Berlin. Sonys neue VR-Brille PSVR2 beschert beim Ausprobieren tolle Momente und setzt neue Maßstäbe. Zwei Punkte aber sorgen für Magengrummeln.

An beängstigend steilen Berghängen entlangklettern. Herumliegendes Geschirr mit den eigenen virtuellen Händen greifen und durch die Gegend werfen. Oder auf dem Rücken nach Pfeil und Bogen greifen, um damit Zielscheiben oder Maschinen-Tiere abzuschießen – und das alles vor traumhafter Gebirgskulisse mit herabstürzenden Wasserfällen: Mit der neuen Playstation VR2 auf dem Kopf können Spielerinnen und Spieler ein echtes Mittendrin-Erlebnis im eigenen Wohnzimmer genießen. Das Vorzeigespiel „Horizon – Call of the Mountain“ entpuppt sich dabei für Neulinge wie Erfahrene als beeindruckender Einstieg in die neuen Möglichkeiten von VR-Games.

Seit dem 22. Februar ist Sonys neue VR-Brille für die Playstation 5 offiziell im Handel erhältlich. Rund 600 Euro verlangt der Hersteller für das Zubehör, inklusive zweier Bewegungscontroller für die Steuerung, kabelgebundenen In-Ear-Kopfhörerstöpseln und einem 4,5 Meter langem USB-C-Kabel für die Verbindung zur Konsole – ein kostspieliges Vergnügen.

Unsere Redaktion hatte die Gelegenheit, die PSVR2 knapp eine Woche lang in der Praxis samt drei aktuellen Spieletiteln auszuprobieren. Wir verraten, wie sich das Spielen in der virtuellen Realität anfühlt, welche Stärken und Schwächen aufgefallen sind und welche Fragen man sich vor dem Kauf unbedingt stellen sollte.

Vorab: Das Spielen mit VR-Brille kann je nach Spiel bei manchen Menschen zu Magengrummeln, Übelkeit oder Schwindelgefühl führen. Wir nennen am Ende einige Tipps, die – neben Pausen – gegen diese sogenannte „Motion Sickness“ helfen können.

Playstation VR2 im Test: Ein neues Spielgefühl erleben

So viel lässt sich nach einer Woche in der Praxis sagen: Die Playstation VR2 ist nicht nur für VR-Einsteiger geeignet – auch wenn für diese der Wechsel vom Bildschirm in virtuelle Spielewelten besonders beeindruckend sein dürfte. Auch Spielerinnen und Spieler mit VR-Vorerfahrung erleben mit Sonys Brille, wie weit die hochauflösende Grafik bei VR-Titeln inzwischen ist und wie eine präzise Steuerung dank ausgereifter Bewegungscontroller das Erlebnis verbessert.

Die Einrichtung der PSVR2 dauert nur wenige Minuten: An der Brille mit ihrem futuristisch-gebogenen Design, das an die Optik der Playstation 5 erinnert, ist das 4,5 Meter lange USB-C-Kabel fest angebracht. Dieses wird einfach an die Konsole angestöpselt und die Brille an der Unterseite angeschaltet. Leicht verständliche Schritte auf dem Bildschirm führen die Nutzer durch den Einrichtungsprozess.

Dabei wird die Umgebungshelligkeit im Zimmer genauso gemessen wie die zur Verfügung stehende Spielfläche. Dafür scannt die Brille über Außenkameras den Raum ab und legt dabei eine Art virtuelles Gitternetz über Schreibtisch, Schränke, Stühle oder andere störende Gegenstände in der Nähe. Damit soll verhindert werden, dass man sich später mit Brille auf dem Kopf beim Umdrehen und Bewegen im Raum an gefährlichen Objekten stößt oder den Fernseher umwirft.

Die Playstation VR2 sitzt dank Polstereinlagen und Feststellrad sicher und bequem auf dem Kopf. Nach einer Stunde kann das Gewicht (560 Gramm) aber den Nacken belasten.
Die Playstation VR2 sitzt dank Polstereinlagen und Feststellrad sicher und bequem auf dem Kopf. Nach einer Stunde kann das Gewicht (560 Gramm) aber den Nacken belasten. © ZRB | Maik Henschke

Was nach dem Scan übrigbleibt, wird als Spielfläche festgelegt und für spätere Spielrunden gespeichert. Bietet das Zimmer weniger als 2 mal 2 Meter Platz, können Spiele zur Sicherheit nicht im Bewegungsmodus gespielt werden. Immerhin kann man Games dann noch im Stehen mit Körperdrehungen am Platz und vollen Armbewegungen bestreiten oder aber im Sitzen. Beides hat sich trotzdem als gute Alternative herausgestellt.

