Erster Praxistest mit zwei kommenden Elektroautos. Opel Ampera und Toyota Prius Plug-in bedienen sich unterschiedlicher Technikkonzepte

Hamburg. Eine Million Elektroautos rollen bis zum Jahr 2020 auf Deutschlands Straßen - so lautet eine Expertenprognose. Und tatsächlich häufen sich die Ankündigungen der Autohersteller, schon in naher Zukunft dem Kunden die umweltfreundliche Technik anzubieten. In die Nähe der Serienreife haben es zwei Modelle gebracht, die bereits jetzt für eine Testfahrt zur Verfügung standen - mit unterschiedlichen Technik-Konzepten. Der Toyota Prius Plug-in rollt bis zu 20 Kilometer elektrisch, bevor der Benziner die Regie übernimmt. Der Opel Ampera dagegen wird ausschließlich elektrisch betrieben - auf längeren Strecken dient ein kleiner Benzinmotor als Stromerzeuger.

Erste Sitzprobe im Opel der Zukunft: Eineinhalb Jahre vor dem offiziellen Debüt sieht das Cockpit mit großen Monitoren hinter dem Lenkrad und einem vom Kampfjet entlehnten Schaltknauf ziemlich futuristisch aus. Dennoch findet man sich am Steuer auf Anhieb zurecht. Ungewohnt dagegen: Nach dem Druck auf die Starttaste wartet man vergeblich auf Motorengeräusche. Flott und flüsterleise setzt sich der Wagen in Bewegung. Zwar wiegt der Ampera mit seinem riesigen Lithium-Ionen-Akku im Mitteltunnel und unter der Rückbank mehr als eine Mercedes S-Klasse. Doch weil der 150-PS-Stromer schon bei der ersten Umdrehung sein volles Drehmoment von 370 Newtonmeter auf die Straße bringt, geht es zügig voran. Die knapp neun Sekunden für den Spurt auf Tempo 100 glaubt man dem Ampera auch ohne Stoppuhr. Und dass die Elektronik bei etwa 160 km/h die Segel streicht, stört zumindest im Stadtverkehr niemanden. Nur wenn die Autobahn leer und die linke Spur frei ist, würde man sich vielleicht mehr Tempo wünschen - aber dann braucht man auch kein Öko-Auto.

Die Reichweite liegt mit vollen Akkus bei 60 Kilometern (Ladezeit an der Steckdose: drei Stunden) und reicht den meisten Autofahrern für ihre tägliche Fahrstrecke. Sobald die Batterie erschöpft ist, surrt plötzlich unter dem Blech ein rund 70 PS starker Motor. Für längere Passagen hat Opel nämlich neben dem Elektromotor noch einen Vierzylinder-Benziner eingebaut. Der treibt nicht die Räder an, sondern hängt an einem Generator. Und mit konstanter Drehzahl produziert er so viel Strom, dass man ungerührt weiterfahren kann - noch einmal bis zu 450 Kilometer. Erst dann muss der Wagen endgültig an die Ladebuchse oder zumindest an die Tankstelle. Weil man ihn dort in wenigen Minuten wieder für eine halbe Deutschlandreise flottmachen kann, spricht Opel stolz vom einzigen Elektroauto mit Langstrecken-Qualitäten und rund 500 Kilometer Aktionsradius.

Der Benziner bleibt akustisch zumeist dezent im Hintergrund. Erst wenn man heftig beschleunigt und viel Leistung abruft, muss auch das Notstromaggregat so kräftig arbeiten, dass man es laut brummen hört. Wenn man dagegen nur im Verkehr mitschwimmt, herrscht Ruhe an Bord. Der Benziner produziert nur so viel Strom, wie zum Fahren und für einen kleinen Energiepuffer tatsächlich benötigt werden.

Während die Ingenieure noch an der Feinabstimmung des Ampera feilen, wird gleichzeitig der Preis kalkuliert. In Rüsselsheim hält man sich noch bedeckt, aber mit knapp 40 000 Euro müssen Interessenten wohl rechnen.

Eine Versuchsflotte von 600 Prius mit Plug-in-Technik bringt Toyota derzeit weltweit auf die Straße. Weil hinter der Rückbank ein großer Akku mit Lithium-Ionen-Technik und im Kotflügel eine Ladebuchse integriert wurde, kann man mit dem Fünfsitzer bis zu 20 Kilometer durch die Stadt stromern, bevor sich der Benziner zuschaltet.

Am Steuer des Prius sitzt man wie in einer Oase der Ruhe und gleitet wie ein U-Boot auf Tauchfahrt durch die Straßen. Dabei reichen die maximal 80 PS des Elektromotors völlig aus, um von Ampel zu Ampel zu rollen oder mal etwas flotter zu beschleunigen. Und auch auf der Landstraße hält der Hybrid ordentlich mit. Sogar auf der Stadtautobahn kann man bedenkenlos stromern. Schließlich hält der Benziner bis Tempo 100 Ruhe - bei einem sanften Gasfuß. Tritt der Fahrer dagegen kräftiger zu, springt der Benzinmotor schon früher an. Dann klettert die maximale Leistung auf 136 PS, und der Saubermann hat beim Ampelspurt deutlich bessere Voraussetzungen. Doch zum Rennwagen reicht es mit einem Sprintwert von 11,4 Sekunden und einer elektronisch begrenzten Tempospitze von 180 km/h natürlich nicht.

Dafür jedoch ist der Plug-in-Prius eines der sparsamsten und saubersten Autos, die man hierzulande demnächst fahren kann. Während der VW Polo BlueMotion oder der Smart CDI gegenüber dem normalen Prius noch ein paar Gramm weniger CO2 ausstoßen, wird der Teilzeitstromer zum König der Knauserer: Dank der längeren Elektroetappen liegt der Verbrauch bei 2,6 Litern, der CO2-Ausstoß bei 59 g/km.

Möglich wird der saubere Kurztrip mit einem großen Lithium-Ionen-Akku. Er hat eine Kapazität von 5,2 kWh und reicht im japanischen Fahrzyklus sogar für fast 24 Kilometer. Das klingt nicht nach viel. Doch weil der Motor beim Bremsen zum Generator wird und so die Batterie selbst wieder auflädt, verlängert sich die Reichweite. Für viele Berufspendler ist die Kapazität des Akkus damit völlig ausreichend. Und an der Steckdose reichen 90 Minuten für den elektrischen Tankstopp. Der Bordcomputer unterstützt beim Sparen: Er zeigt nicht nur den Energiefluss und die Reichweite, sondern registriert auch das Umweltverhalten des Fahrers und pflanzt für jeden elektrisch gefahrenen Kilometer virtuelle Bäumchen in eine blühende Bildschirmlandschaft.

Beim Toyota-Händler wird man noch vergeblich nach dem Plug-in-Prius suchen. Europaweit werden lediglich 200 Modelle an Flottenkunden im (preislich zumutbaren) Leasing abgegeben. Käufer müssten wohl mit Mehrkosten gegenüber dem Serien-Prius in Höhe von bis zu 10 000 Euro rechnen. Deshalb stellt sich - zumindest derzeit - auch nicht die Frage nach der Großserie. In einigen Jahren aber könnte das schon ganz anders aussehen.