Stuttgart. Mit Kombis wagte sich Mercedes vor 40 Jahren auf neues Terrain. „T“ wie Touristik und Transport hieß der Fünftürer der W-123-Reihe.

Das war ein Jahr! Vor 40 Jahren feierte die deutsche Automobilindustrie Rekorde bei Produktionszahlen und Gewinnen, das Absatztal der Energiekrise von 1974 war endgültig Geschichte. Besonderen Anlass zur Freude gab es bei Mercedes-Benz.

Die erst im Vorjahr lancierten Limousinen 200 D bis 280 E der Baureihe W 123 verzeichneten so viele Bestellungen, dass manche Kunden geduldig bis zu drei Jahre auf ihre Modelle mit Stern warteten. Noch größere Gelassenheit benötigten die Käufer der auf der Frankfurter IAA vorgestellten Kombiversion des W 123, dabei kamen die ersten werksseitig gebauten Luxuslaster doch aus dem eigens eröffneten neuen Werk in Bremen.

Es nützte aber nichts, Kombi-Enthusiasten, die den großzügig verglasten, fünftürigen Chromkreuzer mit stylisher Dachreling am Messestand ordern wollten, mussten sich auf langjährige Wartezeit einrichten, derart groß war der Ansturm.

Die Benz brachen den teuren Transportern die Bahn

Mit dem Startaufgebot aus 240 TD (65-PS-Diesel), 300 TD (80-PS-Diesel), 230 T (109-PS-Benziner), 250 T (129-PS-Sechzylinder-Benziner) und 280 TE (177-PS-Sechszylinder-Benziner) bereiteten die Transporter den Boden für das spätere Boomsegment exklusiver Lifestyler, in dem heute sogar Marken wie Jaguar oder Porsche mitmischen. Sicher, die Mercedes-T-Modelle waren nicht die Urväter für die Lust auf extravaganten Laderaum, es gab amerikanische V8- und europäische Sechszylinder-Pioniere wie den Volvo 265. Aber die Benz brachen teuren Transportern die Bahn und sind heute in sechs Generationen globale Bestseller und Produktionsmillionäre.

Die ersten Lademeister mit Stern debütierten in den frühen Nachkriegsjahren, allerdings wurden die Kombiversionen von Mercedes 170 V, 300 (Adenauer), Ponton und Heckflosse je nur in begrenzter Stückzahl von Karossiers und Aufbauspezialisten wie Lueg, Binz, IMA oder Miesen gefertigt. Als in den Swinging Sixties sportliche Shooting-Brake-Modelle in Mode kamen und erste Großserienkombis elegantere Kleider anlegten, entwickelte Mercedes den Strich-Acht als attraktiven Ladekünstler.

Obwohl das Fahrzeug serienreif wurde, durfte es nicht starten. Dies gelang erst der nachfolgenden Baureihe W 123, die ab 1975 mit optionaler dritter Sitzreihe als „Stationswagen“ entwickelt wurde, wovon bis heute der Buchstabe „S“ vor der internen Baureihennummer kündet. Verkauft wurde der S 123 dann mit dem Kürzel „T“ für Touristik und Transport. Ge­rade mal 10.000 Einheiten konnte das neue Mercedes-Werk in Bremen im ersten Jahr produzieren, viel zu wenig für ein Auto, das die Kombiwelt so nachhaltig veränderte.

Kleine Klappergeräusche gehörten zum Kombihandwerk

Dies nicht allein durch praktische Aufbauten für die schicke Dachreling in Form von Gepäckcontainern oder Skiboxen. Hinzu kamen der luxuriös ausgeklei­dete Laderaum und eine bei Kombis bislang nicht gekannte Verarbeitungsqualität. „Da klappert und quietscht nichts“, sagten Fachjournalisten nach Rüttelstreckentests. Nicht einmal Volvo 265, Ford Granada oder Peugeot 504 waren so perfekt gebaut, schließlich gehörten kleine Klappergeräusche zum Kombihandwerk.

Außergewöhnlich war auch das elegante Design des Mercedes-Kombis, das im Dachlinienverlauf wie bei der Limou­sine aus einem Guss wirkte und sich damit deutlich unterschied etwa vom Citroën CX Break oder den neuen Opel Rekord/Commodore Caravan. Nicht zu vergessen das Motorenprogramm mit technischen Spezialitäten, die einzigartig waren. Sei es der 177 PS starke 280 TE als erster über 200 km/h schneller Groß­serienkombi, der 300 TD Turbodiesel als erster aufgeladener Fünfzylinder-Selbstzünder mit 125 PS Leistung oder der 240 TD mit 65 PS Leistung als rollende Wanderdüne, die es auf endlose Kilometer-Laufleistungen brachte.

