ein weiteres Einzelbett eingebaut. Ausgerechnet der kompakteste Vertreter des Trios bietet trotz der Zweier-Idealbesetzung zumindest die Möglichkeit einer dritten mitreisenden Person an und hat als einziger sogar neben den Frontsitzen zwei weitere gurtgesicherte Plätze an Bord. Im Smove lässt sich – wieder mit Aufpreis – mit beiden Längssitzbänken und dem abgesenkten Tisch zwar auch noch eine Koje bauen, gurtgesicherte Plätze müssen aber in Form ausklappbarer, in den Staukästen eingebauter Einzelsitze teuer erkauft werden. Auch im Duo-Hymer gibt es nur die Notlösung, obwohl sich aus der riesigen Hecksitzgruppe sogar eine Liegewiese für zwei Personen herrichten ließe. Gurte für die Fahrt lassen sich dort allerdings konstruktionsbedingt nicht anbringen.

Auch für Ausflüge mit abenteuerlichem Charakter

Den teuersten Unterbau hat der La Strada Nova M, der nicht nur auf einem Mercedes-Sprinter steht, sondern auch noch einen zuschaltbaren Allradantrieb mit Getriebeuntersetzung an Bord hat, was ihn natürlich auch für Ausflüge mit abenteuerlichem Charakter befähigt. Nachteil: Das kostet auch mehr Sprit. Mit 14,4 l Diesel/100 km war der 190 PS starke 3,0-Liter CDI leider auch der trinkfreudigste Kandidat unseres Trios.

Hymer und Niesmann setzen beide auf den bewährten Fiat Ducato, der sich in beiden Fällen akustisch zurückhaltender präsentierte als der Sprinter. Die Duo-B-Klasse begnügte sich mit der 150-PS-Variante und genehmigte sich 11,4 Liter im Schnitt, dem 177 PS starken 2,3-Liter-Multijet-Diesel im Smove reichten sogar 11,0 Liter. Um aufgrund des Gesamtgewichts über 3,5 Tonnen das Tempolimit von 100 km/h auf deutschen Autobahnen einzuhalten, musste man alle drei Fahrzeuge eher zügeln.

Fünfstellige Grundpreise – mit Ausstattung über 100.000 Euro

Bleibt noch die Frage nach dem Preis, der in allen Fällen massiv von einer mehr oder weniger umfangreichen Sonderausstattung abhängt und trotz fünfstelliger Grundpreise alle drei Reisemobile deutlich jenseits der 100.000-Euro-Marke verortet. So stehen beim Hymer Duo-Mobil samt Backofen, TV-Sat-Anlage mit zwei Flachbildschirmen und noch vielem mehr rund 115.000 Euro anstelle des Grundpreises von 84.990 Euro unterm Strich. Beim La Strada Nova steigt der Basispreis von 91.076 Euro in der gefahrenen Variante auf 128.631 Euro, wobei freilich allein rund 15.000 Euro auf das Konto des Allradantriebs gehen.

Und obwohl bei dem Niesmann Smove mit 82.910 Euro sogar der niedrigste Einstiegspreis auf dem Papier steht, schießt er mit 142.783 Euro den Vogel ab. Allerdings wurde hier von speziellen Design-Paketen über Ambiente-Beleuchtung, Multimediasystem, Fußbodenheizung, Solaranlage und einem Inverter, der eine 230-Volt-Nutzung für gewisse Zeit ganz ­ohne äußere Stromzufuhr erlaubt, bis zum 6000 Euro teuren Büffelleder für sämtliche Sitzmöbel auch jeglicher Luxus eingebaut.