Mitte September wird auf der Frankfurter IAA der neue Porsche 911 enthüllt. In Südafrika fanden jetzt abschließende Erprobungsfahrten statt.

Das wird eine schöne Überraschung: Wer Freunden und Bekannten demnächst stolz das potente Boxertriebwerk seines neuen 911 Carrera zeigen möchte, schaut in die Röhre. Denn das Herz des Porsche kann künftig nicht mehr ohne weiteres besichtigt werden. Statt einer Motorhaube am Heck ist nur noch eine Serviceklappe zu öffnen. Das Triebwerk selbst liegt hinter Abdeckungen im Verborgenen. Aber die nächste 911-Generation, die Mitte September auf der Frankfurter IAA ihre Weltpremiere erlebt, hat noch andere Überraschungen zu bieten.

Mehr als drei Jahre lang wurde die neue Baureihe in Deutschland, Skandinavien, den USA und Afrika unter die Lupe genommen und auf Herz und Nieren getestet. Ein Erprobungsteam mit acht Fahrzeugen zog es nach Südafrika. Die düster dreinblickenden Prototypen fallen hier in der Gegend kaum mehr als normale 911-Modelle auf. Schwarz lackiert und mit Beplankungen an Front und Heck versehen geht es von Kapstadt aus über Paarl und Wellington über die Landstraße R 301 in Richtung Wittebrug Natur Reservat und dann weiter nördlich in die Berge. Fahrwerk und Dämpfer werden im vollen Tagesprogramm ebenso unter die Lupe genommen wie Klimaanlage, Verkleidungen, Antriebseinheiten und Rad-Reifen-Kombinationen. "Trotz aller Simulationen am Computer ist die Real-erprobung auch heute natürlich durch nichts zu ersetzen", erläutert Entwicklungsleiter Bernd Kanau.

Der Prototyp eines 911 Carrera, den er bewegt, macht - abgesehen von Tarnmatten im Innenraum und Verkleidungen vor den Leuchten - einen weitgehend serienreifen Eindruck. Ein paar Verkleidungen der grauen Lederinnenausstattung passen nicht so ganz, die Windgeräusche sind unüberhörbar und beim Überfahren schlechter Straßen und Bodenwellen knarzt es noch. Zuletzt macht auch das Schiebedach ein paar Mucken. Doch genau deshalb ist das schwäbische Entwicklungsteam an den südlichsten Zipfel von Afrika gekommen. Kleine Fehler gilt es hier noch auszumerzen.

Heinz Bernhard kennt diese Region nach unzähligen Aufenthalten in den vergangenen Jahren wie seine Westentasche. Auch er gehört zum Entwicklungsteam, sorgt für die geheimen Testrouten und die Tarnungen der Fahrzeuge. "Es ist hier in Südafrika viel leichter für uns, unbehelligt Prototypen zu testen als in anderen Regionen - und insbesondere in Europa", erzählt der Familienvater, "hier gibt es kaum Erlkönigjäger, und wir haben gerade in den Bergen freie Fahrt für unsere Tests."

Wenige Monate vor Serienanlauf des neuen 911 ist die gröbste Arbeit gemacht. Jetzt folgt die abschließende Erprobung von Serienteilen und die Feinabstimmung. Parallel hat Porsche vom neuen Elfer 50 bis 60 Prototypen in der finalen Testphase. Während ein Teil der Fahrer in Südafrika schwitzt, drehen andere Komponenten-Teams in Schweden, Finnland, Namibia oder den USA ihre Runden. Jeden Tag werden die neuen Messdaten nach Stuttgart übertragen, Teile angepasst und neue Softwarestände für Motoren, Getriebe und Bordelektronik aufgespielt.

Der neue, nunmehr 4,49 Meter lange 911 soll nicht nur durch seine Fahrleistungen und Dynamik, sondern insbesondere durch seine Effizienz Bestmarken setzen. Das Carrera-Basismodell mit 3,4 Liter Hubraum und 350 PS läuft bereits knapp 290 km/h und soll nach Norm gerade einmal 8,5 Liter/100 km verbrauchen. Ein Start-Stopp-Modul ist ebenso serienmäßig wie die Segelfunktion bei Fahrten ohne Gasannahme. Erstmals gibt es ein manuelles Siebenganggetriebe - abgeleitet vom bisherigen Doppelkupplungsgetriebe (PDK) mit ebenfalls sieben Fahrstufen. Rund 80 Prozent der Elfer-Kunden entscheiden sich mittlerweile für das PDK.

Neben dem 911 Carrera wird zum Verkaufsstart auch der 400 PS starke Carrera S mit 3,8 Liter Hubraum verfügbar sein. Er knackt bereits die Tempo-300-Marke und verbraucht kaum mehr als neun Liter. Erst im kommenden Jahr wird das Cabriolet der aktuellen Baureihe abgelöst. "Wir denken zudem wieder über einen Targa nach", lässt Baureihenleiter August Achleitner die Zukunft einer dritten Karosserievariante offen. Das Modell mit dem überdimensionalen Glas-Schiebedach ist seit Einführung des 911 Cabrio zwar nicht gerade ein Bestseller, hat aber traditionell einen treuen Kundenstamm.

Im Innenraum ist der neue Elfer kaum wiederzuerkennen. Armaturenbrett, Schalter und Instrumente zeigen eine enge Verwandtschaft zu Panamera und Cayenne. Der um zehn Zentimeter verlängerte Radstand tut dem Innenraum gut und die Sitze sind deutlich besser als im Vorgänger. Auf den kurvigen Bergstraßen im Hinterland von Kapstadt kann man sich von den Qualitäten der neu entwickelten Wankkontrolle und den dynamischen Motorlagern überzeugen. "Unsere beste Runde auf der Nürburgring-Nordschleife mit dem neuen Carrera S waren 7:40 Minuten", strahlt August Achleitner. Und Bernd Kanau ergänzt: "Das sind 13 Sekunden weniger als bisher. Wir mussten einfach wieder etwas bissiger werden. Das ist gelungen." Recht hat er.