Das Headset der PSVR2 wiegt 560 Gramm – in etwa so viel wie ein Tablet auf dem Kopf. Dennoch gelingt es Sony, für gewissen Komfort zu sorgen: An Stirn und Hinterkopf schützen Polster, zwischen Linsen und Gesicht sind angenehme Gummilamellen angebracht. Über einen Drehknopf am Hinterkopf ähnlich wie beim Fahrradhelm lässt sich die Brille präzise an die eigene Kopfform anpassen.

Ein Knopf oben an der Brille verstellt den Abstand der Brille zum Gesicht. Und über ein kleines Drehrädchen regelt man den Objektivabstand. Diese Feineinstellungen zu Beginn haben sich als enorm wichtig herausgestellt, um später in Spielen ein optimale Seherlebnis und genügend Tragekomfort zu erreichen.

Eine halbe Stunde spielen waren damit problemlos möglich. Ab einer Stunde Nutzung am Stück macht sich das Gewicht dann doch an Stirn, Nase und Nacken bemerkbar. Mit regelmäßigen Pausen steht aber auch mal längeren Spielsitzungen nichts im Wege. Bei bewegungsreichen Spielen könnten manche unter dem Headset durchaus ins Schwitzen kommen. Clever sind die eingebauten Mini-Lüfter, die aber in erster Linie verhindern sollen, dass die eingebauten Linsen und auch echte Brillen beschlagen.

PSVR2: Was bei Sonys VR-Brille gut gefällt

Fangen wir mit dem Wichtigsten an: Das Spielerlebnis mit der PSVR2 ist insgesamt ein neuer Meilenstein, beeindruckt an vielen Stellen und macht eine Zeit lang Spaß. Gerade das „Horizon“-Spiel mit seiner glaubwürdigen Bergwelt (von den Maschinenmonstern abgesehen), Holzhütten, Vögeln, Flüssen und bewegbaren Objekten in hoher Auflösung sorgt nicht nur bei Einsteigern immer wieder für Aha-Momente. Auch das Weltraumspiel „Star Wars: Tales from the Galaxy’s Edge“ und das niedlich-anrührende Rätselabenteuer „Moss: Book“ können die Stärken der VR-Technik entfalten.

Großes Plus der PSVR2 ist dabei das bisher nur von Profi-Brillen bekannte Augen-Tracking: Die Brille erkennt, wo Spieler hinschauen und stellt genau dort die Grafik am schärfsten dar. Das hat in Spielen gut funktioniert und auch Menüs lassen sich durch bloße Blickwechsel steuern. Voraussetzung ist aber, dass die Brille exakt sitzt, damit der schärfste Punkt erkannt wird. Gerade im Vergleich zu eigenständigen VR-Brillen wie der Meta Quest 2 erreicht die PSVR2 eine deutlich höhere Grafikqualität. Dennoch: Neulingen sollten nicht erwarten, ein ebenso knackscharfes und farbenfrohes Bild wie auf einem 4K-HDR-Fernseher oder auf einem Gaming-Monitor zu erhalten.

Die Playstation VR2 kommt mit zwei Bewegungscontrollern im Lieferumfang. Außerdem sind einfache In-Ear-Kopfhörer beigelegt.
Die Playstation VR2 kommt mit zwei Bewegungscontrollern im Lieferumfang. Außerdem sind einfache In-Ear-Kopfhörer beigelegt. © ZRB | Maik Henschke

Sonys VR-Brille: Steuerung und Klang überzeugen

Die beiden Bewegungscontroller steuern präzise. Wer schon mit dem Gamepad der PS5 spielt, kommt schnell zurecht. Neulinge müssen sich daran gewöhnen, die Handgeräte richtig zu halten und sie mit den Sicherheitsschlaufen an den Handgelenken festzuzurren. Toll: Spiele erkennen die Controller auch dann noch, wenn man sie hinter dem Rücken entlangführt – etwa beim Ziehen eines Bogens.

