Berlin. Albrecht Schäfer über das Kunststudium und die beruflichen Möglichkeiten. Er ist Professor an der Weißensee Kunsthochschule Berlin.

Albrecht Schäfer ist Professor und Fachgebietssprecher für Bildhauerei an der Weißensee Kunsthochschule Berlin. Er selbst hat in Braunschweig, München und London studiert. Ein Gespräch über die bildende Kunst als Beruf und die Gratwanderung zwischen Profession und Verdienstmöglichkeiten.

Berliner Morgenpost: Herr Professor Schäfer, wie war Ihr eigener Weg in die bildende Kunst?

Albrecht Schäfer: Mit 15 Jahren begann ich zu zeichnen und zu malen. Es wurde mein Hobby, und schon in der Schulzeit war für mich klar, dass ich daraus einen Beruf machen möchte.

Albrecht Schäfer ist Professor an der Weißensee Kunsthochschule Berlin.
Albrecht Schäfer ist Professor an der Weißensee Kunsthochschule Berlin. © Adrienne Kömmler | Adrienne Kömmler

Wegen der Unsicherheit, damit Geld verdienen zu können, schob ich nach dem Abi zuerst ein Jahr lang ein Praktikum in der Kunsttherapie in einer Psychiatrie ein und fing auch im Studium mit Kunstpädagogik an. Aber sehr schnell wurde mir klar, dass ich freie Kunst studieren will.

Wie wichtig ist es denn, als Künstler ein Studium zu absolvieren?

Schäfer: Ohne Studium bleibt man leicht in der eigenen Blase gefangen. An der Hochschule lernt man fünf oder sechs Jahre lang sehr viele fremde künstlerische Ansätze kennen, mit denen man sich sonst nicht auseinandersetzen würde.

Das erweitert den Horizont extrem und macht einen entscheidenden Unterschied aus. Fast alle erfolgreichen Künstler haben studiert. Es ist sinnvoll, bereits im Studium die Zeit zu nutzen, um sich zusammenzuschließen und Plattformen für die eigene Arbeit zu entwickeln.

Ein soziales Netzwerk und Selbstorganisation sind das A und O.

Wie etabliert man sich in der bildenden Kunst?

Schäfer: Das Wichtigste ist, dass man lernt, mit den eigenen Stärken zu arbeiten. Dafür muss man sich selbst kennenlernen und spüren, wo diese liegen. Eigene Stärken sind aber nicht immer das, was andere auf den ersten Blick toll finden.

Trotzdem hat man aus meiner Sicht nur diese Chance. Und es ist wichtig, dass man aus dem unendlichen Feld der Kunst die Ansätze findet oder auch neue entwickelt, die zu einem passen.

Dazu muss man in der Regel viel ausprobieren, sich Kunst anschauen. Reisen kann da auch eine Rolle spielen.

Obwohl die eigene Kunst sehr individuell sein kann, ist sie doch gleichzeitig Teil eines sehr großen sozialen und kunsthistorischen Zusammenhangs. Dass beides gleichzeitig der Fall ist, kann eine fast berauschende Erfahrung sein.

Welche Eigenschaften sind für den Beruf des Künstlers wichtig?

Schäfer: Präsenz und Kontaktfreudigkeit sind ex­trem hilfreich. Wenn die eigene Arbeit aber keine Substanz hat, helfen auch Kontakte nicht.

Es braucht das starke Bedürfnis, Kunst zu machen. Ausland oder nicht – das muss jeder für sich selbst herausfinden. Ob jemand seinen Weg geht, hängt von anderen Dingen ab.

Wo finden Absolventen Beschäftigungsmöglichkeiten, und wie sind die Aussichten, mit der Kunst Geld zu verdienen?

Schäfer: Ich habe mich nach dem Studium viele Jahre lang mit Nebenjobs über Wasser gehalten. Dann bekam ich ein paar Stipendien und Residencies – also Programme, die es erlauben, ohne eigene finanzielle Mittel außerhalb des Wohnsitzes kreativ zu sein.

Danach fing es langsam mit Verkäufen und Lehrtätigkeiten an. Das sind dann auch schon die wesentlichen Einnahmequellen. Das Künstlerleben ist oft komplex und besteht aus einem wilden Mix an Tätigkeiten.

Das ist interessant und bringt viele Freiheiten mit sich. Aber in der Regel wenig Geld. Zumindest ist es eine Gratwanderung. Außerdem darf man sich keine Illusionen machen. Ein Großteil zeitgenössischer Kunst existiert, weil wir im Wohlstand leben, weil es Förderungen und einen Kunstmarkt gibt.

Aber auch ohne Wohlstand existiert die Kunst. Sonst würde man aufhören, Kunst zu machen, wenn mal die Verkäufe oder Ausstellungen ausbleiben. Und das passiert fast allen irgendwann. Alleine der künstlerische Erfolg trägt einen als Künstlerin oder Künstler nicht durchs Leben.