Berlin. Immer mehr Rentner müssen eine Steuererklärung abgeben. Doch das heißt nicht, dass sie tatsächlich Steuern zahlen müssen.

Rund fünf Millionen Rentner sind bereits jetzt steuerpflichtig. Und jedes Jahr werden es mehr. Allein aufgrund der letzten Rentenerhöhung vom Juli 2018 um gut drei Prozent sind nach Angaben des Bundesfinanzministeriums 54.000 Rentner neu in die Steuerpflicht gerutscht.

Ungefähr genauso viele werden es bei der nächsten Rentensteigerung im Juli 2019 sein. Dies kann überraschende Konsequenzen für ältere Rentner nach sich ziehen, die glauben, sie hätten mit der Steuer nichts mehr zu tun. Es kann sogar passieren, dass jemand mit mehr als 80 Jahren erstmals als Rentner Steuern zahlen muss.

Sozialversicherungsträger melden die ausgezahlten Renten an die Finanzverwaltung. Vielfach schreiben Finanzämter Rentner an und fordern sie auf, eine Steuererklärung abzugeben. Sehr viele Rentner sind dazu verpflichtet.

Steuererklärung bei Rentnern: Übergangsphase bis 2040

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Doch das bedeutet nicht, dass man automatisch Steuern zahlen muss. Denn es gibt zahlreiche Posten, die absetzbar sind und die Steuerlast senken oder sogar ganz vermeiden (siehe Beitrag „Wer muss eine Steuererklärung machen?“).

Hintergrund ist die seit 2005 schrittweise eingeführte nachgelagerte Besteuerung von Renten. Bis 2040 gibt es eine Übergangsphase, in der nur ein Teil der Rente zu versteuern ist.

Dafür können Steuerzahler von Jahr zu Jahr einen wachsenden Anteil ihrer bezahlten Rentenversicherungsbeiträge und Einzahlungen in eine Rürup-Rente als Vorsorgeaufwendungen absetzen.

Individueller Rentenfreibetrag bei Rentnern

Im Gegenzug müssen Neurentner einen größeren Teil ihrer Rente versteuern. Von Rentnerjahrgang zu Rentnerjahrgang wächst dieser.

Wer 2018 erstmals eine gesetzliche Rente bezogen hat, der muss 76 Prozent davon versteuern und nur 24 Prozent bleiben steuerfrei – zwei Prozentpunkte weniger als bei denjenigen, die erstmals 2017 eine Rente bekommen haben. Wer bis 2005 in Rente gegangen ist, hatte noch 50 Prozent steuerfrei.

Das Finanzamt fixiert diesen steuerfreien Teil, indem es für jeden Rentner einen individuellen Rentenfreibetrag ermittelt, der grundsätzlich lebenslang gleich bleibt. Nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel aufgrund der erhöhten Mütterrente für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, berechnet das Finanzamt den Rentenfreibetrag neu.

Ab 2040 gilt für Rentner volle Steuerpflicht

Dieser konstante Freibetrag sorgt jedoch dafür, dass jegliche Rentenerhöhung voll steuerpflichtig ist. Dies betrifft dann auch einen Bestandsrentner. Hat er einen Rentenfreibetrag von 500 Euro und bekommt mittlerweile 1500 Euro Rente, dann sind 1000 Euro steuerpflichtig.

Starke Rentenerhöhungen überkompensieren einen höheren Grundfreibetrag (2019: 9168 Euro), weshalb auch Bestandsrentner mit der Zeit in die Steuerpflicht rutschen können. Außerdem sinken bis 2040 kontinuierlich weitere Vergünstigungen in der Besteuerung von Renten und Pensionen.

Das gilt für den Versorgungsfreibetrag für Pensionen und Betriebsrenten und auch für den Altersentlastungsbetrag für Nebeneinkünfte (siehe Tabellen). Wer sich ab 2040 zur Ruhe setzt, der muss seine komplette gesetzliche Rente versteuern.

Stolperfalle Formular bei Steuerklärung von Rentnern

Es wird immer mehr zum Normalfall, dass ein Rentner eine Steuererklärung erstellen muss. Die Rentenbezüge muss er in die Anlage R eintragen. Und zwar den Bruttobetrag, nicht die geringere ausgezahlte Rente. Denn die gesetzliche Rentenversicherung führt ja für ihn Kranken- und Pflegeversicherung ab.

Zu den anzugebenden Leibrenten zählen Auszahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, von berufsständischen Versorgungswerken, landwirtschaftlichen Alterskassen und Rürup-Renten. Einzutragen sind sie in Zeile 4 bis 13.

Tipp: Es ist gar nicht so einfach, Altersbezüge den korrekten Zeilen in den Formularen zuzuordnen. Helfen kann dabei eine Bescheinigung der Deutschen Rentenversicherung und Leistungsmitteilungen der Anbieter.