Die mitgelieferten Kopfhörerstöpsel liefern einen ordentlichen und räumlichen Klang mit etwas Bass. Das Kabel führt in den Klinkenanschluss und lässt sich praktisch im Bügel am Hinterkopf verstauen. Wer mehr Soundqualität möchte, kann bestimmte eigene Kopfhörer verwenden, Sony empfiehlt die eigenen „Pulse 3D“-Bügelkopfhörer. Diese lieferten im Test tatsächlich besseren Raumklang und passten exakt unter das Brillengestell.

Eigenständige VR-Brillen kommen ganz ohne Kabel aus, schwächeln aber bei Grafik und Akku. Modelle mit PC-Anbindung haben oft mehr Kabelsalat. Die PSVR2 kommt mit einem langen Kabel aus. Hin und wieder war es im Weg, meist ließ es sich aber hinter der Schulter ablegen. Dafür sorgt die PS5-Anbindung für starke Grafikleistung – ein akzeptabler Kompromiss.

PSVR2: Was man vor dem Kauf wissen sollte

Gerade VR-Neulinge sollten mit Bedacht kaufen. Grund Nummer eins: Es ist durchaus möglich, dass auch beim Spielen mit der PSVR2 Übelkeit, Unwohlsein oder Schwindelgefühle auftreten. Davon berichteten eine ganze Reihe an Nutzern und Testern rund um den Marktstart. Auch bei unserem Test konnte die sogenannte Motion Sickness, ähnlich einer Reisekrankheit, immer wieder auftreten. Häufig dann, wenn man sich in Ego-Perspektive zu schnell durch die Spielewelt bewegt, über Abgründe springen muss oder wilde Kampfeinlagen absolviert. Das führte mitunter rasch zu Magenproblemen.

Beschwerden sind aber sehr individuell und hängen stark vom Spiele-Titel ab. Wer nicht weiß, ob er anfällig dafür ist, kauft unter Umständen ein Zubehör, das schnell im Schrank landet oder wieder verkauft wird.

Folgende Tipps gegen Motion Sickness haben sich im Test und auch bei anderen Nutzern bewährt:

Manche Spiele bieten Einsteigern „Komforteinstellungen“: Beim Umdrehen im Spiel erscheinen dann schwarze Vignetten am Rand oder man kann zum Drehen die Steuerknüppelchen nutzen. Statt von A nach B zu rennen, bieten manche Titel eine Teleport-Funktion. Ansonsten gilt: Am Anfang langsam und in Maßen bewegen.

  1. Mit ruhigen Spielen beginnen, bei denen man auch sitzen kann (zum Beispiel „Moss: Book“). Nicht gleich mit actionreichen Games oder Rennspielen anfangen.
  2. Mit 20-Minuten-Sitzungen beginnen und dann nach und nach steigern.
  3. Ein Ventilator von vorn sowie Kaugummikauen können Beschwerden verhindern.
  4. Bei Magenproblemen oder Schwindelgefühl sofort Pausen einlegen.
  5. Regelmäßiges Spielen kann helfen, damit ein Gewöhnungseffekt einsetzt.

PSVR2: Kaufen oder abwarten?

Zudem ist die Spieleauswahl aktuell noch auf rund 30 Titel begrenzt. Zwar sind laut Sony über 100 weitere Titel in der Entwicklung. Aber wie regelmäßig man so ein Zubehör tatsächlich nutzen wird, hängt stark von Spielen ab, die zum eigenen Geschmack passen.

Schon jetzt gibt es erste Titel, die Unentschlossene vor dem Kauf als kurze Demo anspielen können. Zudem sollen zahlreiche Titel der Vorgänger-VR-Brille auch für die PSVR2 erscheinen. Eine kluge Entscheidung dürfte sein, abzuwarten, bis der üppige Preis für die VR-Brille etwas gesunken ist und sich ein breiteres Angebot an hochwertigen Spielen entfaltet hat.

Bis dahin ist das teure Zubehör Technik-Enthusiasten mit dem nötigen Kleingeld durchaus zu empfehlen. Ob sich VR-Spiele aber abseits dieser Nische wirklich durchsetzen werden, muss sich noch beweisen. Die Playstation VR2 könnte das Tor dafür aber ein Stück weit öffnen.