Dortmund. Datenbanken mit lückenloser Historie von jedem Fahrzeug würden Kunden die Überprüfung erleichtern. Noch gibt es sie hier aber nicht.

Bei jedem dritten Gebrauchtwagen in Deutschland ist laut Versicherern und ADAC der Tachostand manipuliert; und nur selten fällt das auf. In Nachbarländern wie Belgien oder Österreich hingegen kommt dieser Betrug kaum noch vor: Denn dort werden sämtliche Werkstatt- oder TÜV-Besuche inklusive der Tachostände in Datenbanken erfasst, die jeder abrufen kann.

Die EU-Kommission hat ihren Mitgliedstaaten aufgetragen, eine Rechtsgrundlage für solche Datenbanken aufzustellen. Auch die Versicherer wünschen sich Datenbanken für Fahrzeugdaten: „Ein manipuliertes Auto hat einen geringeren Wert, den wir im Schadenfall aber teuer bezahlen müssen. Außerdem gibt es immer mehr professionelle Banden, die Tacho-Veränderungen in Kombination mit fingierten Unfällen einsetzen“, sagt Klaus Prochorow, Betrugsexperte der Signal Iduna in Dortmund.

Eine neue Pedale weckt den Eindruck von Neuwertigkeit

Die Handynummer von sogenannten Tacho-Justierern findet man leicht in Kleinanzeigen. Dann geht alles ganz einfach: Man trifft sich irgendwo am Straßenrand; ein Computer wird an das Servicekabel des Autos geklemmt, man nennt dem „Justierer“ eine Wunsch-Kilometerzahl – und schon bald erscheinen auf dem Tacho 60.000 anstatt 160.000 Kilometer Laufleistung.

Wer noch mehr Eindruck von Neuwertigkeit vermitteln will, wechselt die abgetretenen Pedale aus und vielleicht noch den Lenkradkranz. Und schon kann das Auto für viele Tausend Euro mehr verkauft werden. Der Dumme ist am Ende der arglose Gebrauchtwagenkäufer. Ihm wird der Schwindel zunächst gar nicht auffallen. Und falls doch, wird er den Betrug nur schwer nachweisen können.

Professionelle Banden treiben Betrug auf die Spitze

Bei der Tacho-Manipulation gibt es drei Tätergruppen. Einmal den dubiosen Gebrauchtwagen-Händler: Er kauft Autos mit hoher Laufleistung billig ein, dreht am Tacho und verkauft hinterher mit großem Gewinn. Dann gibt es den Privatmann, der seinen Wagen für mehr Geld verkaufen will und dazu den Zählerstand sinken lässt. Und dann operieren noch professionelle Banden, die den großen Unfallschadenbetrug mit Tacho-Manipulation auf die Spitze treiben.

Ihre Methode: Sie kaufen billig Luxusautos mit sehr hoher Laufleistung ein, fahren sie im fingierten Unfall zu Schrott, drehen vorab den Tacho runter und kassieren von der Versicherung schließlich den Preis, den die Limousine mit geringer Laufleistung gehabt hätte.

In den USA erhält jeder Gebrauchtwagen einen Pass

Versicherungen wünschen sich eine Datenbank, die sämtliche TÜV- oder Werkstattbesuche eines Fahrzeugs erfasst. Thorsten Haag von Arvato verweist auf die USA, wo jeder Käufer einen Gebrauchtwagenpass erhält, der die komplette Lebensgeschichte des Wagens erzählt. Getürkte Tachostände fallen da sofort auf. Genau so will es auch die EU-Verordnung haben, die jedoch im Bundesverkehrsministerium und auch im Herstellerverband VDA bislang kaum Gehör findet.

Wie man sich schützen kann

Scheckheft genau ansehen. Doch Vorsicht: Manche zwielichtige Händler kaufen Blanko-Scheckhefte, füllen sie nachträglich aus. Im Zweifel bei der Werkstatt anrufen, die Service gemacht hat.

Servicezettel für den Ölwechsel anschauen, da ist der letzte km-Stand notiert. Achtung, wenn der Stand nicht plausibel erscheint.

Fahrzeugscheine Bei älteren Fahrzeugscheinen sind die vorherigen (in neuen nur noch der letzte) Besitzer aufgeführt. Am besten dort anrufen.

Pedale, das Lenkrad oder Sitzbezüge lassen auf das Alter des Wagens schließen. Vorsicht, wenn sie zu neu erscheinen.

Eine Werkstatt kann den Wartungsintervallspeicher auslesen; dort ist der „echte“ km-Stand zu finden.