Berlin. Saskia Rienth macht Medienberatung für Künstler. Viele wissen nicht, wie sie sich gut in den Sozialen Medien und vor Fans präsentieren.

Durch die Sprechanlage klingt eine warme Stimme. Saskia Rienth empfängt ihre Kunden zu Hause. Die Wohnung ist hell, eine Gitarre steht gegenüber ihrem Klavier auf dem Boden im Wohnzimmer. Für ihre Coachings will sie eine gemütliche Atmosphäre schaffen: mit bunten Tassen, Keksen und einem breiten Lächeln im Gesicht.

Rienth unterstützt Menschen aus der Kreativbranche bei ihrer Außendarstellung. „Ich will den Guten eine Stimme geben“, sagt sie. Etwa 80 Prozent ihrer Klienten sind Musiker. Sie habe aber auch schon Autoren begleitet, erzählt die 33-Jährige.

Die meisten, die zu ihr kommen, stehen am Anfang ihrer Karriere. Bei anderen ist der Anlass, dass sich etwas in ihrem künstlerischen oder privaten Leben verändert hat. Bei manchen geht es auch um ein Comeback. Oft müssen sich die Künstler erst noch „selbst finden“, sagt sie. Oder sie haben „sich verloren“.

Künstler, Label und Coach an einem Tisch

Meist kommen die Musiker aus eigenem Antrieb zu ihr. Manchmal sind es ihre Labels oder Produktionsfirmen, die Rienth ansprechen. In ihren „Positionierungsworkshops“ kommen oft alle zusammen: Sie sitzen dann an Rienths Tisch im Wohnzimmer und beratschlagen gemeinsam über den Künstler und dessen Identität.

Die Frage „Wer bin ich?“ ist für ihre Künstlerberatung zen­tral, sagt Rienth. Und die Frage: „Wie werde ich von anderen wahrgenommen?“ Rienth erzählt, dass manche ihrer Kunden in ihrer Jugend Teilnehmer von Castingshows waren, wo ihnen ein Image gegeben wurde, das sie wieder loswerden möchten.

Riehnts Job bewegt sich zwischen Coaching und PR. Ein bisschen Lebensberatung ist es auch. „Ich bin total der Psychologie-Fan“, sagt sie. Zum Beispiel lässt sie ihre Klienten Begriffe suchen, „die sie ausmachen“ und die sie auf bunten Karton schreiben.

Wer er selbst ist, hat schon das beste Image

In der Wirtschaft gehe es um Alleinstellungsmerkmale, sagt die 33-Jährige. Jedes Unternehmen strebe danach, etwas Eigenes, nie Dagewesenes zu finden.

Sie setzt dagegen: „Wenn wir wir selbst sind und etwas Eigenes erschaffen, dann haben wir ja per se etwas, das es so nicht noch einmal gibt.“ Das gelte es zu ent­decken und hervorzuheben.

Keine Angst vor der Öffentlichkeit

Die Künstler fragt sie: „Was ist deine Motivation? Hast du eine Botschaft? Welche Gefühle möchtest du erzeugen?“ Viele hätten zum Beispiel Angst vor Interviews oder Bedenken, mit persönlichen Geschichten in die Öffentlichkeit zu treten.

Aber genau das wolle die Öffentlichkeit, sagt Saskia Rienth. „Damit machst du die Musik zugänglich.“ Hörer möchten erfahren, wie und warum Songs entstanden sind.

Früher selbst als Sängerin aufgetreten

Die 33-Jährige weiß, wovon sie spricht. Sie ist früher selbst als Sängerin aufgetreten. Als sie zwischen zwölf und achtzehn Jahre alt war, ging sie auf Tournee. Ihr Vater war Komponist und hat Bücher vertont. „Heute würde man das Musical nennen“, sagt Rienth.

Mit 16 Jahren kam sie zum Radio. Sie machte ein Praktikum beim Südwestrundfunk (SWR) und arbeitete in den Ferien beim Jugendradioprogramm „Das Ding“ mit. Als sie älter wurde, wechselte sie als Redakteurin und Moderatorin in die „Morningshow“. Auch für MDR Jump hat sie gearbeitet. Alles zusammen zwölf Jahre lang, in Voll- und in Teilzeit.

Studium an der Popakademie

Rienth studierte an der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim. Praktische Erfahrung sammelte sie während der Semesterferien bei Universal Music in der Promo-Abteilung. Das ist das Ressort, das sich um Maßnahmen zur Verkaufsförderung kümmert.

Sie ging mit der Band Tokio Hotel auf Tournee und begleitete deren Aufstieg. „Und die ‚Beginner‘ hatten gerade ihr Comeback“, erinnert sie sich an die Zeit.

Statt Pop Medienkunst studiert

Für sie als damals 19-Jährige war das ein Erlebnis, sagt Rienth. Das Studium in Mannheim hat sie später abgebrochen. „Ich bin durch eine Prüfung geflogen und war raus.“

An der Bauhaus-Universität Weimar absolvierte sie das Bachelorprogramm Medienkunst. Das sei ein praktisches Studium, „anders als Medienwissenschaft, wo man mehr theoretische Texte liest“, sagt Rienth. Am Lehrstuhl Experimentelles Radio habe sie viel ausprobieren können.

Als Moderatorin ein großes Netzwerk aufgebaut

Heute sagt sie über ihre Zeit beim Radio, dass ihr der Beruf als Moderatorin zu oberflächlich gewesen sei. „Ich konnte mich irgendwann nicht mehr identifizieren.“

Dementsprechend fiel es ihr nicht schwer, sich selbstständig zu machen. Vor knapp sechs Jahren war das. „Der Vorteil: Ich war ja schon drin und kannte die Leute“, erzählt Rienth. Etwa 40 Künstler berät sie pro Jahr, die von ihrem Netzwerk profitieren.

Wichtig sei, auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten, findet Rienth. Dann könne sie auch den sprichwörtlichen Finger in die Wunde legen.

Passt das Onlineprofil zum Image?

Mit ihren Kunden geht sie mit kritischem Blick die gesamte Außendarstellung durch: die Internetseite und die Social-Media-Kanäle. Sie schaut mit ihnen, ob das zu dem Image passt, das sie anstreben. Wenn eine Rockband „hart“ rüberkommen wolle, dürfe sie keine „Tüdelü-Schrift“ haben, sagt Rienth.

Heute kann sich die Beraterin kaum mehr einen anderen Beruf vorstellen. Ihr einziges Problem: „Ich arbeite zu viel“, sagt sie, lacht aber dabei. „Ich habe nie Feierabend. Ich geh auf ein Konzert, ich schaue eine Doku an, ich habe so viel Inspiration, das hört nie auf.“

Darum fliegt sie manchmal für vier Wochen Auszeit nach Aus­tralien – und rührt ihr Handy dort nicht an.