Versorgungsbezüge

Pensionen gehören als Versorgungsbezüge in die Anlage N, ebenso Betriebsrenten aus einer Direktzusage des Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse (Zeilen 5-15), Kapitalauszahlungen in die Zeilen 16-20.

Von der voll steuerpflichtigen Pension geht ein Versorgungsfreibetrag zuzüglich eines Zuschlags ab (siehe Tabelle); für Betriebsrentner auch, allerdings erst, wenn sie mindestens 63 Jahre alt geworden sind. Versorgungsfreibetrag und Zuschlag sinken für jeden neuen Jahrgang. Analog zur gesetzlichen Rente orientiert sich der Versorgungsfreibetrag daran, wann der ehemalige Beamte erstmals eine Pension erhalten hat.

Beispiel: Hans Müller bekommt 2018 seine erste Pensionszahlung. Davon bleiben 19,2 Prozent, höchstens 1440 Euro zuzüglich 432 Euro Zuschlag, steuerfrei. Hinzu kommt eine Werbungskostenpauschale von 102 Euro. Das ergibt: 1440 + 432 + 102 = 1974 Euro als höchstmöglicher Freibetrag, der für ihn bis ans Lebensende festgeschrieben wird. Hatte er höhere Aufwendungen, kann er in seiner Steuererklärung höhere Werbungskosten ansetzen.

Witwenrente

Eine gesetzliche Erwerbsunfähigkeits- oder Hinterbliebenenrente wird grundsätzlich wie eine Altersrente besteuert. Der Besteuerungsanteil der Hinterbliebenenrente richtet sich danach, wann der verstorbene Ehegatte in Rente gegangen ist.

Beispiel: Ein Mann bekommt 2016 erstmals Altersrente. Nach seinem Tod erhält ab April 2018 die Witwe für ihn eine Witwenrente. Diese ist eine Folgerente. Für die Festlegung des Prozentsatzes des steuerfreien Teils der Rente kommt es auf das Erstbezugsjahr an, also 2016. Damit bleiben 28 Prozent der von April bis Dezember 2018 erhaltenen Hinterbliebenenrente steuerfrei.

2018 und 2019 profitiert die Witwe noch vom Splittingtarif für Verheiratete (Gnadensplitting), doch im Jahr darauf fällt dieser Vorteil weg. Ab 2020 muss sie sich einzeln veranlagen lassen und es muss völlig neu gerechnet werden.

Private Rentenversicherung

Renten aus privaten Lebens- und Berufsunfähigkeitsverträgen gehören in die Zeilen 14 bis 20 der Anlage R. Die Höhe der Besteuerung bemisst sich nach dem Ertragsanteil (siehe Tabelle). Nur dieser ist steuerpflichtig.

Bekommt ein Steuerzahler mit 65 Jahren erstmals eine private Rente ausbezahlt, beträgt der Ertragsanteil 16 Prozent. 84 Prozent bleiben steuerfrei. Je länger der Steuerpflichtige mit der Auszahlung wartet, desto weniger muss er versteuern. Denn der Ertragsanteil sinkt mit dem Lebensalter.

Hätte sich der Steuerzahler die erste Rente bereits mit 60 Jahren auszahlen lassen, dann hätte er auf 22 Prozent der Summe Steuern zahlen müssen. Mit dem Ertragsanteil sind auch Zusatzrenten von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zu versteuern.

Altersentlastungsbetrag

Wenn Rentner Nebeneinkünfte haben, dann müssen sie diese etwas geringer versteuern. Das Finanzamt gewährt den Altersentlastungsbetrag den Rentnern automatisch, wenn sie eine Steuererklärung abgeben und am 1. Januar 2018 mindestens 64 Jahre alt waren, aktuell also mindestens 65 sind.

Für das Jahr 2018 haben erstmals diejenigen einen Anspruch darauf, die bis Ende 1953 geboren wurden. Von ihren Mieteinnahmen, Lohn oder Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit bleiben 19,2 Prozent, aber höchstens 912 Euro steuerfrei. Für Ältere ist dieser Freibetrag höher (siehe Tabelle).

Der Freibetrag reduziert auch voll steuerpflichtige Einnahmen aus einer Riester-Rente oder einer Betriebsrente aus einer Pensionskasse oder einem Pensionsfonds. Für Kapitalerträge ist er ebenfalls anrechenbar. Dafür muss der Steuerpflichtige die Günstigerprüfung beantragen und seine Kapitaleinkünfte in der Anlage KAP eintragen.

Verheirate können von einem zweiten Altersentlastungsbetrag profitieren, weil jedem der Ehegatten ein Freibetrag zusteht. Hat zum Beispiel der Mann ein Aktiendepot mit Dividendeneinnahmen, dann könnte er seine Frau als Mitinhaberin des Depots eintragen lassen. Dann wird jedem die Hälfte der Kapitalerträge zugeschrieben. Von denen wird dann der jeweilige Altersentlastungsbetrag abgezogen.

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