Berlin. Ab Januar können Ehegatten füreinander Entscheidungen treffen. Das aber gilt aber nur für Gesundheitsfragen und ist zeitlich begrenzt

Keiner denkt gern daran, dass er richtig krank werden könnte, einen Unfall erleidet, ins Koma fällt und dann nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen zu äußern. Verheiratete gehen oft davon aus, dass sie in einem solchen Notfall selbstverständlich für den Ehegatten oder die Ehegattin entscheiden dürfen.

Bislang ist die rechtliche Situation allerdings anders: Ehe- oder auch eingetragene Lebenspartner sind durch die Heirat nicht automatisch Vertreter des anderen. Das ändert sich zum 1. Januar mit dem neuen Notvertretungsrecht in Gesundheitsfragen.

Ehepartner können sich künftig gegenseitig vertreten, wenn einer erkrankt ist und sich vorübergehend nicht um seine Angelegenheiten kümmern kann. Damit soll in vielen Fällen die Bestellung eines rechtlichen Betreuers vermieden werden.

Ein guter Ansatz, denn das Betreuungsverfahren kostet Geld und ist für Angehörige zeitlich und oft auch psychisch belastend. Pro Jahr werden für rund 90.000 Personen, die keine Vorsorgevollmacht haben, vorläufige Betreuer bestellt.

Notvertretung: Eine ärztliche Bestätigung ist erforderlich

Die neue Notvertretung für Ehepaare kommt zum Tragen, wenn ein Arzt oder eine Ärztin schriftlich bestätigt, dass der Patient oder die Patientin krank oder bewusstlos ist und deshalb nicht in der Lage, die eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln. In dem Dokument steht auch der genaue Zeitpunkt, ab wann das Vertretungsrecht greift.

Zudem müssen die behandelnden Ärzte mit dem Ehegatten des Patienten klären, ob das Notvertretungsrecht nicht ausgeschlossen ist, weil bereits ein Betreuer bestellt ist oder der Patient schon alles mit einer Vorsorgevollmacht geregelt hat. Der Arzt lässt sich das von dem vertretenden Ehegatten schriftlich versichern, auch dass dieser mit dem Patienten verheiratet ist und nicht getrennt lebt. Nachforschen, ob das stimmt, müssen Ärzte nicht.

Zusammen mit der Bundesärztekammer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft hat das Bundesjustizministerium ein Muster zur Ehegattennotvertretung erstellt. Das können Ärzte im neuen Jahr verwenden, um dem Ehegatten des Patienten das gesetzliche Vertretungsrecht zu bestätigen. Das Schriftstück mit beiden Unterschriften dient als Nachweis bei allen Vertretungshandlungen.

Das umfasst das neue Notvertretungsrecht

All die Dinge rund um Pflege und Gesundheit können Ehegatten im Notfall nun wirksam für den anderen regeln – auch ohne Vorsorgevollmacht. Sie dürfen in Untersuchungen und Operationen einwilligen oder sie ablehnen. Auch Einsicht in die Krankenakten ist möglich, da Ärzte ihnen gegenüber von der Schweigepflicht entbunden sind.

Zudem können sie für den Ehepartner einen Pflegegrad, Kurzzeitpflege oder eine Reha-Maßnahme beantragen. Muss der Ehepartner in ein Pflegeheim, kann der andere alle notwendigen Verträge abschließen.

In der Praxis wird das mitunter heute schon so gehandhabt, auch wenn es rechtlich eine Grauzone war. Durch die neue Regelung sind die Befugnisse des Ehegatten in medizinischen Notfällen nun klar im Gesetz geregelt (§ 1358 BGB-neu).

Das Ehegattenvertretungsrecht endet automatisch, sobald der Erkrankte wieder so gesund ist, dass er selbst entscheiden kann. Auch wenn der Patient über einen längeren Zeitraum nicht handlungsfähig ist, erlischt das Vertretungsrecht spätestens nach sechs Monaten – das ist nicht verlängerbar. Nach dessen Ablauf lässt sich die Bestellung eines Betreuers durch das Gericht nicht länger vermeiden.

Die Vorsorgevollmacht wird nicht ersetzt

Mit einer Vorsorgevollmacht wäre das nicht passiert. Deshalb rät der Geldratgeber Finanztip, trotz Notvertretung für Ehegatten eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung zu erstellen. Diese bieten mehr Gestaltungsspielraum für individuelle Regelungen auch in Bereichen, die über die Gesundheitssorge hinausgehen. Sie sind auch nicht befristet.

Außerdem entlastet es eine Familie, wenn zum Beispiel auch die erwachsenen Kinder im Notfall rechtswirksam für Vater oder Mutter entscheiden können.

So lässt sich eine Vorsorgevollmacht erstellen

Eine Vorsorgevollmacht kann jeder selbst schreiben. Finanztip empfiehlt dazu das Muster des Bundesjustizministeriums oder das Online-Tool der Verbraucherzentralen. Damit lässt sich Schritt für Schritt eine Vorsorgevollmacht in wenigen Schritten erstellen, ausdrucken und unterzeichnen.

Damit die Vollmacht wirksam ist, muss sie der Bevollmächtigte in den Händen halten, und zwar als Original. Eine Kopie reicht nicht. Weitere Infos und Tipps gibt es im Netz.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit ­finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.