Berlin. Früher hatten Smartphones aus Fernost einen schlechten Ruf. Heute lehren Hersteller wie Xiaomi oder Huawei die Konkurrenz das Fürchten.

Samsung, Apple, Nokia, Sony oder Motorola mögen ihren Firmensitz in den unterschiedlichsten Teilen der Welt haben – produziert wurden ihre Smartphones seit Jahren aber alle im selben Land: China. So verwundert es kaum, dass mittlerweile genau dort die größten Konkurrenten der alteingesessenen Hightechfirmen sitzen.

Namen wie Xiaomi, Oppo oder Vivo mögen hierzulande noch kaum bekannt sein. Doch die chinesischen Unternehmen verkaufen mittlerweile jeweils mehr Smartphones als LG, Sony und HTC zusammen. Nun kommen deren Geräte zunehmend nach Deutschland.

Dass die neue Konkurrenz aus Fernost dabei technisch auf Augenhöhe mit Samsung und Co. spielt, bewiesen drei Geräte zu Preisen zwischen 360 und 1000 Euro im Test der Redaktion eindrucksvoll.

Xiaomi Mi Mix 2S

In Deutschland noch ziemlich neu ist der chinesische Hersteller Xiaomi. Im Handel sind dessen Geräte hierzulande offiziell noch nicht vertreten – auch wenn sie über Online-Händler problemlos zu bekommen sind. Mit Mobilcom-Debitel hat vor wenigen Wochen aber ein erster Mobilfunk-Provider vier Smartphones der Chinesen offiziell in sein Sortiment aufgenommen. Das getestete Mi Mix 2S (ab 360 Euro) ist eines der Top-Geräte des Herstellers. Das zeigt sich bereits an der technischen Ausstattung: Hauptprozessor (CPU) ist ein Snapdragon 845, er steckt auch in mehr als doppelt so teuren Top-Geräten wie Samsungs Galaxy Note 9 oder Googles Pixel 3. Auch 128 Gigabyte (GB) Speicher sowie sechs GB Arbeitsspeicher sind Ausstattungsmerkmale der Oberklasse.

Ein OLED-Display hat das Mi Mix 2S zwar nicht, der helle LCD-Bildschirm mit 6-Zoll-Bildschirmdiagonale schlägt sich aber dennoch sehr gut. Damit die Displayrahmen nicht nur seitlich, sondern auch am oberen Rand so dünn ausfallen konnten, wanderte die Front-Kamera ans untere rechte Ende des Gerätes. Das führt dazu, dass man sein Telefon für Selfies am besten um 180 Grad dreht, wenn es nicht aus einem sehr ungewöhnlichen Winkel aufgenommen werden soll. Die Bilder der Selfiekamera sind jedoch eher durchschnittlich und oft leicht überbelichtet.

Wichtiger sind allerdings die Ergebnisse der Hauptkamera auf der Rückseite – und die erlaubt sich keine Schwäche: Das Kameramodul besteht, wie heute üblich, eigentlich aus zwei Kameras: einer mit Weitwinkel- und einer mit Zoomlinse. Die Fotos sind scharf und kontrastreich, die Farben angenehm neutral. Auch die Porträtaufnahmen mit unscharfem Hintergrund sehen sehr gut aus – eine echte Oberklassekamera.

Zusammen mit dem sehr schicken Gehäuse und einem soliden Akku ist das Mix 2S ein konkurrenzfähiges Oberklassegerät zu einem unschlagbaren Preis. In China ist mittlerweile bereits das noch besser ausgestattete Nachfolgegerät Mi Mix 3 erschienen. Wann es nach Deutschland kommt, ist unklar.

OnePlus 6T

Die chinesische Smartphone-Schmiede OnePlus ist noch recht jung, hat sich seit ihrer Gründung 2013 aber bereits eine erstaunlich große Fangemeinde erarbeitet, auch in Deutschland. Spätestens mit ihrem neuesten, seit Mittwoch erhältlichen Smartphone OnePlus 6T (ab 549 Euro) dürfte sich der Name OnePlus aber herumsprechen. Es ist eine sehr gute – und noch dazu günstige – Alternative zu den teuren Platzhirschen der Oberklasse.

