Potsdam. Lisa Ihde ist seit jeher begeistert vom Programmieren. Sie absolviert ein Masterprogramm am HPI und wirbt um weiblichen Nachwuchs.

Lisa Ihde sitzt in einem Café des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) in Potsdam. Hier kennt sich die 22-Jährige aus – und die meisten der Anwesenden mit Namen. An dem Institut hat sie IT-Systems Engineering im Bachelorprogramm studiert.

Gerade absolviert sie das Masterstudium im selben Fach. Über ihren Bruder, der an dem Institut seinen Doktor macht und mit dem sie viele Interessen teilt, ist sie darauf gekommen, erzählt Ihde.

Gleichgesinnte im Schülercamp getroffen

Schon während der Oberstufe hat sie die Angebote des HPI genutzt. „Ich bin immer zu den Schülercamps hierhergefahren“, erzählt Ihde. Dabei hat sie zum Beispiel eine Reise-App programmiert.

Vor allem ging es bei den Schülercamps aber um den Austausch. Als Informatik-Begeisterte war Ihde in ihrer Schulklasse damals ziemlich allein. Bei den HPI-Camps traf sie dann nicht nur Gleichgesinnte in ihrem Alter, sondern auch Studierende. „Mir war dann schnell klar, dass ich hier studieren will.“

Vorkenntnisse sind gut, aber nicht zwingend

Was braucht man fürs Studium? „Man sollte natürlich IT-begeistert sein“, sagt die 22-Jährige. Vorkenntnisse seien gut, man könne aber auch vieles nachholen. Alle Studienanfänger seien auf unterschiedlichen Levels: „Einige programmieren seit Jahren, andere noch gar nicht.“

Ihde selbst hat früh mit Programmieren begonnen. „Ich habe immer gerne gebastelt. Und es hat mir immer Spaß gemacht, die PC-Probleme für meine Mama zu lösen.“ Die hat ihr dann ein Buch gekauft, in dem es um das Erstellen von Websites ging – und bekam von ihrer Tochter eine eigene zum nächsten Geburtstag.

Inzwischen hat Ihde selbst ein Buch geschrieben: „Meine eigene Homepage für Dummies – Junior“ ist 2017 im Wiley-VCH Verlag erschienen.

Andere junge Frauen motivieren mit eigenem Buch

Gemeinsam mit zwei Kommilitonen hatte sie einen Online-Kursus entworfen. So ist das Buch entstanden. „Ich wollte den Kurs erst gar nicht selbst machen, weil ich so wenig Zeit hatte.“ Aber das Institut habe sie ermutigt: „Sie haben gesagt, dass sich dann auch andere junge Frauen damit identifizieren könnten. Also habe ich gesagt: ,Ich mach das.‘“

Das Buch „Meine eigene Homepage für Dummies – Junior“ basiert auf diesem Kursus. „Der Verlag hat gesagt, das Thema würde richtig gut in ihre Reihe passen,“ erzählt Ihde. Und schon war sie Autorin.

Ihde schrieb das Buch gemeinsam mit Daniel-Amadeus Glöckner, einem Kommilitonen. „Die Woche vor der Abgabe war schlaflos“, sagt sie. Das Schreiben habe viel Zeit gekostet. „Nicht nur deshalb war es gut, jemand zweiten dabeizuhaben.“

Kinder ans Programmieren heranführen

Sie hätten sich die Kapitel aufgeteilt, sich gegenseitig Feedback gegeben. Die größte Herausforderung sei gewesen, sich kindgerecht auszudrücken – die Zielgruppe der Reihe „Dummies – Junior“ sind schließlich Kinder.

Diese ans Programmieren heranzuführen findet Lisa Ihde wichtig: „Wenn man während der Schulzeit nicht in Kontakt damit kommt, wie kommt man dann auf die Idee, so etwas zu studieren?“

Um ihr Fach Mädchen und Frauen näherzubringen, engagierte sie sich auch in der Öffentlichkeitsarbeit des Instituts. „Es geht darum, die Hemmschwelle zu senken“, findet Ihde. „Ich war anfangs selbst überrascht, dass hier so wenig Frauen sind. Ich bin in den Hörsaal gekommen und dachte: Kommen die noch?“

Gleichstellungsbeauftragte geworden

Inzwischen ist die Masterstudentin Gleichstellungsbeauftragte der HPI-Fakultät Digital Engineering. „Es gibt eben wenige Frauen am Institut, und ich wollte nicht, dass die Position unbesetzt bleibt.“ Also sagte sie zu, auch wenn sie immer noch wenig Zeit hat.

Im Rahmen ihres Amts hat sie zum Beispiel einen Gleichstellungsplan geschrieben. „Da ging es darum, ziemlich viele Daten auszuwerten und Maßnahmen aufzustellen, die der Unterrepräsentanz von Frauen entgegenwirken“, erzählt Ihde. Sie habe dabei das Gefühl gehabt, eine zweite Bachelorarbeit zu verfassen – bei dem Umfang, den der Plan hatte, sagt Ihde und stöhnt.

Ergebnisse, die man anderen zeigen kann

Ihre Bachelorarbeit schrieb sie über Mixed-Reality-Videos. Es ging darum, die 3-D-Welt in einem Video auch für Außenstehende sichtbar zu machen – nicht nur für die Nutzer, die eine Virtual-Reality-Brille tragen. Sie mag es, sichtbare und greifbare Ergebnisse zu erzielen, etwas, was man anderen gut zeigen könne. „Zum Beispiel der Familie“, sagt sie.

Auch für das Naturkundemuseum hat sich Lisa Ihde mit Kommilitonen Virtual-Reality-Anwendungen ausgedacht. In Kontakt mit dem Museum kam sie beim Kultur-Hackathon „Cod1ng Da V1nc1“ – einem Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer in einer vorgegebenen Zeit Projekte umsetzen, in denen Kultur und Technik ineinandergreifen.

Zum Games-Projekt nach Brasilien gereist

Die 22-Jährige kann sich gut vorstellen, auch nach ihrem Masterabschluss Bildungsanwendungen für Museen zu entwickeln. „Da kann man kreativ sein,“ sagt sie. Und Museen seien schließlich ein schöner Arbeitsort. Schon als Kind sei sie selbst gern dort gewesen.

Wo genau es für sie beruflich hingehen soll, weiß die 22-Jährige aber noch nicht. Vielleicht auch in die Spiele­entwicklung: Gerade ist Lisa Ihde aus Brasilien zurückgekommen. Dort nahm sie am Projekt „Girl Games“ teil, einer vom Goethe-Institut organisierten Veranstaltung für Spieleentwicklerinnen aus aller Welt.

„Es war cool zu sehen, dass es auch anderswo Frauen gibt, die an ähnlichen Projekten arbeiten.“

Vielleicht in die Forschung gehen

Eventuell wird sie aber auch erst einmal promovieren: „Jetzt im Master kommt man auch viel mit Forschungsthemen in Berührung“, erklärt Lisa Ihde. Das geht mehr in die Tiefe, und das gefällt ihr. „Ich will mir die Option offenhalten, in die Forschung zu gehen.“

Entschieden hat sich die 22-Jährige noch nicht. Schließlich weiß man nie, was noch kommen wird. Und vieles fiel Ihde bisher einfach zu. „Ich habe einfach ziemlich oft Ja gesagt“, sagt sie. Das nennt sie ihr Erfolgskonzept. „Wenn du dich für etwas begeisterst, findest du deinen Weg, um dorthin zu kommen.“