Für die Erprobung alternativer Antriebe schien das T-Modell nicht zuletzt dank automatischer hydropneumatischer Niveauregulierung perfekt geeignet. So startete 1982 eine Version mit schweren Akkus und Elektroantrieb, und ein Jahr später wurde der 280 TE auf Wasserstoffantrieb umgerüstet. Damit setzte der Daimler ein technologisches Zeichen gegen den im gleichen Jahr lancierten, ersten Audi 100 Avant in futuristischer Kombiform. Dennoch indizierte der windschnittige Ingolstädter, dass die Stuttgarter eine Wachablösung angehen sollten.

Die Highlights der größten Autoshow 2016

Alle zwei Jahre findet in Paris eine der weltweit größten Autoshows statt. Bei Volkswagen und Mercedes stehen alle Zeichen auf Elektro. Beim Autosalon Paris (Mondial de l'Automobile) wird eine Elektroauto-Studie von Mercedes-Benz der Generation „EQ“ präsentiert.
Alle zwei Jahre findet in Paris eine der weltweit größten Autoshows statt. Bei Volkswagen und Mercedes stehen alle Zeichen auf Elektro. Beim Autosalon Paris (Mondial de l'Automobile) wird eine Elektroauto-Studie von Mercedes-Benz der Generation „EQ“ präsentiert. © dpa | Uli Deck
Eine weitere Elektroauto-Studie von Mercedes: der „Vision Mercedes-Maybach 6“.
Eine weitere Elektroauto-Studie von Mercedes: der „Vision Mercedes-Maybach 6“. © dpa | Uli Deck
Zum Aufklappen: der neue „Trezor“ von Renault.
Zum Aufklappen: der neue „Trezor“ von Renault. © dpa | Ian Langsdon
Klein aber oho: der Smart „fortwo electric drive tailor made“.
Klein aber oho: der Smart „fortwo electric drive tailor made“. © dpa | Uli Deck
Herbert Diess, Markenvorstand von Volkswagen (VW), präsentiert beim Autosalon Paris (Mondial de l Automobile) den VW I.D. Vom 1. bis 16. Oktober steht die alle zwei Jahre stattfindende Messe Auto-Interessierten offen.
Herbert Diess, Markenvorstand von Volkswagen (VW), präsentiert beim Autosalon Paris (Mondial de l Automobile) den VW I.D. Vom 1. bis 16. Oktober steht die alle zwei Jahre stattfindende Messe Auto-Interessierten offen. © dpa | Uli Deck
Der VW I.D. ist ein Konzeptauto mit rein elektrischem Antrieb.
Der VW I.D. ist ein Konzeptauto mit rein elektrischem Antrieb. © dpa | Uli Deck
Ebenso stellte VW den Tiguan R-Line vor.
Ebenso stellte VW den Tiguan R-Line vor. © dpa | Uli Deck
Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Leiter von Mercedes-Benz Cars, zeigt die Elektroauto-Studie von Mercedes-Benz der Generation EQ.
Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Leiter von Mercedes-Benz Cars, zeigt die Elektroauto-Studie von Mercedes-Benz der Generation EQ. © dpa | Uli Deck
Opel möchte mit seinem Modell Ampera e punkten.
Opel möchte mit seinem Modell Ampera e punkten. © dpa | Uli Deck
Ian Robertson, BMW-Vorstand für Verkauf und Marketing, steht neben einer Sonderauflage des E-Sportwagens BMW i8.
Ian Robertson, BMW-Vorstand für Verkauf und Marketing, steht neben einer Sonderauflage des E-Sportwagens BMW i8. © dpa | Uli Deck
Der BMW i3 präsentiert sich mit einer neuen Batterie und höherer Reichweite.
Der BMW i3 präsentiert sich mit einer neuen Batterie und höherer Reichweite. © dpa | Uli Deck
Ebenfalls aus Bayern der X2 Concept.
Ebenfalls aus Bayern der X2 Concept. © dpa | Uli Deck
Ganz in Weiß: der Porsche Panamera 4 e-hybrid.
Ganz in Weiß: der Porsche Panamera 4 e-hybrid. © dpa | Uli Deck
Audi stellt das S5 Sportback vor.
Audi stellt das S5 Sportback vor. © dpa | Uli Deck
Auch der neue Audi Q5 darf natürlich nicht fehlen.
Auch der neue Audi Q5 darf natürlich nicht fehlen. © dpa | Uli Deck
Im Streifenlook: der Mini Clubman John Cooper Works.
Im Streifenlook: der Mini Clubman John Cooper Works. © dpa | Uli Deck
Der neue Ferrari LaFerrari Aperta zieht viele neugierige Blicke auf sich.
Der neue Ferrari LaFerrari Aperta zieht viele neugierige Blicke auf sich. © REUTERS | BENOIT TESSIER
Citroen hat eine neue Version des C3 im Gepäck.
Citroen hat eine neue Version des C3 im Gepäck. © REUTERS | BENOIT TESSIER
Honda wartet mit einem Prototyp auf: der Civic Type R.
Honda wartet mit einem Prototyp auf: der Civic Type R. © REUTERS | BENOIT TESSIER
Knallrot und kein Gummiboot: der Kia Rio.
Knallrot und kein Gummiboot: der Kia Rio. © REUTERS | BENOIT TESSIER
Hochglanzpoliert zeigt sich der Genesis New York Concept.
Hochglanzpoliert zeigt sich der Genesis New York Concept. © REUTERS | BENOIT TESSIER
Futuristischer Japaner: Mitsubishi Concept EX.
Futuristischer Japaner: Mitsubishi Concept EX. © REUTERS | BENOIT TESSIER
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Aerodynamische Avantgarde