Die Ausstattung gleicht der des Mi Mix 2S: Snapdragon 845, 128 GB Speicher und sechs GB RAM sind mehr als genug für alle Anwendungsbereiche, auch die Kamera arbeitet auf ähnlich hohem Niveau wie bei Xiaomi. Das OnePlus-Gerät setzt sich von Letzterem aber mit einem kleinen technischen Highlight ab: Statt auf der Rückseite oder am unteren Geräterand ist der Fingerabdrucksensor direkt im Display verbaut. Ein Symbol zeigt bei Bedarf, wo der Finger hingelegt werden muss. Das funktioniert sehr zuverlässig, wenn auch eine Idee langsamer als herkömmliche Sensoren.

Die Rückseite unseres Testgeräts in der Farbvariante Midnight Black ließe sich ohne Weiteres für Aluminium halten, ist aber aus Glas. Vielen dürfte die leicht aufgeraute Oberfläche gefallen: Das Telefon ist dadurch weniger rutschig und sammelt keine Fingerabdrücke. Die Glasrückseite würde eigentlich auch die Unterstützung von kabellosem Aufladen erlauben, OnePlus verzichtet leider dennoch darauf.

Als Betriebssystem kommt eine leicht angepasste Android-9-Version namens OxygenOS zum Einsatz, die sich aufgeräumt wie praktisch präsentiert. Im direkten Vergleich mit dem 6T dürften es Samsung, HTC oder Sony schwer haben, die teils saftigen Aufpreise zu ihren Geräten zu rechtfertigen.

Huawei Mate 20 Pro

Huawei hat sich als größter chinesischer Hersteller längst am internationalen Markt etabliert und machte Apple in diesem Jahr den Titel des zweitgrößten Smartphoneherstellers streitig. Doch auch wenn Huawei-Boss Richard Yu nicht müde wird, Vergleiche zu aktuellen iPhones zu ziehen, ist doch Weltmarktführer Samsung mit seinen Geräten der S- und Note-Serie Hauptkonkurrent. Mit dem neuen Mate 20 Pro ziehen die Chinesen technisch spürbar an Samsung vorbei: Das Kamerasystem besteht hier sogar aus drei einzelnen Kameras. Das erlaubt Fotos sowohl im extremen Weitwinkel- als auch im fünffachen Zoombereich.

Das Huawei Mate 20 Pro.
Das Huawei Mate 20 Pro. © PR | pr

Sogar Makrofotos, also Vergrößerungen bei ex­tremen Nahaufnahmen, sind möglich. Zusätzliche Softwaretricks sorgen dafür, dass das Gerät auch bei äußerst schlechten Lichtverhältnissen noch beeindruckend gute Bilder knipst. Insbesondere der sehr gute Fünffach-Hybrid-Zoom (eine Kombination aus hoher Auflösung und Dreifach-Zoom-Linse) macht die Kamera des Mate 20 Pro zur neuen Referenz.

Hier stoppt Huawei aber nicht und kopiert einerseits Apples sichere Gesichtserkennungs-Technik Face-ID, integriert zusätzlich aber noch wie OnePlus einen Fingerabdrucksensor im Display.

Außerdem kann das Mate 20 Pro nicht nur kabellos geladen werden – es kann sogar andere Smartphones auf seinem Rücken kabellos aufladen. Gerade solche kleinen Innovationen hat Huawei Samsung mittlerweile voraus. In diesem Jahr ist nicht Samsung, sondern Huawei Technologieführer unter Android-Geräten. Dass das Mate 20 Pro zum Start wie Samsungs Top-Gerät Note 9 rund 1000 Euro kostet, ist bei der gebotenen Leistung angemessen.