Berlin. Beraterin Uta Glaubitz warnt davor, sich leichtfertig und gefühlsbetont für einen Ausbildungsberuf oder ein Studium zu entscheiden.

Die Entscheidung für einen Beruf ist einer der folgenreichsten Schritte im Leben. Davon ist Berufsberaterin Uta Glaubitz überzeugt.

Nach ihrer Erfahrung sind sich nur fünf Prozent der Jugendlichen schon klar darüber, in welche Richtung es beruflich für sie gehen soll. Yvonne Scheller sprach mit der 52-Jährigen darüber, wie Jugendliche ihren Weg finden.

Berliner Morgenpost: Viele Jugendliche gehen nach dem Schulabschluss auf Reisen, um herauszufinden, was ihnen wichtig ist. Was halten Sie davon?

Uta Glaubitz: Eine Weltreise macht sicher Spaß, aber ich erlebe die Entscheidung, nach dem Schulabschluss erst mal loszureisen, vor allem als Vermeidungsverhalten. Auf Reisen erlebt man natürlich sehr viel, ist dadurch aber auch ständig mit allem Möglichen beschäftigt, nur nicht mit der Entscheidung, welchen Weg man beruflich einschlagen will. Es sei denn, die Reise ist Teil der Berufsfindungsstrategie.

Wie könnte die aussehen?

Wer beispielsweise Tierpfleger werden möchte, entscheidet sich für ein sehr konkurrenzorientiertes Berufsfeld: Es gibt viel mehr Bewerber als freie Ausbildungsplätze.

Uta Glaubitz hilft Jugendlichen bei der Berufsfindung.
Uta Glaubitz hilft Jugendlichen bei der Berufsfindung. © Privat | Privat

Wer aber nun bereits sein Schulpraktikum im Berliner Zoo absolviert hat und bei einem Work-and-Travel-Aufenthalt auf einer Straußenfarm in Australien arbeitet, beweist potenziellen Arbeitgebern: Ich will wirklich unbedingt Tierpfleger werden, es ist nicht nur eine Idee à la „Irgendwas mit Tieren machen“.

Dann ist die Reise ein sinnvoller Schritt beim Verfolgen eines strategischen Plans.

Warum sind Berufe mit Tieren bei Jugendlichen so beliebt?

Viele verbinden mit der Idee von einem Beruf mit Tieren Lebendigkeit, Natur und Emotionen – im Gegensatz beispielsweise zu einem Bürojob, in dem Zahlen von links nach rechts und wieder zurück geschoben werden. Da wirkt der Umgang mit Hund und Katze im Tierheim ausgesprochen reizvoll.

Doch vielfach ist das eine Art der Romantisierung. Und Romantisierung hat bei der Berufswahl nichts zu suchen. Sie gehört in die Frei- und Ferienzeit. Wenn es schon ein Beruf mit Tieren sein soll, rate ich sehr zum Studium der Tiermedizin.

Ausbildung contra Studium

Es gibt aber doch auch die Ausbildung zum Tiermedizinischen Fachangestellten. Vielleicht möchte jemand ja nicht lange studieren ...

Der Beruf sollte immer am oberen Rand der intellektuellen Möglichkeiten liegen. Und wenn wir die Ausbildungszeiten vergleichen: Ja, das Studium dauert fünf, die Ausbildung nur drei Jahre.

Aber studiert wird nicht zwölf sondern sieben Monate im Jahr, damit liegen die Zeiten gar nicht mehr so sehr auseinander. Dafür lässt sich aber als Tierarzt deutlich besser verdienen.

Der Beruf bietet zudem vielfältige Spezialisierungsmöglichkeiten. Ich kann eine Praxis für Hunde und Katzen eröffnen, mich auf Pferde und andere Großtiere oder auf Vögel spezialisieren. Ich kann im Veterinäramt Landwirte kontrollieren. Ich kann aber auch als Tierarzt im Schlachthof arbeiten.

Motive für die Studienwahl

Wird manchen ein Beruf in die Wiege gelegt?

So etwas gibt es, dass ein Kind ein Talent oder eine Leidenschaft von den Eltern geerbt hat und das nun in dem entsprechenden Beruf auslebt.

Weitaus häufiger ist es jedoch eine unreflektierte Entscheidung: Papa ist Rechtsanwalt, also studiere ich Jura. Das ist vielleicht keine gute Idee, wenn es sich um einen harmoniebedürftigen Menschen handelt, während Anwälte von Konflikten leben.

Noch schlimmer: Wenn Kinder die ungelebten Berufswünsche ihrer Eltern ausleben. Mama konnte nicht studieren, also tut es die Tochter. Da ist Vorsicht geboten und die Spurensuche muss intensiviert werden.

Was steht bei Jugendlichen an erster Stelle, wenn sie sich mit der Berufswahl beschäftigen?

Der Mensch will immer alles zugleich: 100 Prozent Sicherheit und 100 Prozent Freiheit. Das Ganze gut bezahlt und mit viel Zeit für Hobbys und Freunde. Da muss ein Mittelweg her.

Und damit sind wir wieder bei einer guten Planung, um die individuell optimale Strategie für sich zu finden. Und das möglichst bevor ich mich in meine Zukunft stürze.