Berlin. Nach dem Tod eines Angehörigen müssen sich Erben schnell einen Überblick über laufende Verträge verschaffen. Das muss man wissen.

Erben müssen nach dem Tod eines Menschen nicht nur den schmerzhaften Verlust verarbeiten. Es gilt auch, die bestehenden Verträge des Verstorbenen zu prüfen. Denn diese gehen auf den Erben über; viele enden keinesfalls automatisch mit dem Tod.

Selbst wenn keine Kündigung notwendig ist, müssen die jeweiligen Vertragspartner stets schnell informiert werden.

Erben werden mit dem Tod des Erblassers umgehend dessen Rechtsnachfolger, erläutert Marie Schlicker von der Zeitschrift „Finanztest“ der Stiftung Warentest. „Man steigt in die Fußstapfen und übernimmt alles.“

Dazu zählen Immobilien, Barvermögen und Schulden, Versicherungen, Verträge und Abonnements. „Erbschaft bedeutet: Eintritt in alle Rechte, aber auch alle Pflichten“, ergänzt der Bonner Rechtsanwalt Cornel Potthast. Das gilt damit auch für Ansprüche und Verbindlichkeiten von Schuldverträgen.

Kopie der Sterbeurkunde mitverschicken

Manche vertragliche Bindungen enden aber auch sofort mit dem Tod. Dienst- und Arbeitsverträge sowie Vereinsmitgliedschaften beispielsweise – wenn über den Tod informiert wurde.

Kündigen müssen Erben solche Verbindungen aber nicht zusätzlich. Schlicker rät, generell bei allen Benachrichtigungen die Kopie der Sterbeurkunde mitzusenden.

„Es reicht in der Regel nicht, ohne jeden Nachweis nur den Tod mitzuteilen“, stellt sie klar.

Privathaftpflicht- oder Berufsunfähigkeitspolicen etwa sind personenbezogen. Sie enden mit dem Tod, wenn keine anderen Personen – etwa der Ehepartner oder Kinder – mitversichert sind. Das gilt auch für Krankenversicherungen.

Sachgebundene Policen wie Wohngebäude- oder Autoversicherungen bleiben dagegen erst mal bestehen. Sie müssen gekündigt werden, wenn Erben den Versicherungsvertrag nicht übernehmen wollen. Nicht immer besteht hier ein außerordentliches Kündigungsrecht.

Versicherungsschein nicht im Original weggeben

Bei der Kündigung einer Versicherung müssen Erben in der Regel den Versicherungsschein im Original mitschicken. Vorher sollten sie sich eine Kopie ziehen.

Hausratversicherungen enden zwei Monate, nachdem der Versicherer von dem Tod in Kenntnis gesetzt wurde, erklärt der Bund der Versicherten (BdV). Anteilige Jahresbeträge werden zurückgezahlt.

Übernehmen Erben die Wohnung des Verstorbenen samt Hausrat, dann gilt dies auch für die Police. Allerdings: Wer schon eine Hausratversicherung hat, kann außerordentlich kündigen, so Schlicker.

Zu viel Zeit sollten sich Erben nach dem Tod mit den Meldungen an die Versicherer nicht lassen. Bei manchen Policen ist sogar besondere Eile geboten. Da kommt es „auf Stunden an, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden“, warnt der BdV.

Manchmal nur ein Zeitfenster von 24 bis 72 Stunden

Das gilt beispielsweise für Lebens- oder Sterbegeldversicherungen. „Melden Sie sich sofort, wenn Sie wissen, dass so eine Police existiert hat“, rät Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzen­trale Hamburg. Die Fristen liegen nach Angaben von „Finanztest“ zwischen 24 und 72 Stunden.

Außer der Sterbeurkunde und dem originalen Versicherungsschein müssten Erben dem Anbieter häufig auch eine „ausführliche, ärztliche oder amtliche Bescheinigung über die Todesursache“ vorlegen, teilt der BdV mit.

Bei Unfallversicherungen gelte eine Frist von 48 Stunden, weil Anbieter häufig noch die Umstände des Todes untersuchen wollten, falls ein Angehöriger infolge eines Unfalls ums Leben komme.

„Erben sollten sich also ganz schnell einen Überblick über die bestehenden Verträge verschaffen“, rät Schlicker. Auch wenn der Schmerz groß sei, dürfe nicht lange gewartet werden.

In einem Ordner wichtige Unterlagen abheften

Im besten Fall hat der Verstorbene die Unterlagen übersichtlich in Ordnern abgeheftet. Sonst können auch Kontoauszüge oder Briefe Hinweise liefern.

Das Einhalten der Fristen kann manches Problem ersparen. „Im schlimmsten Fall kann der Versicherer unter Umständen Zahlungen verweigern“, so Schlicker.

Der Verstorbene kann zu Lebzeiten auch Vollmachten erteilt haben, beispielsweise Vorsorge- oder Generalvollmachten. „Wenn diese über den Tod hinaus Gültigkeit haben, kann dieser Bevollmächtigte weiterhin handeln und die Erben verpflichten“, sagt Potthast.

Wollen Erben das vermeiden, sollten sie alle erteilten Vollmachten umgehend widerrufen und hierüber auch alle möglichen Vertragspartner in Kenntnis setzen, die das betreffen könnte – zum Beispiel Banken.

Kein Sonderkündigungsrecht bei Darlehen

Hat der Verstorbene ein Darlehen aufgenommen, müssen Erben entsprechende Raten erst mal weiterzahlen, so Schlicker. Sie haben kein Sonderkündigungsrecht.

Wollen sie den Vertrag vorzeitig beenden, wird eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig.

Um über Bankkonten des Verstorbenen zu verfügen, benötigen seine Erben eine Bankvollmacht, ein beglaubigtes Testament, einen Erbschein oder einen Erbvertrag.

Auch ein handschriftliches Testament, eröffnet vom Nachlassgericht, kann einem Urteil des Bundesgerichtshofes zufolge ausreichen (Az.: XI ZR 440/15).

Was gilt, wenn mehrere Personen erben? Bei der Verwaltung des Nachlasses gilt grundsätzlich das Prinzip der Einstimmigkeit, so Potthast. Maßnahmen der „ordnungsgemäßen Verwaltung“ können allerdings auch mit Mehrheit beschlossen werden; dazu kann die Kündigung eines Mietverhältnisses oder Darlehensvertrags gehören. Die Umstände des Einzelfalls entscheiden.

Ein Nießbrauchrecht mindert den Wert einer Immobilie. Das hat Folgen für Erbfälle: Denn der Pflichtteil fällt bei einem mit einem solchen Recht vererbten Grundstück geringer aus. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Kiel hervor (Az.: 12 O 82/17), über das die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.

Im konkreten Fall räumte der Erblasser seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau ein lebenslanges, hälftiges Nießbrauchrecht an seinem Grundstück ein. Nach seinem Tod machte sein Sohn Pflichtteilsrechte gegenüber der Stiefmutter geltend. Dabei setzte er den Wert des Grundstücks so an, als wäre es nicht mit einem Nießbrauchrecht belastet. Zu Unrecht, wie die Richter in dem Urteil befanden.