Diese erfolgte auf der IAA 1985. Dort debütierte die neue Kombi-Generation S 124, die aerodynamische Avantgarde verkörperte. Hinzu kam der weitgehende Verzicht auf Chromschmuck zugunsten einer sportiven Designlinie, die sich in Fahrleistungen spiegelte. Auch Allradantrieb gab es für den Lifestyle-Laster nun.

Nirgendwo sonst gab es bis dahin eine so große Bandbreite an Motoren in einer Kombi-Baureihe der Businessclass. Von 109 bis 272 PS reichte die Leistungsspreizung bei den Benzinern mit vier und sechs Zylindern, von 72 bis 147 PS bei den Vier-, Fünf- und Sechszylinder-Selbstzündern. Zeitweilig hatten die Kunden die Wahl zwischen 15 Antrieben, zumal Mercedes auf der IAA 1985 das Allradantriebssystem 4Matic vorstellte und so auf Audis Quattro-Offensive antwortete.

Das T-Modell der Serie S 210 war ein wahrer Lademeister

Vier Mercedes-Augen und ein großer Kofferraum bereiteten Konkurrenten wie BMW 5er Touring und Saab 9-5 Sport Combi in der zweiten Hälfte der 90er Kummer. War doch das T-Modell der Serie S 210 ein wahrer Lademeister mit fast 2000 Liter Stauraum, während sein Vier-Scheinwerfer-Gesicht die Überholspur freiräumte. Vor allem, wenn ein E 60 AMG mit 381 PS freisetzendem 6,0-Liter-V8 im Rückspiegel auftauchte.

Anfängliche Qualitätsprobleme dieser E-Klasse machte Mercedes mit einem Facelift vergessen. Gleiches gelang bei der 2003 eingeführten Generation S 211. Enthusiastisch fiel das Medienurteil aus über die 2009 präsentierte Serie S 212: „Die unglaublichen Benz-Wissenschaftler“, gab es in Großbritannien zu lesen, „sie bauen ein Auto, das das Prestigeversprechen der Marke mit frischer Bedeutung und aufgewerteter Hardware füllt.“

Letztere umfasste mit dem E 300 Bluetec Hybrid erstmals einen teilelektrifizierten Kombi, der den Verbrauch und damit die Steuerlast auf wichtigen Exportmärkten auf Kompaktklasseniveau reduzierte. Trotzdem sind Kombis in vielen Ländern seit der Jahrtausendwende weniger gefragt als früher, der SUV-Hype fordert Tribut. Mercedes antwortete auf diesen Trend mit dem All Terrain, einer Cross-over-Version der 2016 vorgestellten sechsten Generation des E-Klasse-T-Modells. Offroadtauglich durch ein Geländefahrprogramm, soll sich der Kombiklassiker mit Stern auch künftig seinen Weg bahnen und Durchsetzungsfähigkeit beweisen gegenüber neuen Fünftürern wie Jaguar XF und Volvo V90.