Innungschef: „Seinen Meister zu machen, lohnt sich“
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Von Christine Persitzky
Berlin. Wer nicht qualifiziert ist, wird am Markt nicht bestehen können, sagt Philipp Schumann, Geschäftsführer der Fotografen-Innung Focon.
Philipp Schumann ist Fotografenmeister und Geschäftsführer der Berliner Fotografen-Innung Focon. Christine Persitzky sprach mit ihm über sein Handwerk und die duale Ausbildung.
Berliner Morgenpost: Herr Schumann, seit der Novellierung der Handwerksordnung vor 14 Jahren darf sich jeder Fotograf nennen – ohne Gesellenprüfung oder sonstigen Abschluss. Brauche ich überhaupt noch eine Ausbildung?
Philipp Schumann: Fotograf ist wirklich ein anspruchsvoller Beruf. Ein guter Fotograf muss nicht nur Talent haben. Er muss das Handwerklich-Technische beherrschen und auf der anderen Seite auch das Gestalterisch-Künstlerische.
Es sind ja nicht nur Passfotos oder das Bewerbungsbild: Porträt-Fotografie ist nur ein Bruchteil der Aufträge.
Wenn ich mal in den Bereich Werbefotografie schaue: Da geht es um Lichtführung, um die Beschaffenheit von Oberflächen, sich mit diesen Gegenständen genau auseinanderzusetzen. Jeder Auftrag ist neu und auch immer wieder schwierig. Wenn man da nicht qualifiziert ist, wird man am Markt nicht bestehen können.
Aber es gibt doch Autodidakten, die hervorragende Bilder machen ...
Natürlich. Und ich habe auch gar nichts gegen tolle Amateure. Die sollten aber doch, auch im Sinne der Verbraucher, ihre Qualifikation nachweisen können. Viele denken, es reicht, sich eine Kamera umzuschnallen. Die und das Bildbearbeitungsprogramm werden den Rest schon richten.
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So einfach ist es aber nicht?
Man würde erwarten, dass durch die neue Kameratechnik und die Möglichkeiten am Computer alles besser wird. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die Qualität wird eher schlechter, das ist wirklich sichtbar.
Das Ansehen des Berufs hat gelitten
Welche Auswirkungen hatte die Lockerung der Handwerksordnung auf die Branche insgesamt?
Die Anzahl der Betriebe im Fotografen-Handwerk ist nach der Aufhebung des sogenannten Meisterzwangs sprunghaft gestiegen. Das kann weder dem Markt noch dem Beruf gut bekommen. Das Ansehen des Berufs hat sehr gelitten. Vielen ist gar nicht mehr bewusst, dass da ein richtiger Ausbildungsberuf dahintersteckt.
Was lernt man in der dualen Ausbildung?
Der große Vorteil ist, dass ich von Anfang an auftragsbezogen arbeite und Praxiserfahrung sammle, mit konkreten Aufträgen von echten Kunden. Während der dreijährigen betrieblichen Ausbildung gibt es noch die überbetriebliche Ausbildung – mit toller technischer Ausstattung und vielen interessanten Kursen, zum Beispiel auch zur Filmtechnik.
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Drei Jahre sind lang, und das Azubi-Gehalt ist eher gering ...
Stimmt, die 250 bis 350 Euro Ausbildungsvergütung sind nicht viel. Aber ich muss kein Schulgeld bezahlen, bekomme im Normalfall die Ausrüstung – also Kamera, Programme und so weiter – gestellt. Und die Gesellenprüfung ist der einzige staatliche Abschluss zum Berufsfotografen.
Viele Azubis werden übernommen
Wenn ich die Gesellenprüfung abgelegt habe, wo arbeite ich denn dann anschließend? Habe ich gute Chancen auf eine Festanstellung?
Viele Azubis werden von ihren Ausbildungsbetrieben übernommen. Unsere Innungsmitglieder, aber auch einige große Unternehmen, Zalando beispielsweise, suchen immer wieder gezielt Gesellen oder sogar Fotografenmeister.
Man kann auch auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten oder ins Ausland gehen. Die duale Berufsausbildung und vor allem auch der Meistertitel sind beispielsweise in den USA, in Norwegen oder Australien hoch angesehen und werden dort nach meinem Eindruck mehr wertgeschätzt als hier bei uns.
Den Meister zu machen lohnt sich?
Auf jeden Fall. Auch wenn ich mich später vielleicht mal umorientieren will: Selbst wenn ich kein Abitur habe, darf ich mit der bestandenen Meisterprüfung an vielen Hochschulen uneingeschränkt studieren. Und da der Meister einem Bachelorabschluss gleichgestellt ist, kann ich unter Umständen sogar direkt mit einem Masterstudium beginnen.