Der neue Chevrolet Camaro kommt nun auch offiziell nach Deutschland - mit bis zu 432 PS. Die Preise für den V8 beginnen bei 38.990 Euro.

Was für die Deutschen der Golf GTI, das ist für die Amerikaner der Chevrolet Camaro. Potent und provozierend, aber preiswert und sogar halbwegs praktisch gibt er jenseits des Atlantiks den bezahlbaren Breitensportler für Spätpubertierende und hat es so schnell in den Klub der berühmten Muscle Cars gebracht.

Auch in Deutschland hat der Camaro viele Fans, denen Chevrolet das Leben aber nicht sonderlich leicht gemacht hat: Selbst die 2009 eingeführte Neuauflage des Klassikers war bei uns bislang nur als Grau-Import zu haben. Aber mit dieser Geduldsprobe ist es jetzt endlich vorbei. Zumindest bei einem ausgewählten Teil der Händler kann man den Kraftmeier ab sofort auch ganz offiziell bestellen - mit deutschen Papieren, europatauglicher Technik und drei Jahren Herstellergarantie.

Nachdem die letzte Generation in die formale Belanglosigkeit abgedriftet war, hat sich General Motors gerade noch rechtzeitig an das Original von 1966 erinnert. Mit dem Blick zurück, aber ohne echte Retro-Elemente haben die Amerikaner dem knapp fünf Meter langen Zweitürer, den es als Coupé und Cabrio gibt, wieder den nötigen Charakter gegeben. Lange Haube, breite Hüften, böser Blick und dicke Muskeln - das zieht auch heute noch: Wo immer der Wagen auftaucht, weckt er die Neugier der Passanten.

In Fahrt bringt ihn ein Motor, wie er amerikanischer nicht sein könnte: Denn unter der Haube steckt ein Achtzylinder mit soliden 6,2 Litern Hubraum. Die reichen dem Handschalter für 432 und der Variante mit der sechsstufigen Automatik für 405 PS. Zwar bleibt sicher ein Viertel der Leistung irgendwo zwischen Motor und Hinterachse auf der Strecke, und zumindest bei der 405-PS-Version ist vom lustvollen Brabbeln des Powercruisers nicht mehr viel übrig geblieben. Doch mit bis zu 569 Nm Drehmoment und einer sehr toleranten Traktionskontrolle macht der Camaro beim Ampelspurt so ein Spektakel, dass europäische Sportwagen einpacken können. Beim Quartett dürfte er mit einem Sprintwert von bestenfalls 5,2 Sekunden manchen Stich machen. Und mit einem Spitzentempo von 250 km/h zählt er zu den schnellsten Amerikanern in Europa.

Allerdings gehen auch die Amis mit der Zeit: Daheim liefern sie den Camaro auch als V6 aus, und bei uns kastrieren sie bei Bedarf den V8-Motor: Wenn der Wagen nur locker dahin cruist, stellt eine Zylinderabschaltung beim Automatikmodell unmerklich vier Töpfe vorübergehend kalt. Das bringt zwar im direkten Vergleich einen Verbrauchsvorteil von einem Liter. Aber so richtig sparsam ist der Camaro damit trotzdem nicht: Schon auf dem Prüfstand gönnt er sich 13,1 Liter pro 100 Kilometer.

Damit der Camaro nicht nur schnell aussieht, sondern auch so fährt und vor allem selbst auf den kurvigen Straßen in Europa eine gut Figur macht, haben die Amerikaner ihn für den Export deutlich überarbeitet. Deshalb gibt es neben ESP und Traktionskontrolle einen "Sport"-Modus und eine elektronische Hilfe für den perfekten Kavalierstart. Außerdem haben die Ingeniere die Karosseriesteifigkeit erhöht, indem sie eine Querstrebe unter der Motorhaube, eine Verstärkung unterhalb des Getriebes, eine Tunnelverstärkung sowie vorne und hinten V-Streben am Unterboden montiert haben.

Davon profitiert besonders das Cabrio: Es trägt eine klassische Stoffmütze, die sich binnen 20 Sekunden elektrisch in den Heckdeckel faltet. Ähnlich wie bei der Corvette, deren Verdeck im Rahmen einer Kooperation mit demselben Hersteller gefertigt wird, faltet es sich als einfaches "Z" zusammen. Verriegelt wird es ganz bequem mit einem einzigen Griff in der Mitte des Frontscheibenrahmens.

Natürlich hat der Camaro bei uns einen schweren Stand, weil die Konkurrenten zum Beispiel von BMW und Audi kommen. Und auch wenn Chevrolet für die pingeligen Europäer ein bisschen mehr Kunstleder verlegt und bei der Verarbeitung besser auf die Feinheiten geachtet hat, kann der Camaro bei Finish und Finesse nicht mit dem Establishment mithalten. Doch punkten die Amerikaner hier vor allem mit ihrem Preis. Los geht es beim Coupé mit 38 990 und beim Cabrio mit 43 990 Euro. Dafür gibt's bei den deutschen Herstellern allenfalls vier und keine acht Zylinder - und vor allem keine so lange Geschichte.

Falls sich der Camaro gegen Audi RS4, BMW M3 oder Mercedes CLK trotzdem schwer tut, bleibt den Amerikanern aber auf jeden Fall ein wichtiger Trost: Die großen Gegner aus der Heimat haben sie auf dem Weg nach Europa abgehängt. Denn Dodge Challenger und Ford Mustang werden bei uns auch weiterhin nicht ab Werk angeboten.